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Weitsprung-Anlaufrhythmus - Druckversion

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RE: Weitsprung-Anlaufrhythmus - MZPTLK - 05.05.2014

(05.05.2014, 09:21)lor-olli schrieb: Manche Athleten haben auch einfach die "koordinative Intelligenz", wie Bob Beamon, er sprang weiter als Carl Lewis, obwohl Lewis der schnellere Sprinter war.

Das muss man vielleicht etwas relativieren, die 100 m Bestzeiten lassen nicht 1:1 auf die Max oder die Geschwindigkeit am Brett schliessen.

Wenn ich in der Lage bin, per Steigerungslauf kurzzeitig 11 m/sek zu erreichen, reicht das. Ich muss das nicht über 30 oder 50 m halten können.

Powell 8,95, Lewis 8,91, Beamon 8,90.

Powell war übrigens auch basketballerisch 'vorbelastet.'


RE: Weitsprung-Anlaufrhythmus - lor-olli - 05.05.2014

Anlaufgeschwindigkeit ist nicht gleich 100m-Tempo keine Frage. In der Halle (60m) gewinnt auch oft nicht der beste 100m Läufer.

Die "basketballerische Vorbelastung"  würde ich aber eher auf individuelle Aspekte zurückführen. Man lernt beim Basketball auch springen, allerdings sind viele Sprünge eher ein Mittelding zwischen Hoch- und Weitsprung. (Ich habe an der Uni Basketball gespielt, war aber Aufbauspieler und musste also überwiegend beidbeinig hoch Springen / aus dem Feld werfen)

Auffällig ist bei Powell und Beamon der im Verhältnis zur Körpergröße lange Oberschenkel und der dadurch bedingte hohe Köperschwerpunkt, der fürs Springen natürlich günstig ist, aber auch deren besonderen Sprungstil ausmacht.

Der "lange Hebel" verstärkt den optischen Eindruck eines scheinbaren "Stemmschritts". In Einzelbildern einer schnellen Zeitlupenaufnahme ist aber zu erkennen, dass vor allem die mechanisch etwas andere Entfaltung / Streckung des Beines den Absprung so anders aussehen lässt - die Jungs scheinen viel steiler zu springen, aber der Absprungwinkel ist genau genommen ziemlich gleich dem der meisten anderen Springer. Der hohe Körperschwerpunkt lässt den Flug insgesamt jedoch deutlich höher ausfallen.

Da kann kein Trainer etwas machen, es sei denn er wäre auch Chirurg  (die Beinverlängerung wird in China häufig vorgenommen, aber sie strecken den Unterschenkel - wollen wohl nicht springen... Wink)


RE: Weitsprung-Anlaufrhythmus - dominikk85 - 05.05.2014

War der Beamon Sprung nicht extrem vom Wind verblasen (gab es damals schon Windmessung?)? Das war sicher ein toller Sprung, aber der war glaube ich über nen halben meter weiter als sein zweitweitester Sprung.

Dazu kam noch die höhe in Mexiko, keine Ahnung ob man den Sprung als Gradmesser nehmen sollte.


RE: Weitsprung-Anlaufrhythmus - MZPTLK - 05.05.2014

(05.05.2014, 12:31)dominikk85 schrieb: War der Beamon Sprung nicht extrem vom Wind verblasen (gab es damals schon Windmessung?)? Das war sicher ein toller Sprung, aber der war glaube ich über nen halben meter weiter als sein zweitweitester Sprung.

Dazu kam noch die höhe in Mexiko, keine Ahnung ob man den Sprung als Gradmesser nehmen sollte.
Der Wind war knapp im Rahmen.
Die Höhe von 2200 m spielte eine Rolle, der extrem harte Boden ebenso.
Beamon hatte in der Saison vor Mexiko gute Wettkämpfe, wo ungültige Sprünge Weiten von über 8,50 erwarten liessen.
Am Tag der Tage kam dann alles zusammen, wenn auch die Landung nicht perfekt war.
Nach dem Jahrhundertsprung des 'prähistorischen Vogels' war dann Schicht im Schacht, er hat dann auch bald aufgehört.


RE: Weitsprung-Anlaufrhythmus - MZPTLK - 05.05.2014

(05.05.2014, 12:26)lor-olli schrieb: (die Beinverlängerung wird in China häufig vorgenommen, aber sie strecken den Unterschenkel - wollen wohl nicht springen... Wink)

Was strecken die denn noch alles so? Blush


RE: Weitsprung-Anlaufrhythmus - ThomZach - 05.05.2014

Zu Beamons Landung: Es geht nicht besser, wenn man mit Vorwärtsrotation fliegt.
Besser geht es nur mit Rückwärtsrotation. Aber dann gewinnt man bei der Landung
vielleicht 7cm, verliert aber 30cm an Flugweite.
Leider heute das übliche Trauerspiel. Fachwelt blind. Angry


RE: Weitsprung-Anlaufrhythmus - Hellmuth K l i m m e r - 05.05.2014

Ich bin überrascht und begeistert Rolleyes dass mein Beitrag zum WS-Anlauf und der Rhythmisierung  sowie zum   l a a a n g e m   letzten ("stemmenden" ?) Schritt Beamons (bei seinem 8.90-m-Sprung) so viel Resonanz gefunden hat - und Fachleute Wink so viel Informationen zu bekannten technischen Problemen (die in der Fachliteratur [auch von mir]) beschrieben wurden, geben.
Viel ist bekannt zur azyklischen Absprungvorbereitung, zum zyklischen AL, zur Vorwärts- bzw. Rückwärtsrotation nach dem Absprung (beim Flug) und deren "Folgen" für die Landung ...
Interessanter wäre schon, darüber zu sinnieren, ob's Unterschiede gibt beim stemmenden Abspringen und in der Amortisationsphase, was hier leistungsrelevant und gelenkschonend Angry ist, - also Piroschkas Frage aufzugreífen.

Weiß dazu jemand etwas zu sagen? - MZPTLK , Lor-Olli, ThomZach ...


Bin ganz neugierig. Huh

H. Klimmer / sen.


RE: Weitsprung-Anlaufrhythmus - MZPTLK - 05.05.2014

(05.05.2014, 16:24)ThomZach schrieb: Zu Beamons Landung: Es geht nicht besser, wenn man mit Vorwärtsrotation fliegt.
Besser geht es nur mit Rückwärtsrotation. Aber dann gewinnt man bei der Landung
vielleicht 7cm, verliert aber 30cm an Flugweite.
Leider heute das übliche Trauerspiel. Fachwelt blind. Angry

Etwas besser wohl schon.
Die Videaufnahmen sind nicht so gut, aber der rechte Fuss landet laut Abdruck und Messung etwa 3-4 cm vor dem linken. Es wurde öfter mal behauptet, dass er mit dem Hintern Sand bewegt hätte. Das scheint auf den Videos vielleicht so zu sein, aber der Abdruck, den der Kampfrichter misst, schliesst das aus.

Nicht klar zu sehen ist, ob bei der Landung eine (allerdings dann minimale) Vorwärts- oder Rückwärtsrotation erfolgt.

Sicher hat er sich nahezu optimal getroffen, und das aus eine sehr unorthodoxen Absprungvorbereitung mit unmenschlicher  KSP-Senke.

Diie Flugphase zeigt keinerlei Vor- oder Rw-Rotation, da aber auch für Beamons Verhältnisse der Flug sehr hoch war und lange dauerte, macht er zur Landung hin wieder auf.

Das Hüpfen nach der Landung lässt m.E. nicht unbedingt auf ein Nicht-Treffen des KSP schliessen.
Ob eine 'ausbalancierte' Landung gelingt, ist auch vom Sand abhängig.


Aber das sind alles Winzigkeiten. 8,90 oder 8,92, so what?


RE: Weitsprung-Anlaufrhythmus - ThomZach - 05.05.2014

Ich glaube, ich bin in sofern kein richtiger Fachmann, als ich mich nicht so gerne
mit der Literatur befasse, also nicht wirklich in allen Einzelheiten weiß, was dort
Verbreitung findet. Dafür denke ich selber viel nach, studierte Nett's Fotoserien
und analysiere heute mit meinem biomechanisch geschulten Auge das Videomaterial,
experimentierte früher praktisch und heute theoretisch technische Möglichkeiten durch.
Dabei denke ich, dass mir das Studium der Literatur den Blick für die Realität,
wie ich live auf sie treffe, zumindest in wichtigen Teilen verstellt hätte,
verstellen würde. 

Da mensch ja bekanntlich dazu tendiert, das zu sehen was mensch erwartet
oder zu wissen glaubt, kann ein gelernter Fachmann sich gar nicht auf seine 
eigenen Wahrnehmungen verlassen. Was wiederum erklärt, dass selbst
die wirklichen Fachleute divergierende Meinungen pflegen. 

Wenn nun ein Sucher sich umtut in der Theorie-und Praxis-Szenerie, dann kriegt er
viel geboten und muss dann doch entscheiden, was ihm einleuchtet oder zuwider ist.
Und so ist all unser Mühen hier doch nichts als ein Beitrag zum herrschenden Chaos.
Besser für unsere Talente wäre eine klare, biomechanisch-technische Grundlehre,
die dafür sorgt dass sie sich technisch nicht verirren oder fehlgeleitet werden.
Wenn meine Lehrer und Vorbilder damals so unwissend gewesen wären, wie
ihre heutigen Kollegen, hätte ich als Hochspringer nichts Nennenswertes erreicht. 

Wenn wir hier also was Bleibendes, Gültiges zustandebringen wollen, dann
sollten wir mal versuchen, einen Minimalkonsens zu erzielen, also herausfiltern,
was unbedingt zu empfehlen und was unbedingt zu vermeiden ist.

Bin gespannt auf Eure Listen und Begründungen...


RE: Weitsprung-Anlaufrhythmus - Hellmuth K l i m m e r - 05.05.2014

(05.05.2014, 18:52)ThomZach schrieb: Dabei denke ich, dass mir das Studium der Literatur den Blick für die Realität,
wie ich live auf sie treffe, zumindest in wichtigen Teilen verstellt hätte,
verstellen würde. 


Da mensch ja bekanntlich dazu tendiert, das zu sehen was mensch erwartet
oder zu wissen glaubt, kann ein gelernter Fachmann sich gar nicht auf seine 
eigenen Wahrnehmungen verlassen. 

Die Vermutung, dass der "gelernte Fachmann", der vergeistigte Wissenschaftler fern eigner praktischer Erfahrungen manchmal zu sehr "über den Dingen steht", kann auch ich nicht ganz von der Hand weisen.
Ganz anders sieht es bestimmt aus, wenn langjährig aktive Leichtathleten Trainer oder Sportwissenschaftler werden. Ihr Erfahrungen, ihr Mitvollziehen bei den Aktionen ihrer Sportler sind fast immer richtig. Ich erlebte sehr oft, dass es Übereinstimmung in den Wahrnehmungen gab, wenn z. B. Kollegen (in der sog. "Coaching-Zone")
sich zu technischen Problemen austauschten. Auch, weil sie geradezu mitspringen, eigne dynamische Empfindungen haben. Angel
H. Klimmer / sen.