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Staatsschulden - Krise? - Druckversion

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RE: Staatsschulden - Krise? - MZPTLK - 30.04.2019

(30.04.2019, 11:25)Grandevienna schrieb: Genau, der ewige "Kreislauf" des Kapitalusmus aus Raserei und Krise. Kommt da evtl. irgednwann mal ein besseres Modell? Ich hoffe es sehr.

Das ist nicht so einfach, weil man es immer mit Menschen zu tun hat.
Egal was man für Regeln, Rezepturen und Handlungs-Limits setzt,
immer werden diese von Jemanden ignoriert, umgangen oder verletzt.
Selbst dann, wenn Alle ein - hypothetisch perfektes - Reglement befolgen würden,
gäbe es irgendwann eine systemische Über- oder Unter-Treibung.

Ein besseres Modell als der ungenügend demokratisch-ordnungspolitisch-rechtsstaatlich-soziale Kapitalismus
ist noch nicht erfunden worden.
MMn kann es auch keines geben, weil Demokratie immer unzulänglich sein wird und muss.
Ein allwissender, Allen gerecht werdender Diktator ist seriös nicht vorstellbar,
und ein 'perfekter' Algorithmus in selbiger Rolle möge uns ebenfalls erspart bleiben.

Das Modell müssen wir schon selber machen,
und das ist mit Gehirnschmalz und Arbeit verbunden,
sorry.


RE: Staatsschulden - Krise? - MZPTLK - 01.05.2019

Diskontinuitäten nach Markus Krall:

1. Unsere Gesellschaft folgt einem Leitbild der Risikoaversion, der Lernaversion und der Bequemlichkeit.
    Von der Politik wird erwartet, dass sie jegliche Volatilität(Schwankung, Krise/MZPTLK),
    jedes unangenehme Bild von uns fernhält(das erledigen vor allem auch viele Medien,
    ein kurzer Überblick über das Fernsehprogramm genügt bereits/MZPTLK).
2. Unterdrückung von Risiko und Volatilität führt aber nicht zu ihrer Abschaffung,
    sondern zu Akkumulation.
    Die Krise unserer Gesellschaft ist die Folge dieses systematischen Aufbaus von Ungleichgewichten.
3. Dieser Prozess ist unausweichlich, weil Volatilität Ausdruck von Versuch und Irrtum ist,
    dem einzigen Weg evolutionärer Systeme, zu lernen.
    (Das sehe ich anders, man kann - wie die Geschichte vielfach zeigt -
    auch analysieren, antizipieren, disponieren
    Dies tun ein paar Schlaue und ziehen so Gewinn aus Irrwegen der Masse/MZPTLK).
4. Begreifen wir unsere Wirtschaft, Politik, Gesundheitswesen, usw. als ökologische Systeme,
    so führt das Abschalten evolutionärer Prozesse zu sich aufstauenden Ungleichgewichten.
5. Diese Ungleichgewichte reflektieren reale ökonomische, politische und soziale Spannungen 
    zwischen Teilsystemen des globalen sozioökonomischen Ökosystems.
6. Wird ein Schwellenwert der Spannung überschritten,
    so kommt es zur Entladung der aufgestauten Volatilität. zu Diskontinuität(en).
    (Es ist populär geworden, von schwarzen Schwänen zu sprechen,
    dies zeigt umso mehr die Ignoranz und Heuchelei der so Redenden,
    die z.B. auch die Finanzkrise 2008 - angeblich - nicht haben kommen sehen/MZPTLK)
7. Diskontinuitäten sind nicht isoliert, sie können sich gegenseitig beeinflussen und auslösen.
    Ob das passiert, hängt davon ab, wieviele Subsysteme wir durch falsche Politik
    der Risikounterdrückung gestört haben(Nicht nur, es hängt auch davon ab,
    welche Instrumentarien die Risikounterdrücker mobilisieren, mehr dazu demnächst/MZPTLK)
8. Heute stehen wir vor mindestens 5 Diskontinuitäten.
    Sie betreffen das Geldsystem, das Internet, die Parteiendemokratie, die Unternehmenswelt und die Geopolitik.


RE: Staatsschulden - Krise? - Atanvarno - 01.05.2019

(01.05.2019, 15:13)MZPTLK schrieb: 3. Dieser Prozess ist unausweichlich, weil Volatilität Ausdruck von Versuch und Irrtum ist,
dem einzigen Weg evolutionärer Systeme, zu lernen.

    (Das sehe ich anders, man kann - wie die Geschichte vielfach zeigt -
    auch analysieren, antizipieren, disponieren
    Dies tun ein paar Schlaue und ziehen so Gewinn aus Irrwegen der Masse/MZPTLK).

Trotzdem muss man bereit sein ins Risiko zu gehen (Fehler zu machen, sich zu irren), um aus der Analyse einen Gewinn zu ziehen. Und keine zukunftsgerichtete Analyse ist perfekt, es kann immer was schiefgehen.


RE: Staatsschulden - Krise? - MZPTLK - 01.05.2019

(01.05.2019, 17:27)Atanvarno schrieb: Atanvarno Trotzdem muss man bereit sein ins Risiko zu gehen (Fehler zu machen, sich zu irren), um aus der Analyse einen Gewinn zu ziehen. Und keine zukunftsgerichtete Analyse ist perfekt, es kann immer was schiefgehen.

Bei einem 'normalen' Verlauf - also ohne Manipulationen der ZBen zum Beispiel - kann man viele Volatilitäten
mit einer gewissen, hohen Wahrscheinlichkeit antizipieren.
Natürlich gibt es dann immer noch Naturkatastrophen, globalpolitische Krisen wie Kriege, usw.,
aber per Saldo kann man, über einen längeren Zeitraum und schon bei nur Bauer-schlauem Markettiming,
überproportional gewinnen.

Die 'normalen' Abläufe sind elementar und in gigantischer Grössenordung durch die genannten Eingriffe
gestört und ad absurdum geführt, so dass die Erwartungen sich perverserweise an wahrscheinlichen Eingriffen
orientieren müssen. Mehr dazu in Bälde.


RE: Staatsschulden - Krise? - MZPTLK - 02.05.2019

Viele meinen, dass die ZBen ihr Pulver verschossen hätten,
vor allem also die Zinsen nicht weiter runterdrücken
und nicht endlos Papiere notleidender Staaten und Unternehmen aufkaufen könnten.

Abgesehen davon, dass Letzteres eigentlich verbotene Staatsfinanzierung bedeutet,
es aber Niemand ernsthaft zu stören scheint(das höchste Europäische Gericht schon gar nicht),
gilt als oberstes Gesetz: Not kennt kein Gebot.

Die in den nächsten Jahren zu erwartenden Bankencrashs(v.a. tödliche Zinsstrukturkurve)
kann man geschehen lassen oder auch nicht.
Ich gehe davon aus, dass wir immer mehr Staatsmonopolkapitalismus bekommen
und das Politikkonzept der sogenannten Modern Monetary Theory sich in immer mehr Köpfe einschleicht.
Dann sind Schulden und Defizite unwichtig, Hauptsache, die Schornsteine rauchen
und Infla und Defla bleiben einigermassen artig.
Solange also das BIP-Wachstum über dem Zins liegt, ist alles 'gut'
- oder?

Die künftige Übernahme von Schulden durch die nicht mehr unabhängigen, gezwungenen ZBen
ist vorprogrammiert und technisch auch kein Problem,
denn erstens haben sie das schon geübt, zweitens spielen die Gerichte mit,
drittens wollen es die Politiker so und überhaupt kennt Not kein Gebot.

Dementsprechend werden Notenbanken auch schon präventiv mit sogenannter 'foward guidance' arbeiten,
also z.B. mit der öffentlichen Ankündigung bestimmter Zinsen, Laufzeiten
und Kredit-Volumina unter bestimmten Bedingungen.

Auch könnten - bei gesenkten Zinsen - als Kompensation gestaffelte Einlagesätze für Banken eingerichtet werden.
Das wirkte bei Weitergabe an die Endkunden praktisch wie eine Steuer.
Irgendwo muss das Geld ja schliesslich herkommen. Angry

Die Refinanzierung von sich immer mehr verschuldenden Staaten ist auch kein Problem,
weil die EZB die Banken mit Liquidität bedienen kann, die schnell, mit wenig Aufwand und Margen an die Staaten weiter gereicht werden - whatever it takes Huh

Wenn Privatbanken das nicht oder in nicht ausreichendem Masse tun sollten und/oder können
(immer mehr Private Banken kommen in die Bredouille  vor allem wegen der tödlichen Zinsstrukturkurve,
dem wegbrechenden klassischen Geschäft und nicht mehr auskömmlicher Margen),
kann, wie Japan uns schon vorgemacht hat, die EZB herself den Markt für Staatsanleihen notfalls dermassen manipulieren,
dass die Renditen Richtung NULL fallen.
Ein alle ökonomischen Realitäten abbildender, freier Marktzins(ZB-Zins + x)
wird durch die ZB-Interventionen also noch lange verhindert und verboten bleiben.

Und dann  wird alles gut - oder?


RE: Staatsschulden - Krise? - MZPTLK - 03.05.2019

Aus aktuellem Anlass(Proteste und Rückkaufforderungen von Mietern in Berlin, Vergemeinschaftungsvorschläge durch den Juso-Vorsitzenden) möchte ich mal am Beispiel Immobilien veranschaulichen, wie asozial Schuldenmacherei sein kann:

- 2001 verkaufte die Bundesregierung 60.000 Eisenbahnerwohnungen an die Deutsche Annington, jetzt Vonovia
- 2004 verscherbelte Dieselbe 82.000 BFA/Gagfah-Wohnungen an Fortress, die danach an Vonovia verkauften.

Der Bund muss per Gesetz immer an den Meistbietenden verkaufen.
Die meisten Bundes-eigenen Wohnungen sind übrigens sanierungs-bedürftig,
eine Revitalisierung scheitert also oft am Geld.

- 2006 verkloppte die Stadt Dresden per Ratsmehrheit(laut OB wegen desolater Finanzlage)
  70.000 Wohnungen der WOBA für 982 Mio an Fortress.
- 2014 veräusserte die Landesregierung Bayern(Sanierung der angeschlagenen Bayern LB)
  33.000 GBW-Wohnungen an Patrizia.

Nun sollen die in Berlin vor Jahren an die Deutsche Wohnen notverkauften Wohnungen
zum mehrfachen des damaligen Notverkaufspreises zurück gekauft werden.
Das ist sehr lobenswert aber angesichts der Vorgeschichte genauso bescheuert.

Ebenso bescheuert sind die Notverkäufe der ach so reichen 'Weltstadt' Hamburg an Privatinvestoren 2006 für 815 Mio.
Den Vogel schiesst dabei ab der unfassbare Verkauf des Gebäudes der Finanzbehörde,
also des Hamburger Finanzministeriums.
Dutzende andere Tafelsilberobjekte der Innenstadt gingen an Privatkäufer,
so z.B. die Justizbehörde, die Wirtschaftsbehörde, diverse Finanzämter, die Alte Post, das Staatsarchiv,
die meisten, immer mehr in die roten Zahlen gerutschten Krankenhäuser(Notverkäufe!!)...
Auch der Verkauf der städtischen Wohnungsgesellschaft SAGA/GWG mit 135.000 Wohnungen
stand ernsthaft zur Debatte, aber da sind dann doch Viele aufgewacht...

In dem Zusammenhang noch ein paar Worte zur Neuen Heimat,
die nach dem Krieg in ganz Deutschland über 400.000 Wohnungen erstellte,
über 90 % davon Sozialwohnungen.
Wegen der bekannten Vorfälle wurde der Bestand ab 1987 durch die NH Auffanggesellschaft
filetiert und an staatliche und private Investoren verkauft:
GEWOBA Bremen, GWG HH, GEWOBA Berlin, GWH Hessen, LEG NRW, usw...
sowie u.a. an Cerberus Capital, Lone Star...
Die Neue Heimat Bayern(33.000 Wohnungen) ging 1990 an Doblinger.Bau.

Die meisten ehemals staatlich geförderten Wohnungen sind inzwischen aus der Hilfe geflogen.
Sozialwohnungen werden heute aus Finanznöten kaum noch erstellt,
es gibt nur noch vereinzelte Alibiveranstaltungen.
Ansonsten werden die Lücken mit Wohngeld gefüllt.
Wie bescheuert ist das denn?
Wir leben in einer immer perverseren, surrealeren Welt.

Japan eilt uns in der Surrealität allerdings mit Siebenmeilenstiefeln voraus:
Der Notenbank dort gehören mittlerweile über 1/3 der Aktien Japans!
Wie ich schon sagte: Staatsmonopolkapitalismus.


RE: Staatsschulden - Krise? - Atanvarno - 14.05.2019

Ein positiver Artikel über Modern Monetary Theory in der FAZ  Confused

Die Lösung liegt in höheren Staatsausgaben


RE: Staatsschulden - Krise? - MZPTLK - 18.05.2019

(14.05.2019, 20:11)Atanvarno schrieb: Ein positiver Artikel über Modern Monetary Theory in der FAZ  Confused

Die Lösung liegt in höheren Staatsausgaben

Noch so ein ...............(Zensur!) Professor, der ebenso ahnungslos ist wie unverantwortliche Vorschläge macht:

1. 'Steigerung der Staatsausgaben, um die dümpelnde Nachfrage anzukurbeln'.
Also die alte Nummer vom Deficit Spending um jeden Preis und nach uns die Sintflut.
Aber egal, das Professorengehalt fliesst jeden Monat pünktlich.

2. '3 % selbstverordnetes Schuldenaufnahmeverbot aussetzen, solange die Arbeitslosigkeit über 5 % liegt'.
Das erinnert auffällig an den grossen Weltökonomen Helmut Schmidt der 70er Jahre,
der die Staatsschulden währed seiner Finanzminister-und Kanzlerverantwortung in nur 10 Jahren fast verdreifacht hatte.
Wenn man das durchdenkt bis zum Ende, müssten Spanien, Italien und viele andere Europastaaten
schon lange fröhlich mit offizieller 'Genehmigung' Schulden machen, dass es scheppert
- und siehe da sie tun es, und wenn kein Schwein ihren Staatspapierschrott mehr kaufen will,
dann kauft ihn eben - verbotenerweise - die EZB.seit etlichen Jahren.
Würde man korrekte und ehrliche Arbeitslosenstatistiken zeigen(die werden getürkt,
um das Versagen der Politiker und des öffentlichen Dienstes nicht zugeben zu müssen),
dann dürften nach diesem Vorschlag  so gut wie alle Staaten Europas sich so bedienen.
Ein Stück aus dem Tollhaus!

3. 'Installierung eines europäischen Finanzministeriums, welches sich über Eurobonds finanziert,
welche die EZB auf dem Sekundärmarkt unbegrenzt aufkaufen darf'.
Diese Trickserei ist so dreist und unverschämt und passt so ins Bild,
dass sie schon keinen mehr wundert!

4. 'Eine zu schaffende europäische Investitionsbank legt Anleihen auf,
die als Schulden der EZB und nicht der Euroländer verbucht werden':
Das ist der absolute Gipfel der Volksverarschung!
Der Herr Professor hat offenbar ein derart riesiges Vertrauen in den - vor allem in Deutschland sehr weit verbreiteten,
über viele Schülergenerationen bestehenden Finanz-Analphabetismus, dass er sowas raushauen zu können meint.
Danach verschwinden also die neuen Schulden im Nirwana der EZB,
die Rechnung zahlen also nicht die Euroländer und damit auch nicht die Euro-Bürge(n)r?
Reine Zauberei, wenn man erstmal Professor ist, kann man offenbar jeden Mist erzählen.
Leider kommt das bei den sogenannten Ökonomen allzuoft vor.
Da haben sich auch fast alle über den Crash von 2008 gewundert.
Wofür kriegen die eigentlich ihr Geld? Angry

Dass immer breitere Bevölkerungskreise gar nicht in der Lage sind,
eine entsprechende Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen zu tätigen(Privatverschuldung und -Insolvenzen,
zu hohe Mieten, immer mehr prekäre Beschäftigungsverhältnisse, Sättigungseffekte beim Konsum, usw...),
wird einfach 'vergessen', weill man sonst zu viel tiefgreifenderen Analysen und Konsequenzen kommen müsste.
Aber das ist offenbar zu anspruchsvoll und zu unangenehm für die meisten sogenannten Akademiker.
Und das Gehalt fliesst auch so immer weiter aufs Konto.... Danke

Sahra Wagenknecht ist da wesentlich weiter als Herr Ehnts!


RE: Staatsschulden - Krise? - MZPTLK - 18.05.2019

Grundsätzliches zur sogenannten Modern Monatary Theory zum Mitschreiben:

1. Es gibt von den Teilnehmern und Finanziers des Systems
    akzeptierte und nicht akzeptierte und damit begrenzte Handlungsspielräume des Systems.
2. Jede Refinanzierung/Aufschuldung reduziert die Handlungsspielräume des Systems.
3. Wenn und solange die Debetsalden nicht verringert werden(können), gesundet das System nicht.
4. Prolongationen sind Betrug und Diebstahl an folgenden Generationen, also zutiefst asozial.
5. Die Schuldkontrakte müssen in der richtigen Reihenfolge abgearbeitet/zurück gezahlt werden,
    um einen Kollaps des System zu vermeiden.
6. Umso länger man das ungesunde Spiel treibt
   - auch mit Tricks und Verschachtelungen, Verbriefungen(Subprime),
     staatlichen Bad Banks und Bad Institutions und Whateverittakeshokuspokus von Zentralbanken -
     desto mehr wird das Vertrauen der Teilnehmer und Finanziers des Systems zerstört
     und damit das System selbst.
 
In diesem Prozess befinden wir uns längst.



RE: Staatsschulden - Krise? - Atanvarno - 27.05.2019

Ich hab ja nichts dagegen, dass ein MMT-Vertreter von der Zeit interviewt wird, aber hat der Interviewer schonmal was davon gehört, dass man seinen Interviewpartner auch kritisch hinterfragen kann?

Die Angst vor Inflation und Schulden lähme die Politik, sagt der Ökonom Warren Mosler. Dabei könnten wir uns viel mehr leisten. Höhere Staatsschulden seien kein Problem.