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Weltweite Leistungsexplosion über 800m, aber Deutschland ist abgehängt - Druckversion

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RE: Weltweite Leistungsexplosion über 800m, aber Deutschland ist abgehängt - frbcrane2 - 23.08.2024

Hat Georg Schmidt schon mal jemanden in die Nähe der Weltklasse trainiert? Diskutiert ihr seine Trainings-Philosophie als Beispiel für falsches Training in Deutschland? Spannend wäre ein Interview über 800m Training mit einem erfolgreichen ausländischen Trainer.


RE: Weltweite Leistungsexplosion über 800m, aber Deutschland ist abgehängt - S_J - 23.08.2024

(23.08.2024, 08:24)TranceNation 2k14 schrieb: Also gibt es laut Georg Schmidt nur extensive Intervalläufe und dann als nächstes 20 km Dauerlauf – dazwischen nichts?!

Der 20km Dauerlauf ist für ihn ein Beispiel für eine Trainingseinheit, die nichts bis wenig mit dem disziplinspezifischen Stoffwechsel der 800m zu tun hat, aber von den überdistanzorienterten 800-1500m Läufern eben dennoch teilweise absolviert wird, was eben dann für Schmidt hauptsächlich psychologische Vorteile bringt.

Am anderen Ende der Skala sind die unterdistanzorientierten Läufer, die überhaupt keine Dauerläufe absolvieren, sondern nur mit Intervallen arbeiten, um eine Grundlage zu bekommen. Er betont eben, dass solche Typen sich bei einem umfangbasierten Programm nicht voll entwickeln können.

Ich nehme an, dass damit die "normalen" Dauerläufe stillschweigend für die 800m-Typen und 800-1500m-Typen sicherlich ihre Anwendung finden, um auf die von ihm genannten Umfänge für nicht-underdistanzorienterte Mitttelstreckler zu kommen.

Es bleibt natürlich zu sagen, dass dieser Unterdistanztyp für ihn in der Lage ist, eine 44er oder zumindest 45er Zeit über 400m anzubieten.


RE: Weltweite Leistungsexplosion über 800m, aber Deutschland ist abgehängt - S_J - 23.08.2024

(23.08.2024, 09:33)frbcrane2 schrieb: Hat Georg Schmidt schon mal jemanden in die Nähe der Weltklasse trainiert? Diskutiert ihr seine Trainings-Philosophie als Beispiel für falsches Training in Deutschland? Spannend wäre ein Interview über 800m Training mit einem erfolgreichen ausländischen Trainer.

Malik Skupin-Alfa trainiert seit Oktober 2022 bei ihm als Heimtrainer.


RE: Weltweite Leistungsexplosion über 800m, aber Deutschland ist abgehängt - RunSim - 23.08.2024

(23.08.2024, 09:33)frbcrane2 schrieb: Hat Georg Schmidt schon mal jemanden in die Nähe der Weltklasse trainiert? Diskutiert ihr seine Trainings-Philosophie als Beispiel für falsches Training in Deutschland? Spannend wäre ein Interview über 800m Training mit einem erfolgreichen ausländischen Trainer.

Hast du da zufällig ein passendes Interview mit einem entsprechenden Trainer oder einen Bericht anzubieten?

Leider findet man über 800m Training auf Weltelite-Niveau nur sehr wenig im Netz...


Als ich das Interview mit Georg Schmidt Anfang 2021 gehört hatte, war ich von seinem Ansatz zunächst recht angetan.
Über die Zeit hat sich das jedoch geändert, da er entweder keine passende SportlerIn dafür gefunden hat oder weil das Trainingssystem nur für ganz wenige Outliner passt oder weil es schlichtweg nicht gut ist.

Erfolg gibt Recht oder wie in diesem Falle: Misserfolg gibt Unrecht.

Achso, bei Patrick Schneider hat Georg Schmidt versucht auf 400m und 800m zu trainieren.
In einem anderen Interview (müsste im Jahr 2023 oder 2024 gewesen sein) hat er dazu gesagt, dass Patrick Schneider eine zu hohe Laktatbildungsrate aufweist und dass damit keine guten Ergebnisse auf den 800m möglich sind (trotz der guten 400m Leistungen).

Justin Rinaldi postet bei Instagram so gut wie jedes Training seiner Leute. 1:43 haben die besten von ihm als PB auf der Uhr stehen.
Da müsste man sich aber die Zeit nehmen und jedes Training mitprotokollieren um am Ende zu sehen, wie er das Training über die Wochen aufbaut...


RE: Weltweite Leistungsexplosion über 800m, aber Deutschland ist abgehängt - Reichtathletik - 23.08.2024

Puh Leute, darf ich einmal versuchen, etwas zu sortieren/aufzuräumen:

Das verlinkte Interview ist zum einen noch aus einer ich würde es Mal Frühphase des 400/800-Meter-Models nennen. Mittlerweile ist auch der besagte Bundestrainer etwas konservativer geworden. Seinen zuletzt größten Erfolg feierte er denn auch auf 1500 Meter mit Nele Weßel bei EM und Olympia, was schon erkennen lässt, dass es hier nicht darum geht, jeden Athleten gleich zu trainieren.

Der ganze Aufschlag ruht auch noch daher, dass lange in Deutschland verbreitet war: 800 Meter = zwingend viele Kilometer. Auch hier: unabhängig vom Läufertyp. Das ist genauso falsch wie zu sagen: Keine Dauerläufe für 400 Meter und 800 Meter – unabhängig vom Läufertyp.

Ferner ist es falsch, dass die Glykolyse der(!) entscheidende Faktor im 800-Meter-Bereich ist. Richtig ist, dass es nötig ist die vVO2max so weit wie möglich zu verbessern – dafür sind eben entsprechende Einheiten notwendig, die auch, gerade für unterdistanzorientierte Athleten gut über kürzere Intervalle in der richtigen Intensität mit sehr kurzer, aktiver Pause generiert werden können und eben nicht zwingend genauso wie bei 5.000-Meter-Läufern. Die anaeroben Faktoren sind derweil so auszuprägen, dass sie für den entsprechenden Athleten starke Angangszeiten ermöglichen, ihn aber nicht die aerobe Power wegschießen. Hier kann also zu viel auch hinderlich sein.

Besagter Georg Schmidt hat dazu vor kurzem sehr detailiert in Leichtathletiktraining (Mai-Ausgabe) die bisherigen Ergebnisse des 400/800-Modells zusammengefasst, auch z.T. selbstkritisch mit Blick auf Patrick Schneider.

Übrigens – weil gerade gefragt – im gleichen Magazin zwei Ausgaben (?) später war auch ein langer Beitrag über das Training von Louis Heyer, der in der Schweiz eine der wohl derzeit erfolgreichsten 800-Meter-Frauen-Gruppen trainiert mit sechs(?) Läuferinnen unter 2 Minuten, inkl. Vize-Europameisterin.


RE: Weltweite Leistungsexplosion über 800m, aber Deutschland ist abgehängt - RunSim - 23.08.2024

(23.08.2024, 10:06)Reichtathletik schrieb: Puh Leute, darf ich einmal versuchen, etwas zu sortieren/aufzuräumen:

Das verlinkte Interview ist zum einen noch aus einer ich würde es Mal Frühphase des 400/800-Meter-Models nennen. Mittlerweile ist auch der besagte Bundestrainer etwas konservativer geworden. Seinen zuletzt größten Erfolg feierte er denn auch auf 1500 Meter mit Nele Weßel bei EM und Olympia, was schon erkennen lässt, dass es hier nicht darum geht, jeden Athleten gleich zu trainieren.

Der ganze Aufschlag ruht auch noch daher, dass lange in Deutschland verbreitet war: 800 Meter = zwingend viele Kilometer. Auch hier: unabhängig vom Läufertyp. Das ist genauso falsch wie zu sagen: Keine Dauerläufe für 400 Meter und 800 Meter – unabhängig vom Läufertyp.

Ferner ist es falsch, dass die Glykolyse der(!) entscheidende Faktor im 800-Meter-Bereich ist. Richtig ist, dass es nötig ist die vVO2max so weit wie möglich zu verbessern – dafür sind eben entsprechende Einheiten notwendig, die auch, gerade für unterdistanzorientierte Athleten gut über kürzere Intervalle in der richtigen Intensität mit sehr kurzer, aktiver Pause generiert werden können und eben nicht zwingend genauso wie bei 5.000-Meter-Läufern. Die anaeroben Faktoren sind derweil so auszuprägen, dass sie für den entsprechenden Athleten starke Angangszeiten ermöglichen, ihn aber nicht die aerobe Power wegschießen. Hier kann also zu viel auch hinderlich sein.

Besagter Georg Schmidt hat dazu vor kurzem sehr detailiert in Leichtathletiktraining (Mai-Ausgabe) die bisherigen Ergebnisse des 400/800-Modells zusammengefasst, auch z.T. selbstkritisch mit Blick auf Patrick Schneider.

Übrigens – weil gerade gefragt – im gleichen Magazin zwei Ausgaben (?) später war auch ein langer Beitrag über das Training von Louis Heyer, der in der Schweiz eine der wohl derzeit erfolgreichsten 800-Meter-Frauen-Gruppen trainiert mit sechs(?) Läuferinnen unter 2 Minuten, inkl. Vize-Europameisterin.

Von meiner Seite aus war das auch nicht als Kritik an besagtem BT gemeint.
Ich hatte nicht das Gefühl, dass er auf einmal alle Leute in das 400m/800m Training pressen wollte
Er hat es wohl eher an einzelnen Leuten wie z.B. Patrick Schneider versucht. Natürlich in Absprache mit den Sportlern.
Prinzipiell finde ich es gut, dass ein Trainer versucht andere Wege zu gehen und damit Erfahrungen für das zukünftige Training sammelt.


RE: Weltweite Leistungsexplosion über 800m, aber Deutschland ist abgehängt - frbcrane2 - 23.08.2024

(23.08.2024, 10:04)RunSim schrieb: Hast du da zufällig ein passendes Interview mit einem entsprechenden Trainer oder einen Bericht anzubieten?
Ich hatte mich mit Mittelstrecke noch nie so detailliert beschäftigt. Ich weiß, daß es für 400m sehr viel gibt. Die Trainingsprogramme von Cathy Freeman von der Schule bis zum Olympiasieg z.B. findet man detailliert online. Laurent Meuwly spricht sehr offen über sein Training und auch sehr detailliert, wenn man sich die Zeit nimmt. Er hält auch Vorträge. Soviel ich weiß gibt es auch Material von Trevor Painter und Jenny Meadows, die Hodgkinson und Bell zu Paris Medaillen trainiert haben. Gerade Georgia Bell ist ein Musterbeispiel dafür, was mit dem richtigen Trainer/Training möglich ist. Bei uns freut sich Georg Schmidt, daß sich Nele Weßel mit einer Steigerung von 4:06 auf 4:04 für Paris qualifiziert hat, bei den Briten hatte sich Bell von 4:06 auf 3:52 verbessert und eine Medaille geholt, obwohl sie vor den UK Trials noch in Vollzeit arbeitete. Ich werde das Gefühl nicht los, daß bei zuvielen DLV-Trainern gar kein Bedürfnis besteht, die eigenen Trainingsmethoden zu hinterfragen, weil dabei rauskommen könnte, was für einen Mist man eigentlich trainieren läßt.


RE: Weltweite Leistungsexplosion über 800m, aber Deutschland ist abgehängt - muffman - 23.08.2024

Auch das Triphasic-Modell im Krafttraining ist zu hinterfragen. Auf den ersten Blick scheint es Sinn zu machen, aber auch nur dann. Gerade bei der isometrischen Komponente sollte man genau aufpassen, was man denn da überhaupt wie trainiert bzw. versucht zu trainieren und was das mit dem Muskel macht.


RE: Weltweite Leistungsexplosion über 800m, aber Deutschland ist abgehängt - Reichtathletik - 23.08.2024

Zitat:Ich werde das Gefühl nicht los, daß bei zuvielen DLV-Trainern gar kein Bedürfnis besteht, die eigenen Trainingsmethoden zu hinterfragen, weil dabei rauskommen könnte, was für einen Mist man eigentlich trainieren läßt.

Ich bin immer wieder erstaunt, wie gering offenbar das Interesse an Fortbildung ist. Es gibt z.B. am Rande großer Meisterschaften regelmäßig Trainerkongresse. Verschiedene internationale Verbände richten Summits aus, wo zum Teil richtig hochkarätige Referenten aus der Forschung aber auch der Praxis auftreten. Und wer ist fast nie da: Bundestrainer. Wenn man dann mal nachfragt sind die Gründe: "Wusste nicht, dass es das gibt", "keine Zeit".
Eigentlich sollten solche Sachen verpflichtende Dienstreisen sein


RE: Weltweite Leistungsexplosion über 800m, aber Deutschland ist abgehängt - mariusfast - 23.08.2024

(23.08.2024, 10:36)RunSim schrieb:
(23.08.2024, 10:06)Reichtathletik schrieb: Puh Leute, darf ich einmal versuchen, etwas zu sortieren/aufzuräumen:

Das verlinkte Interview ist zum einen noch aus einer ich würde es Mal Frühphase des 400/800-Meter-Models nennen. Mittlerweile ist auch der besagte Bundestrainer etwas konservativer geworden. Seinen zuletzt größten Erfolg feierte er denn auch auf 1500 Meter mit Nele Weßel bei EM und Olympia, was schon erkennen lässt, dass es hier nicht darum geht, jeden Athleten gleich zu trainieren.

Der ganze Aufschlag ruht auch noch daher, dass lange in Deutschland verbreitet war: 800 Meter = zwingend viele Kilometer. Auch hier: unabhängig vom Läufertyp. Das ist genauso falsch wie zu sagen: Keine Dauerläufe für 400 Meter und 800 Meter – unabhängig vom Läufertyp.

Ferner ist es falsch, dass die Glykolyse der(!) entscheidende Faktor im 800-Meter-Bereich ist. Richtig ist, dass es nötig ist die vVO2max so weit wie möglich zu verbessern – dafür sind eben entsprechende Einheiten notwendig, die auch, gerade für unterdistanzorientierte Athleten gut über kürzere Intervalle in der richtigen Intensität mit sehr kurzer, aktiver Pause generiert werden können und eben nicht zwingend genauso wie bei 5.000-Meter-Läufern. Die anaeroben Faktoren sind derweil so auszuprägen, dass sie für den entsprechenden Athleten starke Angangszeiten ermöglichen, ihn aber nicht die aerobe Power wegschießen. Hier kann also zu viel auch hinderlich sein.

Besagter Georg Schmidt hat dazu vor kurzem sehr detailiert in Leichtathletiktraining (Mai-Ausgabe) die bisherigen Ergebnisse des 400/800-Modells zusammengefasst, auch z.T. selbstkritisch mit Blick auf Patrick Schneider.

Übrigens – weil gerade gefragt – im gleichen Magazin zwei Ausgaben (?) später war auch ein langer Beitrag über das Training von Louis Heyer, der in der Schweiz eine der wohl derzeit erfolgreichsten 800-Meter-Frauen-Gruppen trainiert mit sechs(?) Läuferinnen unter 2 Minuten, inkl. Vize-Europameisterin.

Von meiner Seite aus war das auch nicht als Kritik an besagtem BT gemeint.
Ich hatte nicht das Gefühl, dass er auf einmal alle Leute in das 400m/800m Training pressen wollte
Er hat es wohl eher an einzelnen Leuten wie z.B. Patrick Schneider versucht. Natürlich in Absprache mit den Sportlern.
Prinzipiell finde ich es gut, dass ein Trainer versucht andere Wege zu gehen und damit Erfahrungen für das zukünftige Training sammelt.
Ja genau er hat ja bereits in meinem zitierten Podcastbeitrag im Jahr 2020 betont, dass es für alle 3 verscheidene Typen spezifisches Training benötigt.