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Team ja oder nein oder ja und nein - Druckversion

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RE: Team ja oder nein oder ja und nein - Gertrud - 30.10.2017

Ich möchte die Worte von Prof. Dr. Gabriele Krone-Schmalz über ihr Buch in einem Interview auf die Leichtathletik sinngemäß übertragen: „Kapitel selber denken: Das gehört zur Freiheit. Wenn man äußere Freiheit nutzen will, braucht man die innere Freiheit. Es ist dann wichtig, dass man selber denkt und sich nicht nur auf sanktionierte, kanalisierte Denkweisen einlässt." Das sollten sich einige Funktionäre dick hinter die Ohren schreiben. Ein Trainer, der wie ein Hündchen die vorgegebenen Wege geht, weil er sie sich aufstülpen lässt, hat für mich kein Charisma!!! – Es spricht absolut nichts gegen leistungsorientierte, gesunde Kooperationen.

Wenn ich einen Kaderthleten hätte, könnte mich absolut keiner dazu bewegen, ihn an vielleicht unsinnigen Kraftübungen oder an irgendwelchen unnützen Maßnahmen teilnehmen zu lassen. 

Gertrud


RE: Team ja oder nein oder ja und nein - sperlie83 - 31.10.2017

Hallo Gertrud leider ist das nicht mehr so einfach. Da nur noch die Athleten Kader werden die an einem Bundesstützpunkt trainieren. Daher ist meine Athletin aus dem Kadersystem raus gefallen.


RE: Team ja oder nein oder ja und nein - Gertrud - 31.10.2017

(31.10.2017, 03:51)sperlie83 schrieb: Hallo Gertrud leider ist das nicht mehr so einfach. Da nur noch die Athleten Kader werden die an einem Bundesstützpunkt trainieren. Daher ist meine Athletin aus dem Kadersystem raus gefallen.

Ist das nicht schizophren, dass es in einer messbaren Sportart und deren Disziplinen nicht nach Leistung und Potential, sondern nach solchen bescheuerten Regularien geht? Man denkt in den Verbänden, dass diejenigen, die einer Disziplin vorstehen, die besten Trainer sind – und das ist beileibe nicht so. Trotzdem kanalisiert der Verband immer wieder Athleten dorthin. Thumb_down Wenn ich mir einige Disziplinen unter der Schirmherrschaft von Verbandstrainern in der Verletztenstatistik ansehe, stelle ich eindeutig fest, dass ich wesentlich bessere Arbeit geleistet habe und heute noch leisten könnte, weil sich mein Wissen enorm mit dem wissenschaftlichen Fortschritt potenziert hat. 

Nehmen wir Trainer wie Jürgen Krempin oder Hansjörg Holzamer: Warum sollten deren Athleten unter dem jetzigen Bundestrainer trainieren oder an allen Maßnahmen teilnehmen? Das ist doch ein Witz. Auch ich würde die Stille mit Athleten im TL immer den "Rudelveranstaltungen" vorziehen. Auch ein Gerd Osenberg war ohne Bundestrainer erfolgreich.

In dieser Hinsicht sehe ich den DLV und den Westfälischen Landesverband vor allem total komplett auf dem Holzweg. Man lässt in einer Individualsportart das Individuum nicht gelten und schert über einen Kamm. Wenn ein Team für sich allein aus irgendwelchen Gründen (z.B. die besten Bedingungen und Kenntnisse vor Ort) allein sein Ding machen möchte, wird er/sie ausgegrenzt. Wenn ich eine Mehrkämpferin trainieren würde, könnte sie im Westfälischen Verband noch so gut sein. Sie käme nicht in die Kaderliste. Es gibt nur die offizielle Schiene, um von Verbandsregularien zu profitieren. Man hat auf Landesebene sogar Athleten nicht in den Kader genommen, die „vergessen" haben, Scheine zurückzuschicken. Dem Westfälischen Verband wäre am liebsten, wenn die Athleten verbandsseitig „gefördert" und an den TL (wie Teneriffa unter vornehmlich bestimmter Vereinsflagge) gefördert und auf Dauer lanciert würden. So sieht´s aus! Den Begriff Vielfalt gibt es dort nicht. Ich kenne im Westfälischen Verband keine/n, der mehr Ahnung im Mehrkampf und z. B. Kugelstoßen in gesunder Form als ich hat.  Wink

Diese Gleichschaltung ist ein typisches Relikt aus der Ex-DDR-Zeit, das man jetzt mit aller Macht durchzieht. Es gibt Trainer, die ihre Athleten entgegen ihrer Einstellung zu Verbandsmaßnahmen mitschicken, weil sie Nachteile befürchten. Ich nenne hier bewusst keine Namen, weil ich keine/n verletzen möchte. Ich bin immer den sehr unbequemen Weg gegangen und habe meinen Kopf durchgesetzt, das aber nicht ohne Grund!!! Allerdings wird man dann, sobald sich die Gelegenheit ergibt, als nicht teamfähig in deren Sinn abserviert, zumal, wenn man wie ich an solche „Mobbingdrecksäcke" (die an jeder Krippe sind) gerät. Ich bin zum Glück davon substantiell nicht abhängig. Man hat an unserem Gymnasium mein Wissen geschätzt und einzuordnen gewusst.

Es gibt Disziplinen, die man nur mit sehr gutem Wissen in Technikteilbereichen selbst bewältigen kann und nicht mit Gleichgesinnten einer fachlich schwachen Clique.

Ich stelle mir eine gute Zusammenarbeit so vor, dass man Athleten und Trainer dahinbringt, zunehmend selbstständig und unabhängig zu werden. Ich selbst neige dazu, eher mit wenigen, aber sehr guten Trainern und Wissenschaftlern zu kooperieren. Das heißt doch nicht, dass ich DLV-Leute von vorneherein ablehne. Ich picke mir schon die Rosinen heraus und zahle auch dafür!!! Ich will nichts umsonst haben. Es ist absolut nicht meine Art, Leute auszunutzen. Wäre ich bei einem Krafttest meines jetzigen Schützlings anwesend, würde er bei einigen Übungen von der Stange aus ganz fundierten Gründen nicht teilnehmen. Ich kenne in der Hinsicht keine Kompromisse - auch bei Prof. Dr. nicht!!!

Der Verband sollte lernen, einige sehr gute „Provinztrainer" an der langen Leine zu lassen, ihnen aber alle Fortschritte zukommen zu lassen. Nur so gelingt ein Fortschritt auf breiter Ebene. Es wenden sich sonst immer mehr sehr gute Trainer ab. - Ich habe gestern in meinem Keller mit einem Probanden eine Übung passgenau in einem Sprintdetail entwickelt, dass es mit den bisherigen biomechanischen Testmöglichkeiten absolut nicht gibt. Ich habe aber Vorstellungen, wie man es testen könnte. Es ist ein entscheidendes Detail. Nur an solchen Dingen bin ich interessiert. Es ist doch menschlich, dass ich ein solches Wissen nicht an die Allgemeinheit verschicke. Ich gebe keine speziellen Fortbildungen mehr. Ich kooperiere mit einigen wenigen guten Trainern in aller Offenheit.  Thumb_up Wink Einer meiner kooperierenden Trainer sagt immer: "Allein gegen die Mafia!"  Wink

Gertrud


RE: Team ja oder nein oder ja und nein - Gertrud - 31.10.2017

Es wird bei dieser Verbands-Teamforderung immer vergessen, dass es um Sieg oder Niederlage in einer Individualsportart geht. Es interessiert mich als Heimtrainerin absolut nicht, der Konkurrenz auf die Sprünge zu helfen. Ich will mit meinem Schützling gewinnen oder weit vorne landen. Da ist es doch nur legitim und menschlich, dass ich mein in vielen Stunden erworbenes Wissen, das in den meisten Fällen noch zudem sehr viel Geld kostet, nicht sofort (und dazu noch möglichst unentgeltlich) der Konkurrenz mitteile. Ich müsste doch bescheuert sein!!! Die Konkurrenz verkürzt dazu dann noch die "Entwicklungswege", die ich vielfach durchlaufe. Das kann mir bei meinen Konstruktionen in meinem Keller nicht passieren.  Wink Ich erwarte von den Kollegen, die mit mir kooperieren und profitieren, ebenfalls Lieferungen.  Thumb_up

Es ist z.B. völlig unzutreffend, Sabines Programme auf andere genau zu übertragen. In unserem kleinen Kreis kommt es bezüglich individueller Genauigkeiten zu vielen Diskussionen. Also Team in begrenzten Kleingruppen ja, große aufgesetzte Teams für mich nein!!!  Thumb_up Thumb_down Ich bin eine sehr eigenständige Trainerin und kein "Abziehbild" irgendeines Teams!!!

Es gab diese Schwierigkeiten Top-Heimtrainer und Verband schon zu unserer Zeit 1968 in Mexiko (DLV - Gerd Osenberg). Sehr gute Heimtrainer, die eigenständig waren, haben dem Verband zu keiner Zeit gepasst.

Gertrud


RE: Team ja oder nein oder ja und nein - Gertrud - 11.11.2017

Es gibt sicherlich sehr unterschiedliche Trainer im Topbereich. Ein Gerd Osenberg z.B. hat damals in seinem "Wohnzimmer" sehr viele neue Sachen entwickelt, die er zum damaligen Zeitpunkt auch nicht alle publik gemacht hat. Ich konnte und kann das sehr gut verstehen. Er will seine Arbeit belohnt sehen und für seine Mühen entsprechend ernten. Sicherlich hatte er auch ein Team um sich, wenn ich allein an die Geschwindigkeitsgeräte denke. 

Wenn ich in meinem Keller neue Übungen entwickele, ist doch nicht mein erster Gedanke die Weitergabe dieser Übungen. Wenn ein Dr. Lehmann vom IAT Leipzig sagt, dass er darüber nachdenkt, was er bei Vorträgen herausrückt, kann ich das auch nachvollziehen. Er will Storl und Co vorne sehen. Er wird dafür bezahlt, dass er der deutschen LA auf die Sprünge hilft.

Insofern würde ich den Begriff Team immer auch begrenzen. Ich hatte mit meinen Leuten ein hervorragendes Team, das sich über Jahre entwickelt und gehalten hat. Wenn ich heute irgendwo Vorträge halte, dann ist das nur ein Bruchteil dessen, was ich verletzungsprophylaktisch entwickelt habe. Ich schnalle mir doch nicht ein gesamtes Equipment auf die Schultern. 

Gertrud


RE: Team ja oder nein oder ja und nein - Gertrud - 11.11.2017

(03.04.2015, 14:49)Robb schrieb:
(03.04.2015, 14:21)lor-olli schrieb: Der Fehler liegt mMn schon in der Frage- oder Thesenstellung! Wieso "oder", "ja" und "nein"?
Du betonst gern das Individualprinzip (ich würde mich schon als "maverick" bezeichnen), ABER das gilt doch nun wirklich nicht für jeden, auch nicht in einer Individualsportart! Die wenigsten können sich allein trainieren oder wollen dies, selbst wenn sie es könnten. Ein Trainer ist das Mindeste, sei es als Korrektiv, als Motivator, als "Planer" - für die meisten ist die Erstellung eines Trainingsplans gar nicht selbstverständlich und ohne Erfahrung auch nicht unproblematisch.



Ich glaube, Gertrud hat in erster Linie ein Problem mit dem Gruppenzwang beim DLV. Deinen Trainer suchst du dir selbst aus, einer Trainingsgruppe trittst du freiwillig bei, beim Zwangs-Teambuilding des DLV (welches inzwischen wieder abgeschafft wurde?) oder den Trainingslagern kurz vor Saisonhöhepunkten hast du keine Wahl.

Genau das ist der Punkt!!! Wer mich in Fortbildungen erlebt, weiß dass ich bis in die Kleinigkeiten diskutieren möchte, um maximalen Gewinn zu haben. Davon profitieren doch auch die anderen Teilnehmer/innen. 

Beispiel: Ich würde im metabolischen Bereich absolut nicht einsehen, warum ich mit einem Schützling zu Tests nach Leipzig fahren sollte. Warum kann man nicht diesen Bereich an der DSHS Köln ebenfalls nutzen? Stattdessen macht man gute Leute platt. Selbstverständlich würde ich Leipzig im Wurfbereich nutzen, weil es hier nichts Vergleichbares gibt. So einfach ist das. Es muss aber doch kein andere für mich denken.

Im 400m-Bereich weiß ich ganz genau, welche Quellen ich nutze. Warum sollte ich in der Hinsicht den bisher schwachen DLV-Bereich nutzen und deren Programme absolvieren lassen? Da finde ich das Wissen eines Jürgen Krempin viel spannender. Ich muss mich doch nicht auf die DLV-Schiene einschießen, wenn ich total anderer Meinung bin. Ich gehöre nicht zu den Menschen, die lange "herumeiern". Ich finde doch auch nicht alle Menschen im DLV schlecht - beileibe nicht. Wenn ich z. B. Fortbildungs-Dateien innerhalb einer Woche bekomme oder ein Michael Siegel mir sofort Unterlagen gibt, spare ich auch nicht mit Lob.  

Gertrud


RE: Team ja oder nein oder ja und nein - Hesse - 15.11.2017

Auf der HLV-Homepage findet man einen interessanten Artikel über die kürzlich stattgefundene HLV-Leistungssporttagung. Tenor zu den
Zentralisierungstendenzen im DOSB: ,,nicht praktikabel''. Dem ist nichts hinzu zu fügen!
http://www.hlv.de/NEWS/view_news_V10.asp?ID=5143


RE: Team ja oder nein oder ja und nein - Robb - 15.11.2017

Dieser Artikel der Morgenpost beschreibt sehr schön, welche Scheiße der DOSB fabriziert und welche Folgen die Zentralisierung für Sportler haben kann.
Das muß man sich mal geben, da werden Athleten zum Umzug an den Stützpunkt in Hamburg gezwungen und wenige Monate später aussortiert. Was für Ahnungslose da am Werk sind, zeigt dieser Artikel . Julia Großner wird vor der Beachvolleyball-EM klargemacht, dass sie aus dem Kader fliegt, dann gewinnt sie mit ihrer Partnerin Nadja Glenzke den EM-Titel, sie besiegen sogar die Olympiasieger und Weltmeister Ludwig/Walkenhorst, aber das ist den Verantwortlichen egal. Großner verliert als Europameisterin die Spitzensportförderung. Willkommen im neuen System des DOSB.


RE: Team ja oder nein oder ja und nein - Gertrud - 08.12.2017

Wenn ich so die vielen Artikel auf leichtathletik.de mit der "Lobhudelei auf das Team" lese, habe ich fast den Eindruck von "Gehirnwäsche". Überragende Ergebnisse kommen letztlich durch individuelle Ansätze. Noch letztens sagte mir ein Trainer: "Da wird auf Team gemacht und gemauert, was das Zeug hält." Es ist doch nur zu menschlich, dass ein Heimtrainer den Erfolg seines Schützlings will und nicht den der nationalen Konkurrenz. Ich müsste doch bescheuert sein, permanent nach neuen Erkenntnissen in stundenlanger Arbeit zu streben und dann diese Dinge an die Litfaßsäule zu heften. Das heißt doch beileibe nicht, dass man nicht gelegentlich diskutiert; aber die ureigensten Sachen gibt kein Trainer preis. Der Unterschied ist nur, dass ich dazu öffentlich stehe. Ich verbringe doch nicht Stunden um Stunden, um die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse und meine Eigenkreationen sofort der Konkurrenz zu servieren. Keiner außer unserem Team vor Ort wusste haargenau, was eine Sabine Braun z. B. an Werten und Trainingsinhalten hatte und wie meine Vorstellungen von gesunden Übungen funktionierten.

Ich halte sehr viel davon, die Trainer in ihrer Eigenständigkeit zu fördern und deren Aktivität zu fordern. Es gibt genugend Trainer, die sich in dem System absolut unwohl fühlen und zum geforderten "Herdentrieb" nicht neigen. Mich reglementiert keiner. Freiheit zur Kreativität ist mir so wichtig wie die Luft zum Atmen. Stellt euch vor, man würde einen Karl Lagerfeld in ein abhängiges Team einbinden?! Das ist absolut undenkbar. An erster Stelle steht die Leistung, ob mit oder ohne Team - das ist völlig wurscht!!!  Thumb_up

Stellt euch vor, wenn ich eine Kaderathletin hätte, die nach den BT-Kriterien im Mehrkampf trainieren sollte, wie es jetzt teilweise verlangt wird? Wenn ein BT Sprint als die beste Übung die Nordic hamstring curls ansieht, wüde ich ihn für verrückt erklären. Es würde kein BT verlangen können, dass meine Athletin das Reißen mit dem Besenstiel trainiert. Es gibt auch obligatorische Testübungen an isokinetischen Geräten, die ich absolut ablehne. So viel A... hätte ich in der Hose, mich entsprechend durchzusetzen. Ich bin aber nicht von vorneherein auf Krawall gebürstet. 

Gertrud


RE: Team ja oder nein oder ja und nein - Gertrud - 22.12.2017

Der DLV spricht immer von Team, verstößt aber durch Zentralisierung z.B. des Wissenschaftsbereiches am IAT Leipzig total gegen diese Forderung. Die DSHS Köln wird aus meiner Sicht stark ausgeklammert. Sicherlich forscht das IAT wirklich gut in einigen Bereichen. Das ist nicht die Frage!!! Dass aber z. B. Mittel- und Langstrecken-Diagnostiken aus dem Köln-Leverkusener-Raum nach Leipzig zur Leistungsdiagnostik verlegt worden sind und Athleten und Athletinnen weit fahren müssen, erschließt sich meinem Verständnis von DLV-Team und Geldoptimierung absolut nicht, da gerade der OSP Köln in dem Bereich hervorragend bestückt ist! Was spricht eigentlich dagegen??? Hier stoße ich - glaube ich - in ein "Wespennetz"!!!

Gertrud