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Positive Meldonium-Fälle - Kavaliersdelikt oder schweres Vergehen? - Druckversion

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RE: Positive Meldonium-Fälle - Kavaliersdelikt oder schweres Vergehen? - lor-olli - 29.03.2016

Ok. knapp…
Meldonium beschert den frustrierten Fahndern Erfolgserlebnisse - ich kann es ihnen nicht verdenken. HGHs könnten sie auch, aber das wäre sehr teuer und sehr aufwändig - und sooo drängend scheint Doping nicht zu interessieren… Teufel


RE: Positive Meldonium-Fälle - Kavaliersdelikt oder schweres Vergehen? - Sergej Litvinov - 29.03.2016

(29.03.2016, 18:54)lor-olli schrieb: Zweierlei dazu:
Die erste Studie ist zur Zeit der Entwicklung entstanden, da war von Doping noch nie die Rede. Die Studie ist so seriös wie es nötig ist damit man eine Zulassung bekommt. Auch in Russland wird in dieser Beziehung sorgfältig gearbeitet und da muss eine offizielle Zulassung als Medikament alle notwendigen Prozesse (Studien, Blindstudien, Gutachten, Langzeitstudie, Haltbarkeitsnachweise und und und) bestehen - das hat es. Im Westen wurde das Medikament bisher nicht zugelassen, weil das richtig teuer ist! Meine Frau hat für die Firma für die sie arbeitet ein Medikament zulassen müssen/wollen, die Zulassung war schon recht weit fortgeschritten, aber der Wirksamkeitsnachweis verlief in der Langzeitstudie nicht zufriedenstellend… Ergebnis, etwas über 3 Millionen in den Sand gesetzt… Die Kosten wenn man es europaweitzulassen will kommen dann noch mal oben drauf. Das können sich viele kleine Unternehmen einfach nicht erlauben.

Es stimmt, dass das Medikament selbst in Fettdepots eingelagert werden kann - bei Überdosierung und längerfristiger Einnahme und dann verzögert freigesetzt wird, ABER die Analysemethode ist trennscharf genug zu unterscheiden welche Substanzen, Verunreinigungen und Metaboliten da freigesetzt werden und die sind bei der verzögerten Freisetzung andere, bzw. stehen in deutlich anderem Verhältnis. Das ist eine Besonderheit dieses Medikaments (bzw. einiger anderer fettlöslicher Substanzen ebenfalls), bei Steroiden z.B.  ist das so nicht möglich. Epo lässt sich ebenfalls schon nach kurzer Zeit nicht mehr nachweisen, ABER es verändert das Blutbild längerfristig > das führt oder kann dazu führen das es dann zu den berüchtigten "Unregelmäßigkeiten im Blutpass" kommt. Dieser indirekte Nachweis ist noch nicht völli gesichert, einige Erkrankungen können hier ebenfalls für Auffälligkeiten sorgen, zwei Auffälligkeiten sind dann aber schon wieder recht eindeutig - das gilt es dann zu manifestieren. (Frau Pechstein sucht noch "die Lücke"… theoretisch gibt es sie, praktisch dürfte es aber in ihrem Fall dann nicht zu Schwankungen / Abweichungen kommen - die Werte kenne ich aber nicht)

Einwerfen geht schnell (Meldonium muss nicht einmal gespritzt werden, gibt es auch als Tablette), der Nachweis dauert bei einigen Medis länger, bei Meldonium aber nicht. Schnelle Erfolgserlebnisse für die Fahnder eben.

In Kenia gibt es z.B. das Problem, dass Blutproben innerhalb von 36 Stunden unter ständiger Kühlkette genommen, transporttiert und analysiert werden müssen… in einem Land wo selbst kurze Strecken ein Abenteuer sind, Strom nicht immer und überall läuft und es selbst in den großen Krankenhäuser an dem Notwendigsten fehlt. Dopingproben stehen in der Prioritätenliste ganz sicher nicht oben - leider. Die WADA müsste am besten ein Labor in Nähe der großen Trainingszentren in der Höhe finanzieren Wink (wer's glaubt…)
Soweit ich mich jetzt informiert habe, werden die Metoboliten nicht gesucht im diesen Fall, weil diese auch legal in den Körper gelangen können. Gesucht wird das Präparat. Quelle (Görgens C. et al. Mildronate (Meldonium) in professional sports–monitoring doping control urine samples using hydrophilic interaction liquid chromatography–high resolution/high accuracy mass spectrometry //Drug testing and analysis. – 2015. – Т. 7. – №. 11-12. – С. 973-979.)

Das heisst das Meldonium höstens 2 Monate lang nachweissbar sein soll.
Keiner weiss genau (weil keine Forschungen vorliegen)
Auch das Meldonium sich im Fettgewebe deponieren kann ist auch eine Hypothese, die für Spezialisten nur logisch erscheint.

Fakten im diesen Fall gibt es keine.

Was aber auf jeden Fall eine Diskussion Wert ist, ist das die Nationalen Manschaften solche Arzneimittel den Athleten vergeben ohne ärzliche Begleitung, als wären es Bonbons. Mildronat ist ja das eine... da bekommen wir noch zich andere Medikamente über die Wirkung sich alle nur was fantasieren können.

Ich habe diese Diskussion gestartet und schon einen Anruf von oben erhalten und deswegen gleich noch ein Interview gegeben  Big Grin

PS: Ah ja... am 25ten hatte ich eine Kontrolle von der IAAF. Die erste seit August...


RE: Positive Meldonium-Fälle - Kavaliersdelikt oder schweres Vergehen? - Atanvarno - 06.04.2016

Prof. Roger Pielke Jr. nimmt die "Meldonium-Krise" zum Anlass in einem Gastbeitrag für Newsweek einen kritischen Blick auf den Prozess der Aufnahme von Mitteln in die Verbotsliste der WADA zu werfen

Folgende Punkte sieht er kritisch

- die WADA muss nicht öffentlich begründen, warum eine Substanz auf der Verbotsliste ist
- die Kriterien für die Aufnahme sind (2 von 3 müssen erfüllt sein)
                     - die Substanz ist potentiell gesundheitsschädlich
                     - die Substanz ist potentiell leistungssteigernd
                     - die Substanz wird als dem Geist des Sports widersprechend wahrgenommen
- für die Erfüllung der Kritierien muss kein hiebfester wissenschaftlicher Beweis vorliegen, Zitat Arne Ljungquist: "Aufnahme nach Bauchgefühl"
- WADA ist nicht verpflichtet eventuell vorliegende wissenschaftlich Beweise zu veröffentlichen
- Athleten haben in der WADA nichts zu sagen, obwohl sie die Hauptbetroffenen von WADA Entscheidungen sind
- Interessenkonflikt der WADA: eine längere Verbotsliste erfordert mehr Anstrengungen im Anti-Doping-Kampf -> die WADA verschafft sich selbst mehr Arbeit, wünschenswert wäre aber eine unabhängige Überprüfung der Aufnahme neuer Substanzen

Pielke schlägt vor, dass unabhängige Experten und die Athleten selbst darüber entscheiden, welche Mittel auf die Verbotsliste kommen.

Ross Tucker hält auf Twitter dagegen
- es ist extrem schwierig "gesundheitsschädlich" und/oder "leistungssteigernd" zu beweisen (neben den ethischen Problemen, die es bei der Durchführung entsprechender Studien gäbe)
- hätte man "belastbarer wissenschaftlicher Beweis" als Kriterium, würden so gut wie keine neuen Mittel mehr auf die Liste kommen (Beispiel: gemessen an den Kriterien, die der CAS in anderen Fällen (Hyperandrogenismus), für den Beweis der Leistungssteigerung gestellt hat, wäre selbst EPO in korrekter Dosierung nicht leistungssteigernd)
- er konzediert, dass die Liste bereinigt und vereinfacht werden sollte, aber letztlich bleibt immer ein "willkürlicher" Entscheidungsspielraum, es sei denn die WADA investiert Millionen in wissenschaftlich Studien für den Leistungsnachweis und hofft, dass die Studien vor Gericht auch akzeptiert werden.


RE: Positive Meldonium-Fälle - Kavaliersdelikt oder schweres Vergehen? - alist - 07.04.2016

So wie es scheint, hat halb Russland sich mit Meldonium vollgestopft...

Zitat:(Reuters) - Several hundred Russian sportspeople used to take meldonium when it was not banned, and Russian anti-doping services know who can be tested for the banned substance, Interfax news agency on Thursday quoted Russian Sports Minister Vitaly Mutko as saying. Up to 30 percent of all Russian sports teams had used meldonium in the past, Mutko said.
Quelle

Der Biathlon-Weltverband sperrt seine Athleten erstmal nicht, sondern wartet weitere Untersuchungen ab.... Auch eine Art, ein Problem auszusitzen. Die weiteren Headlines vom Donnerstag:

Kurz vor U18-WM: Großteil des russischen Eishockey-Teams wohl positiv getestet
http://deadspin.com/reports-entire-russian-u18-hockey-team-replaced-before-1769366600

Südkoreas Schwimmstar Park wegen Dopings wohl ohne Olympia-Chance
http://www.bbc.com/news/world-asia-30996099


RE: Positive Meldonium-Fälle - Kavaliersdelikt oder schweres Vergehen? - Atanvarno - 07.04.2016

(07.04.2016, 12:44)alist schrieb: Der Biathlon-Weltverband sperrt seine Athleten erstmal nicht, sondern wartet weitere Untersuchungen ab.... Auch eine Art, ein Problem auszusitzen.

Das hört sich bei dir so negativ an, wenn ich aber das hier lese

FAZ schrieb:Die IBU will das Ergebnis einer Studie der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada abwarten, die klären soll, wie lange der Abbau des Herzmedikamentes dauert. Das Ergebnis der Studie wird spätestens im September erwartet.

finde ich die Entscheidung durchaus verständlich.
Wieso gibt es diese Untersuchung erst jetzt? Hätte sich die WADA darüber nicht Gedanken machen müssen, bevor man Meldonium auf die Liste setzt?
Was ist, wenn sich tatsächlich herausstellt, dass der Abbau zwei Monate dauert? Die im Januar und Februar gesperrten Athleten könnten berechtigterweise auf Schadenersatz klagen.

---edit
Zitat:“We’d expect [Meldonium] to be out of the system within a few days of it being stopped, but there’s a possibility that some drugs do accumulate over long-term use and take a lot longer to come out,” he said.

“It’s a hole in the research.”
Quelle

Und nochmal zur Frage, ob Meldonium auf die Liste der verbotenen Substanzen gehört

Experts say there's little evidence meldonium enhances performance

Die Entscheidung Meldonium auf die Liste zu setzen wurde nicht getroffen, weil es Beweise gab, dass das Mittel leistungsteigernd wirkt, sondern weil es in vielen Proben gefunden wurde.
Nicht berücksichtigt wurde dabei meiner Meinung nach, dass Meldonium in Russland explizit als Mittel für Sportler zum Schutz des Herzens im Fall hoher physischer Anstrengung vermarktet wurde. Im Sinne der Sportler kann man argumentieren, dass das Mittel zu therapeutischen Zwecken eingesetzt wurde, die WADA aber unterstellt eine Einnahme zur Leistungssteigerung, nur weil es von vielen Sportler eingenommen wurde.

Wie lor-olli oben schon schrieb: Meldonium beschert der WADA schnelle Erfolgserlebnisse und lenkt vom Versagen bei den wirklich wirksamen Mitteln ab. Ergänzend von mir: eine PR-Aktion auf dem Rücken der Sportler.


RE: Positive Meldonium-Fälle - Kavaliersdelikt oder schweres Vergehen? - Sergej Litvinov - 13.04.2016

"WADA says less than 1 mcg of meldonium in doping test before March 1 is acceptable"

http://tass.ru/en/sport/869237


RE: Positive Meldonium-Fälle - Kavaliersdelikt oder schweres Vergehen? - Atanvarno - 13.04.2016

Da bleibt als Fazit der ganzen Aktion eigentlich nur: Was für ein Schildbürgerstreich!

Falls Sharapova auch unter einem Mikrogramm lag, dürfte (berechtigterweise) eine saftige Schadenersatzklage schon in Arbeit sein.


RE: Positive Meldonium-Fälle - Kavaliersdelikt oder schweres Vergehen? - Sergej Litvinov - 13.04.2016

(13.04.2016, 10:02)Atanvarno schrieb: Da bleibt als Fazit der ganzen Aktion eigentlich nur: Was für ein Schildbürgerstreich!

Falls Sharapova auch unter einem Mikrogramm lag, dürfte (berechtigterweise) eine saftige Schadenersatzklage schon in Arbeit sein.

Sie hat zugegeben das sie in Januar Meldonium genommen hat. Sie wird wohl ihre Straffe bekommen.


RE: Positive Meldonium-Fälle - Kavaliersdelikt oder schweres Vergehen? - lor-olli - 13.04.2016

Was auch immer letztlich die Ursache für den Wada-Rückzieher ist
( z.B. >http://www.n-tv.de/sport/Wada-lockert-Regularien-bei-Meldonium-article17459171.html),
ein paar Fakten bleiben:
- Die WADA hat ihre Glaubwürdigkeit selbst beschädigt
- Wenn der Nachweis nicht zweifelsfrei auch im Abbaufverhalten des Körpers bestätigt werden kann wurde hier "geschlampt"
- Selbst wenn alle Punkte dem russischen Verband Recht geben, behält die Art und Weise wie das Verbot gehandhabt und nun nicht mehr gehandhabt wird ein "Geschmäckle"
- Das die Substanz bei einem gesunden Sportler eigentlich nichts zu suchen hat bleibt aber wohl unbenommen.

Naja, wir haben sicher noch nicht das Ende gehört…


RE: Positive Meldonium-Fälle - Kavaliersdelikt oder schweres Vergehen? - Astra - 13.04.2016

Ich glaube eher, dass die WADA da vor den Russen eingeknickt ist. Da waren so viele bekannte Sportler, die positiv getestet wurden. Da hatten sie plötzlich Angst bekommen.
MMn ist es unverantwortlich ein Herzmedikament wie Bonbons zu nehmen. Ich frage mich, ob es eigentlich Untersuchungen von Spätfolgen z.B. durch Gewöhnung an solche Mittel gegeben hat. Aber es ist ja wie mit den Drogen, wenn man daran angepasst ist, dann kann man die Pillen immer weiter verkaufen.....