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Normale Version: Übergang deutscher Nachwuchsleichtathleten in die Weltspitze
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Wir haben wie erhofft aus deutscher Sicht eine extrem gute EM erlebt. 23 Medaillen, davon 8 goldene, sind großartig - und dabei haben noch längst nicht alle möglichen Trümpfe gestochen. Krass auch der Abstand zu anderen großen europäischen Nationen: Großbritannien nur 10 Medaillen, Italien 7, Frankreich 7, Polen 5, Spanien 2. Von der Medaillenbilanz ist das die erfolgreichste U20-EM seit 2009 (2011 gab es auch 23 Mediallen, aber etwas ungünstiger verteilt).

Viel wichtiger sind natürlich die Einzelergebnisse. Wer auch Hoffnungen auf wenigstens EM-Medaillen im Seniorenbereich macht schaue ich mir in den nächsten Tagen mal an, um dann in ein paar Jahren auf meine gewagte Prognose zurückblicken zu können.
Falls du's rauskriegen kannst schreib bei deiner Analyse der zukünftigen Medaillenkandidaten die aktuellen Trainer dazu, das könnte ein interessanter Referenzpunkt für den späteren Rücklick werden.
Der DLV feiert sich wieder selbst: "„Wir haben Historisches geleistet.“ Zusammen mit der U23, die die schlechteste EM aller Zeiten abgeliefert hatte, sollen die aktuellen U20 Athleten die für 2028 versprochene Rückkehr in die Weltklasse garantieren. Dann überprüfen wir diese These doch mal.

Bei der U20-EM 2017 gab es 13 DLV-Medaillen, hier die Namen: 4x1 Staffel M (Milo Skupin-Alfa, Thomas Barthel, Jonathan Petzke Emanuel Stubican), Bo Kanda Lita Baehre, Niklas Kaul, Keshia Kwadwo, Sophia Junk, Katrin Fehm, Miriam Dattke, Lisa Oed, 4x1 Staffel W (Kwadwo, Junk, Fehm, Jennifer Montag), 4x4 Staffel W (Vanessa Aniteye, Meike Gerlach, Alica Schmidt, Corinna Schwab), Teresa Zurek, Tabea Christ, Julia Ritter.

Medaillenchance in Budapest hat von den genannten einer, Kaul, außerdem nominiert, Alica Schmidt.

Bei der U20-WM 2018 gab es vier Medaillen, Maurice Voigt und Lea-Jasmin Riecke, dazu zwei 4x1 Staffeln.

Medaillenchance dieser Athleten in Budapest, keine, ein Starter Lucas Ansah-Peprah.

Bei der U20-EM 2019 gab es acht Medaillen: Elias Goer, Elias Schreml, 4x1 M, Paula Schneiders, Josina Papenfuß, 4x1 W, Samantha Borutta, Julia Ulbricht.

Medaillenchance in Budapest, keine, ein Starter Lucas Ansah-Peprah.

Das Sind drei internationale U20-Meisterschaften vor 4-6 Jahren mit insgesamt 25 deutschen Medaillen. In die Weltklasse geschafft haben es Kaul und Lita Baehre. Mir geht es um eine realistische Einschätzung der sehr guten Ergebnisse aus Jerusalem, dem Trend nach sehen mehr als 90% der Medaillengewinner nie eine Weltmeisterschaft oder Olympische Spiele.
(11.08.2023, 17:02)frbcrane2 schrieb: [ -> ]Bei der U20-EM 2017 gab es 13 DLV-Medaillen, hier die Namen: 4x1 Staffel M (Milo Skupin-Alfa, Thomas Barthel, Jonathan Petzke Emanuel Stubican), Bo Kanda Lita Baehre, Niklas Kaul, Keshia Kwadwo, Sophia Junk, Katrin Fehm, Miriam Dattke, Lisa Oed, 4x1 Staffel W (Kwadwo, Junk, Fehm, Jennifer Montag), 4x4 Staffel W (Vanessa Aniteye, Meike Gerlach, Alica Schmidt, Corinna Schwab), Teresa Zurek, Tabea Christ, Julia Ritter.

Medaillenchance in Budapest hat von den genannten einer, Kaul, außerdem nominiert, Alica Schmidt.
Bo Kanda Lita Baehre hat definitiv mit einer Bestleistung von 5,90m den Durchspruch bei den Erwachsenen geschafft und er hätte gesund zu den erweiterten Medaillenkandidaten gezählt. Seine Verletzung fällt bei mir unter der Kategorie Unfall. Dattke hätte im Marathon starten können, wenn sie es gewollt hätte und hat letztes Jahr bei der EM ein Medaille nur knapp verfehlt. Julia Ritter geht in Budabest an den Start.

Bei Keshia Kwadwo, Sophia Junk und Jennifer Montag hätte ich eine andere Entwicklung erwartet. Vielleicht schaffen sie noch den Durchbruch.
Vor der EM wurde hier im Forum Kritik am DLV geäußert, dass der durch sein auf den Platzierungen bei Juniorengala und DM basierendes Nominierungssystem eine Leistungssteuerung auf den Saisonhöhepunkt erschwert hätte. Vor dem Hintergrund und mit generellem Blick auf die Saisonaufbau und Wettkampfhärte der Deutschen lohnt sich ein Vergleich der Endergebnisse mit der Platzierung in der Meldeliste.

Prinzip: Wer seine Platzierung in der Meldeliste nennenswert übertraf, wird von mir ebenso positiv bewertet wie jemand, der wie Ndubuisi seinen Platz 1 bestätigt hat, dabei aber eine Bestleistung aufgestellt hat. Wer mit in etwa der Vorleistung Platz 1 bestätigt hat, steckt nur in der Schublade "Erwartungen erfüllt".

Männer

- 12 Ergebnisse über den Erwartungen
- 22 Ergebnisse im Rahmen der Erwartungen
- 9 Ergebnisse unter den Erwartungen

Frauen

- 21 Ergebnisse über den Erwartungen
- 18 Ergebnisse im Rahmen der Erwartungen
- 13 Ergebnisse unter den Erwartungen

Mein Fazit daraus ist, dass die Mehrzahl gut vorbereitet war und abgeliefert hat. Das Nominierungssystem zeigt keinerlei negativen Einfluss. Wie schon in der Medaillenverteilung zeigt sich auch hier die bessere Leistung der Frauen (was aber ein Allgemeinplatz ist, dass ist wirklich bei jedem denkbaren Bewertungskriterium der deutschen Leichtathletik so).
Mich würde aber mal interessieren, ob ein Unterschied erkennbar ist, ob Leute ihr Ticket in Mannheim oder bei der DM geholt haben und wer besser war.
(11.08.2023, 17:02)frbcrane2 schrieb: [ -> ]...
Das Sind drei internationale U20-Meisterschaften vor 4-6 Jahren mit insgesamt 25 deutschen Medaillen. In die Weltklasse geschafft haben es Kaul und Lita Baehre. Mir geht es um eine realistische Einschätzung der sehr guten Ergebnisse aus Jerusalem, dem Trend nach sehen mehr als 90% der Medaillengewinner nie eine Weltmeisterschaft oder Olympische Spiele.
Das ist eine super Arbeit, die da unser @frbcrane2 gemacht hat- Respekt der Recherche !
Es zeigt die wesentliche Schwäche im System gnadenlos auf: Übergang von der Jugend in die Weltklasse.

Warum gelingt das in Deutschland nur bedingt ? Festzusellen, von mir ist:
1. unsere Jugend ist überproportional erfolgreich.
Hier steht in meinen Augen ein direkter Zusammenhang mit den Sportschulen und gut organisierten Leistungsport/ Vereinssport in der Jugend (klar besser geht immer). Aber auch ein kritsch zu Hinterfragendes "System Age-Pushing".
2. Es gibt nach der Schule noch zu wenige leistungssportgerechte Modelle, egal ob Ausbildung oder Studium. Die qualität und quanität kann von der Jugend nicht weitergeführt, geschweige gesteigert werden.  
3. Die überwiegende Mehrheit der WM & OL Finals (Top 8/12) ist von Profis und staatl. Förderstellen besetzt.
4. Alle relevanten Nationen haben in irgendeiner Form "Nachwuchs & Elite Modelle" und die dafür nötigen Voraussetzungen. 
In viele Nationen ist Sport ein Idenditätsmerkmal, und wird staatlich (vergl. BIP) auch so gefördert, oft mit eigenem Ministerium.  
5. Es gibt in Deutschland derzeit zu wenige (Schnittstellen)Trainer, welche nachweislich von der Jugend in die Elite entwickelt haben.
6. Deutschland kann sich keine Trainer & Know-How Abwanderung mehr leisten, und muss besser mit den Unis arbeiten! 
7. Deutschland muss um erfolgreich zu sein, erheblich vor allen in die Strukturen um die Athleten Investieren! Die "Hardware" an vielen Zentren und Stützpunkten ist ausgezeichnet, aber wie & wer kann damit umgehen ("Software"). 

LG 
Admins event. neuer Tread ??

Edit Mod: Abgetrennt aus U20-EM 2023 (Tag 4) - Jerusalem, 10.08.2023
Ich hatte schon mehrfach hier den Sportminister für die Bereiche Schulsport, Firmensport, Leistungssport, Gesundheitssport ... gefordert. Der "Appendix" beim Innenministerium ist einfach nicht mehr zeitgemäß.

Das Modell der vertikalen Trainerstruktur sollte mehr gefördert werden, wenn denn diese Toptrainer über ein sehr gutes Know How verfügen. Wink

Gertrud
Nachfolgend meine subjektive Einschätzung, wem aus dem DLV-Kader der U20-EM in Jerusalem ich zutraue, perspektivisch mindestens Medaillenchancen im europäischen Vergleich der Erwachsenen zu haben. Das ist natürlich reines Stochern im Nebel, aber für mich trotzdem reizvoll. Vielen anderen als den nachfolgend Genannten traue ich auf jeden Fall gute Karrieren und internationale Starts zu, aber der Weg in die internationalen Medaillenränge ist extrem schwierig. Die Zahl der Talente in diesen Jahrgängen ist jedenfalls erfreulich.

Männer

- Amadeus Gräber (Zehnkampf): U20-Weltjahresbestleistung und Bestleistungen in fast allen Disziplinen im wichtigsten Saisonwettkampf. Mehr braucht man nicht schreiben.

- Max Dehning (Speerwurf): Er ist mit 18 Jahren schon 60. der Weltrangliste, und die EM-Medaillen werden nur ein paar Meter weiter vergeben.

Frauen

- Nina Ndubuisi (Kugelstoßen): Sie hat mit der Weite in Jerusalem überdeutlich gemacht, dass sie kurz vorm Durchbruch in die europäische Spitze steht.

- Johanna Göring (Hochsprung) macht aktuell eine Seitwärtsentwicklung durch, die nahezu unvermeidlich für junge Sportler ist, aber da wird der Knoten bald platzen. Es fehlt jetzt schon nicht mehr viel, um bei den EM-Medaillen mitreden zu können.

- Rosina Schneider (100 Meter Hürden) hat mich mit ihrer Zeit und ihren Steigerungen begeistert, da dürfte auch technisch noch einiges zu verbessern sein.


Ich hätte gerne noch mehr genannt, so viele potentielle Medaillengewinner kamen mir aber völlig unrealistisch vor:

- Bei Tabea Eitel und Laura Raquel Müller (Weitsprung) habe ich am längsten überlegt, aber im Weitsprung tut sich weltweit aktuell zu viel.

- Curly Brown und Milina Wepiwé müssen noch zehn Meter weiter werfen, das ist noch ein weiter Weg (aber machbar).

- Nova Kienast (Hammerwurf) ist ein Riesen-Talent, aber noch zu jung für Prognosen. Das gilt auch für Jana Becker (800 Meter).

- Adia Budde (3000 Meter Hindernis) könnte in der deutschen Vorzeigedisziplin nachrücken, aber noch fehlt mir der ganz große Knall, um wirklich überzeugt zu sein.

- Chelsea Kadiri (100 Meter) nenne ich deswegen nicht, weil die Entwicklung von viel zu vielen deutschen Sprinttalenten in der Vergangenheit einfach abgerissen ist.

- Hendrik Müller (Stabhochsprung): 5,50 Meter mit 18 Jahren sind sehr vielversprechend. Auch das Grundniveau mit etlichen Sprüngen über 5,30 Meter stimmt. Die Medaillen werden aber noch mal auf einem sehr viel höheren Niveau vergeben.

- Lasse Schmitt und Owe Fischer-Breiholz (400 Meter Hürden) hätten mit ihren jetzt schon starken Zeiten Potential. Allerdings sind die großen Drei (Abuaku, Preis, Agyekum) auch noch recht jung und werden die deutschen Startplätze nicht herschenken.
(12.08.2023, 17:03)Gertrud schrieb: [ -> ]Ich hatte schon mehrfach hier den Sportminister für die Bereiche Schulsport, Firmensport, Leistungssport, Gesundheitssport ... gefordert. Der "Appendix" beim Innenministerium ist einfach nicht mehr zeitgemäß.

Man sollte es dem Familienministerium unterstellen, denn der Breitensport gehört mit der Familie in Einklag gebracht. Zudem könnte man dann beim Innenministerium anfragen, warum Sicherheitseinsätze bei Hochrisikosportveranstaltungen von den Steuerzahlern und nicht den verursachenden Vereinen zu begleichen wären und diese vielen Millionen Euro die man an Steuergeldern sparen würde, könnten wiederum auf die Sportarten verteilt werden, die sie wirklich nötig haben.
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