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Normale Version: Abwanderung junger Trainer aus der Leichtathletik
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Was läuft da schief? Mir fällt auf, dass sich immer wieder junge Trainer von der Leichtathletik abwenden, weil sie woanders sichere Arbeitsstellen den "Schleudersitzen" vorziehen?

Markus Irrgang, Sebastian Weiß, Timo Krampen (rückfällig bei Lewandowski als Hobby?) und Peter Schnabel...

Gertrud
(27.06.2023, 08:46)Gertrud schrieb: [ -> ]Was läuft da schief? Mir fällt auf, dass sich immer wieder junge Trainer von der Leichtathletik abwenden, weil sie woanders sichere Arbeitsstellen den "Schleudersitzen" vorziehen?

Markus Irrgang, Sebastian Weiß, Timo Krampen (rückfällig bei Lewandowski als Hobby?) und Peter Schnabel...

Gertrud
Man kann sich auch fragen warum in den letzten 3-2 Jahren so viele, in meinen Augen gute Trainer der LA den Rücken gekehrt, oder in Ausland abgewandert sind! 
- fehlender Respekt und Wertschätzung der Arbeit gegenüber 
- schlechte Arbeitsverträge, und keine Anerkennung des "Berufes Trainer" 
- fehlende Enscheidungsgewalt in wichtigen Prozessen
Die meisten Gründe wurden hier bereits genannt. Streng befristete Verträge und zu viel Arbeitslast abseits des eigentlichen Trainer-Seins (Exceltabellen lassen Grüßen) sind sicher ein Grund. Hinzu kommt die Tatsache, dass Trainerstellen, die eine berufliche Perspektive bieten dort angesiedelt werden, wo es den Verbänden recht ist. Trainerinnen und Trainer sollen dann, um für den DLV zu arbeiten quer durch Deutschland umziehen, ihre bisherigen Athleten zurücklassen (oder am besten mitnehmen). Das sind aber Entscheidungen die auch von familiären Verbindungen mit bestimmt werden. Nicht selten hat man auch erlebt, dass umgepflanzte Bäume an anderen Standorten eben nicht funktioniert haben. Will heißen: So eine Überlegung trifft keiner leichtfertig.

Ich denke noch viel wichtiger ist aber die Frage wie mit Trainern umgegangen wird, die irgendwo zwischen Hauptamtlicher Position und Ehrenamt aktiv sind, also diejenigen, die sich sehr stark engagieren, teils auch hochqualifiziert sind, aber nicht in einer offiziellen Funktion oder nur in einer ohne finanzielle Gegenleistung. Hier wird in meinen Augen insbesondere den jungen Trainern ganz viel Honig ums Maul geschmiert von wegen "sie seien die Zukunft" etc. dann aber gleichzeitig ganz oft die Tür vor der Nase zugeschlagen, wenn andere (gleich oder schlechter engagiert/qualifizierte) an ihrer Stelle Zugang zu Positionen (über Kontakte?), Netzwerktreffen, oder schlichtweg Informationen erhalten. Sowas sorgt bei vielen einfach für Frust sodass sie irgendwann sagen: Okay, ich arbeite noch in dem Rahmen, auf den ich Lust habe, aber nicht mehr in einen Umfang der dem Anspruch "Leistungssport" gerecht wird.

Das Gleiche erlebt man sogar eine Etage niedriger, bei jungen C-Trainern, die für Jungtrainer-Programme begeistert werden, dort viel positives hören und motiviert werden und dann im Nachgang zum Beispiel mal ganz konkret ein Empfehlungsschreiben von DLV, LV oder so brauchen für ein FSJ im Sport und keine Antwort mehr erhalten.
Letztlich ist alles eine Frage des Geldes. Die Leichtathletik ist nicht Fussball, und so viele anständig, angemessen bezahlte Trainierstellen gibt es nicht, auf denen man bis zur Pension gut bleiben könnte. 
Zumindest in der Schweiz haben viele da und dort ein kleines Pensum, und darüber hinaus wird viel Ehrenamt erwartet.
(30.06.2023, 10:48)krebsan schrieb: [ -> ]Letztlich ist alles eine Frage des Geldes. Die Leichtathletik ist nicht Fussball, und so viele anständig, angemessen bezahlte Trainierstellen gibt es nicht, auf denen man bis zur Pension gut bleiben könnte. 
Zumindest in der Schweiz haben viele da und dort ein kleines Pensum, und darüber hinaus wird viel Ehrenamt erwartet.

Die Kombination Ehrenamt-Hauptamt bietet jedenfalls großes Konfliktpotential. Anders als in klassischen Jobs, in denen man sich in der Regel über Ausbildung, Praktika und dann halt Einstiegsjobs "empfiehlt" ist es beim Trainersein so, dass sich Trainer in aller Regel (wenn sie nicht als Ex-Athleten einen erleichterten Zugang finden) über vorherige ehrenamtliche Tätigkeit "empfehlen" müssen und dort bereits am besten Erfolge vorweisen sollen. Je nachdem, mit welchen Personen man im Hauptamt zu tun hat in dieser Zeit, kann es sein, dass vorher schon wie im Titel genannt "junge Trainer abwandern aus der Leichtathletik", weil sie genervt davon sind, dass sie unbezahlt die Arbeit machen, die andere bezahlt machen und dann worst-case noch von oben herab behandelt werden oder Steine in den Weg gelegt bekommen. Wie gesagt: Das ist der worst-case, der aber nicht zu selten ist. Der best-case ist hoher Respekt und eine ausgereichte Hand, die hilft, zusätzliche hauptamtliche Strukturen zu schaffen.
Ich habe den Eindruck, der best-case wird zuletzt seltener, weil zunehmend Angst und ein Wettstreit um knappe Ressourcen besteht (in der Leichtathletik, aber auch im olympischen Sport generell)
Vitamin B und der richtige Verein. Und selbst dann sind die Chancen gering weil die AthletInnen in der Regel direkt wegkanalisiert werden.
(30.06.2023, 11:16)Reichtathletik schrieb: [ -> ]
(30.06.2023, 10:48)krebsan schrieb: [ -> ]Letztlich ist alles eine Frage des Geldes. Die Leichtathletik ist nicht Fussball, und so viele anständig, angemessen bezahlte Trainierstellen gibt es nicht, auf denen man bis zur Pension gut bleiben könnte. 
Zumindest in der Schweiz haben viele da und dort ein kleines Pensum, und darüber hinaus wird viel Ehrenamt erwartet.

Die Kombination Ehrenamt-Hauptamt bietet jedenfalls großes Konfliktpotential. Anders als in klassischen Jobs, in denen man sich in der Regel über Ausbildung, Praktika und dann halt Einstiegsjobs "empfiehlt" ist es beim Trainersein so, dass sich Trainer in aller Regel (wenn sie nicht als Ex-Athleten einen erleichterten Zugang finden) über vorherige ehrenamtliche Tätigkeit "empfehlen" müssen und dort bereits am besten Erfolge vorweisen sollen. Je nachdem, mit welchen Personen man im Hauptamt zu tun hat in dieser Zeit, kann es sein, dass vorher schon wie im Titel genannt "junge Trainer abwandern aus der Leichtathletik", weil sie genervt davon sind, dass sie unbezahlt die Arbeit machen, die andere bezahlt machen und dann worst-case noch von oben herab behandelt werden oder Steine in den Weg gelegt bekommen. Wie gesagt: Das ist der worst-case, der aber nicht zu selten ist. Der best-case ist hoher Respekt und eine ausgereichte Hand, die hilft, zusätzliche hauptamtliche Strukturen zu schaffen.
Ich habe den Eindruck, der best-case wird zuletzt seltener, weil zunehmend Angst und ein Wettstreit um knappe Ressourcen besteht (in der Leichtathletik, aber auch im olympischen Sport generell)
Ehrenamtlich hat ja auch Vorteile. Man hat viel mehr Gestaltungsfreiraum. Man wird verdankt, statt entlöhnt. Für mich stellt sich viel mehr die Frage, ob diese angestellten Trainer wirklich attraktive Anstellungsbedingungen (Work-/Live-Balance, Lohn, Jobsicherheit) vorfinden. Da habe ich mit Blick auf die Situation in der Schweiz meine Zweifel, bzw. das sind dann nur wenige Spitzensport-Trainer.
(30.06.2023, 13:35)krebsan schrieb: [ -> ]
(30.06.2023, 11:16)R schrieb: [ -> ]
Ehrenamtlich hat ja auch Vorteile. Man hat viel mehr Gestaltungsfreiraum. Man wird verdankt, statt entlöhnt. Für mich stellt sich viel mehr die Frage, ob diese angestellten Trainer wirklich attraktive Anstellungsbedingungen (Work-/Live-Balance, Lohn, Jobsicherheit) vorfinden. Da habe ich mit Blick auf die Situation in der Schweiz meine Zweifel, bzw. das sind dann nur wenige Spitzensport-Trainer.

Ich bin mal ketzerisch: Wenn Ehrenamtler den Trainer-Job nach/zusätzlich zu ihren Job machen kann die Work-Life-Balance ja nicht besser sein.
Zwischendurch gibt es aber auch in der Schweiz mal Fortschritte. Die Trainerin von Audrey Werro
Christiane Berset-Nuoffer hatte Anfangs 2020 nur eine „einfache“ Trainerausbildung. (Die Schwester von einem Bundesrat übrigens).
Ab 2020 hat der Schweizer Verband mitgeholfen, dass Berset-Nuoffer eine Elitesport Trainer Ausbildung erhält. Die hat Sie mittlerweile abgeschlossen. Beruflich hat Sie schon vor Jahren ein Studium erfolgreich absolviert.
Ich glaube ein Kernunterschied zwischen der Schweiz und Deutschland ist die Größe. Ohne mich in der Schweiz auszukennen würde ich vermuten, dass es dort nicht so bedeutend ist "wo" ein Trainer tätig ist. In Deutschland wird von vielen (jungen) Trainern klar verlangt, an einen Bundesstützpunkt zu ziehen, wenn sie mal eine finanzierte Stelle haben wollen, statt andersherum sich darüber zu freuen, wenn an anderen Orten Leute sich engagieren und diese dort für die Sportart "erschließen".
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