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Normale Version: Warum ziehen Werfer Reißen dem Umsetzen vor?
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Warum ziehen Werfer Reißen dem Umsetzen vor, so sie denn gewichtheben?

Vom Bewegungsablauf kann ich im Bein- und Rumpfbereich nur den Unterschied erkennen, dass durch den breiteren Griff im Reißen der Rumpf weiter abgebeugt ist und dadurch eine größere Hüftbeugung entsteht, die dann bis zur Ganzkörperstreckung überwunden werden muss.

Geht es demnach um die Armtätigkeit? Man könnte doch auch Umsetzen und Ausstoßen oder Umsetzen und beliebige Armübungen - warum muss es ausgerechnet Reißen sein?

Letztendlich geht es ja um allgemeine Kraft, spezielle Kraft baut man durch das Werfen auf, weil keine Krafttrainingsübung so komplex ist.

Grüße
Ich weiss nicht, was 'die' Werfer heute alles so machen.
Das Reissen ist auch bei manchen Werfern nicht unproblematisch.
In jedem Fall sollte die Bewegung gut beherrscht werden,
vor allem ohne LWS-Lordose-Bewegung und ohne 'Nussknacker'-Wippen im Tiefpunkt.

Der Vorteil liegt vor allem in der relativ zielübungnahen, schnelleren Bewegung,
- wenn das Gewicht in einem Zug hochgebracht wird,
- und in den gestreckten Armen.

Die Armtätigkeit beim Umsetzen bringt oft nicht-zielübungsnahen Bizepseinsatz mit sich,
um die Hebeleistung zu erhöhen.
Das bringt m.E. aber keinen Effekt auf die Wurfleistung.
Es  kommt damit zwar länger Druck auf die unteren Antriebe,
aber das kann man auch mit anderen Übungsformen erreichen.
Aber was ist denn an der Armbewegung beim Reißen wurfspezifisch?

Hier nochmal ein Video in Superzeitlupe und HD: https://www.youtube.com/watch?v=hVTYRjSDyC4

Die Zugbewegung kann dem Hammerwurf ein Stück weit entsprechen, aber bei sauber ausgeführtem Umsetzen ist das auch der Fall. Du hast aber die schnellere Bewegung genannt.

Dem Kugelstoß, Speerwurf und Diskuswurf entspricht es aber nicht. Auch die Muskelgruppen sind andere: Hintere Schulter, Nacken beim Zug und Trizeps, Schulter beim Auffangen. Da kann man doch auch andere Übungen nutzen?
Natürlich muss man Wurfdisziplin-spezifisch vorgehen, ich hatte nur allgemeine Gesichtspunkte genannt.
Was den Hammerwurf angeht, muss viel in Richtung Maxkraft Bein- und Rückenstrecker gearbeitet werden.
Armzug- und Druck-Übungen können vernachlässigt werden.
Das Umsetzen hat den Nachteil, dass Armbeuge und Ellenbogen belastet werden
Der Hammer- und Diskuswerfer beschleunigt das Wurfgerät immer nur mit gestreckten Armen,
wobei der Diskuswerfer natürlich Brust und Rumpfvorderseite entwickeln muss.

Das Reissen ist für alle Wurfdisziplinen interessant, auch für Springer und Sprinter.
Aber wie gesagt: das Beherrschen einer sauberen, kontrollierten Technik ist ein Muss.

Das gesamte Werfer-Übungsrepertoire ist natürlich sehr umfangreich und auch individuell masszuschneidern.
Meine Denke ist: Maxkraft ist die Grundlage, aber Schnellkraft und Technik gewinnt.
Auch und vor allem beim Hammerwerfen.
Es gab/gibt Leute, die im Reissen 'nur' 110, 120 Kilo schaff(t)en, aber über 70 m erreich(t)en.
Ich könnte mir vorstellen, dass die "catch phase" eine gewisse Belastung für Ellbogen, schulter und handgelenk ist, das ist ja eine sache die Werfer garnicht gebrauchen können. Gerade Speerwerfer sind ja sehr empfindlich an der Ellbogeninnenseite.

Wobei es auch durchaus Meinungen gibt, dass Reißen auch nicht wirklich top ist, z.b Eric Cressey, der einer der Top Fitnesstrainer in den USA ist (trainiert vor allem Baseball pitcher)
http://ericcressey.com/why-baseball-play...ympic-lift
Glauben Sie mir, dass ich wirklich sehr tief in das gesamte Kraftthema eingetaucht bin. Ich sehe in der Hinsicht sogar im Topbereich in der Leichtathletik vorsintflutliche Übungen, von denen das Gros aber nicht abzubringen ist. Dieses Thema interessiert viele überhaupt nicht, weshalb ich mich auch auf Fortbildungen absolut nicht mehr beteilige. Ich arbeite im Stillen weiter und komme immer mehr zu ganz anderen Ergebnissen. Sogar die vielen Protagonistenverletzungen, die ich vielfach auf dieses Thema zurückführe, halten viele "Toptrainer" nicht von den Gewichtheberübungen ab. Was soll man sagen, wenn bei einigen ihre Knie-OP nachweislich anhand meiner Recherche auf entsprechende Knieübungen zurückzuführen sind und sie nach den OP dieselben Übungen durchführen? Clever ist man, wenn man Fehler nicht wiederholt.

Im Wurfbereich war es damals ein ungeschriebenes Gesetz, dass eine Frau nur 70m werfen kann, wenn sie mindestens 90kg reißen kann. Ich habe schon damals daran gezweifelt, weil ich keine große Schnittmenge zur LA sah. Das höchste Gut der Speerwerfer/innen sind Schulter, Ellbogen und LWS. 

Gertrud
Die Verabsolutierung von Transfers von Gewichtheberleistungen zum Werfen ist natürlich abwegig.
Fest steht für mich, dass Topleistungen im Hammerwerfen nur mit Gewichtsarbeit möglich sind.
Nur mit Werfen aller möglicher Gewichte und Drahtlängen  kommt man weit, aber nicht weit genug,
Beim Speerwerfen ist es eine sehr andere Sache, aber zum Speerwerfen äussere ich mich grundsätzlich nicht.

Was zum Beispiel das Reissen angeht, so wird ein 1,95 Mann mit langen Armen(vorteilhaft für Hammerwerfer)
nicht annähernd das schaffen, was ein um 15 cm 'Kürzerer' mit 'normaler' Armlänge erreichen kann.
Beim Werfen kann er aber die Nase (weit) vorn haben.

Kathrin Klaas schafft zum Beispiel 85(oder mittlerweile schon 90?) Kg im Reissen, wobei sie ganz runter geht.
Andere Topleute reissen im Stand 4er, 5er Serien mit hohen Lasten.
Ob das auf Dauer so ganz gesund ist, darf man anzweifeln.
Aber wo sind Alternativübungen, um gleiche oder bessere energetische Effekte zu erzielen?
(21.03.2016, 12:06)Gertrud schrieb: [ -> ]Glauben Sie mir, dass ich wirklich sehr tief in das gesamte Kraftthema eingetaucht bin. Ich sehe in der Hinsicht sogar im Topbereich in der Leichtathletik vorsintflutliche Übungen, von denen das Gros aber nicht abzubringen ist. Dieses Thema interessiert viele überhaupt nicht, weshalb ich mich auch auf Fortbildungen absolut nicht mehr beteilige. Ich arbeite im Stillen weiter und komme immer mehr zu ganz anderen Ergebnissen. Sogar die vielen Protagonistenverletzungen, die ich vielfach auf dieses Thema zurückführe, halten viele "Toptrainer" nicht von den Gewichtheberübungen ab. Was soll man sagen, wenn bei einigen ihre Knie-OP nachweislich anhand meiner Recherche auf entsprechende Knieübungen zurückzuführen sind und sie nach den OP dieselben Übungen durchführen? Clever ist man, wenn man Fehler nicht wiederholt.

Im Wurfbereich war es damals ein ungeschriebenes Gesetz, dass eine Frau nur 70m werfen kann, wenn sie mindestens 90kg reißen kann. Ich habe schon damals daran gezweifelt, weil ich keine große Schnittmenge zur LA sah. Das höchste Gut der Speerwerfer/innen sind Schulter, Ellbogen und LWS. 

Gertrud


Ich selber sehe die Übungen des Gewichthebens und Kraftdreikampfes auch nicht als nötige Übungen für die Leichtathletik. Ich wollte nur mal wissen, warum das Reißen dem Umsetzen bevorzugt wird, was die sagen, die davon überzeugt sind. Das hat MZPTLK ja gesagt, dass es die Ellbogen und Handgelenksbelastung ist, die das Umsetzen einfach unbequem macht. Allerdings können ja ach die Schultern vom (zu vielen) Reißen in Mitleidenschaft gezogen werden.

Die Frage ist eben - Muskelketten der Zieldisziplin auch im Krafttraining ansprechen? Oder reicht ein allgemeines Maximalrafttraining, da durch die Wurfübungen die Muskelketten ausreichend verschaltet werden?

Thomas Röhler hat ja auf einer Speerwurfkonferenz gesagt, dass er keine Pullovers und kein Bankdrücken, sondern turnerische Übungen an den Ringen, am Barren und am Boden oder Seilklettern sowie Medizinballübungen. Auch vom Crossfit lasse er sich inspirieren, macht Gewichtheben und sicher auch viele andere Krafttrainingsübungen für die Beine. Vielseitigkeit sei ja auch ein wichtiger Trainingsgrundsatz bei ihm, auf seiner Facebookseite finden sich Videos, wo er Hürden läuft und Hochsprung macht oder Vorübungen für den Dreisprung. Gertrud, Sie haben seine Athletik bewundert. Ist es vielleicht gar nicht nötig, im Maximalkrafttraining die Bewegungen der Zielbewegung zu integrieren? Im Gegensatz zu Tom Meier, der unter Petra Felke trainiert und sich bei der Jugend-DM in Jena seinen Angaben nach zum zweiten Mal das Kreuzband gerissen hat, scheint Thomas Röhler verletzungsfrei. Er ist ja z.B. auch überhaupt nicht aufgebulkt, sondern scheint eher im Schnellkraftbereich und vielleicht im IK-Bereich zu arbeiten.
Ich setze voraus, dass man mit den gewichtheberischen Übungen erst dann beginnt, wenn die Sportler
1. die entsprechende Beweglichkeit, Athletik und Stabilität haben
2. zusätzliche Energetik, falls die nicht oder schwieriger mit alternativen Mitteln zu erreichen ist, für ihre Ziele benötigen

Und dann gibt eben gar nicht so Wenige, die die Über-Hinterkopfarbeit beim Reissen nicht oder nur unter Schmerzen hinbekommen.
Dann sollte man es lassen, so einfach ist das.
Genauso ist es mit den Handgelenken bei der Kniebeuge vorn,
Manche haben nicht genug Beweglichkeit und Stabilität.
Dann nimmt man nicht die Hände, sondern nur die Daumen zur Stabilisation.

Wie gesagt, wenn die Übungen sauber durchgeführt werden - was leider auch bei Eliteathleten nicht immer der Fall ist -
sind die Übungen orthopädisch immer noch wesentlich unbedenklicher als zum Beispiel das Speerwerfen,
wo man nicht umhin kommt, vor allem  Fuss-, Knie-, Hüft-, WS-Gelenke plyometrischst zu belasten, wenn man weit werfen will.
Ich weiss, dass ich nu Haue kriege.
(21.03.2016, 21:48)MZPTLK schrieb: [ -> ]Wie gesagt, wenn die Übungen sauber durchgeführt werden - was leider auch bei Eliteathleten nicht immer der Fall ist -
sind die Übungen orthopädisch immer noch wesentlich unbedenklicher als zum Beispiel das Speerwerfen,
wo man nicht umhin kommt, vor allem  Fuss-, Knie-, Hüft-, WS-Gelenke plyometrischst zu belasten, wenn man weit werfen will.
Ich weiss, dass ich nu Haue kriege.

Korrekt formuliert handelt es sich um DVZ und nicht um den plyometrischen Bereich. Dieser Ausdruck wird hier fälschlich oft so gebraucht, obwohl er eigentlich nur eine Verlängerung bezeichnet. Der Begriff kommt wohl aus dem Griechischen und ist dann amerikanisiert worden.

Gertrud
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