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Wenn die Körpersysteme der Belastung nicht gewachsen sind! - Druckversion

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RE: Wenn die Körpersysteme der Belastung nicht gewachsen sind! - lor-olli - 26.03.2015

Zur Schwächung des Immunsystems:
Stress - also auch Leistungssport, insbesondere im Hochleistungbereich - provoziert Reaktionen > biochemisch (kurzfristig vernachlässigbar, aber es werden bei langfristigem Stress Glukokortikoide freigesetzt, die die Nebennieren "anheizen", worauf dann eine größere Zahl an ("steuernden") Hormonen freigesetzt werden - Fehlsteuerungen kennt man z.B. aus der Pubertät) und in Folge davon mittelbar physiologisch (Gewebeschädigungen u.a.) sowie psychisch. Gerade letzteres kann als Folge einen unerklärlichen Leistungknick bedeuten (der Körper wehrt sich gegen weiteren Stress), oder bei Belastung die nicht im kurzfristigen Maximalbereich liegt (intensivstes Ausdauertraining) mit Ermüdungsfrakturen, reversiblen Muskelschwund oder ähnlichem.
- Dies gilt für die Überbelastung, also jene die der Körper dann nicht mehr einfach aussteuern kann.

Das Schwierige bei der Diagnose ist, dass eine einmal angestoßene Fehlsteuerung, nicht so schnell in den Normalzustand zurückkehrt (ähnlich wie bei Süchtigen), denn der Körper passt sich schleichend an die veränderten Bedingungen an, sogar wenn dies schädlich ist. Dies ist z.B. auch ein Grund weswegen etwa Wachstumshormone, einmal verabreicht, eine langfristige Wirkung erzielen. Die Regelkreise sind obendrein noch untereinander reaktiv - sprich sie hängen eben nicht an einer 1:1 Beziehung zu einer bestimmten Belastung. (Hormonkaskade)

Dazu kommen noch einige Substanzen die sich bei längerer Höchstbelastung immer im Blut finden lassen, deren Wirkung und Auswirkungen aber bisher zum Teil nur ungenügend oder gar nicht geklärt sind. (Acetylcholin, Prolaktin und ca. 20 andere!))

Das "Runner's High", könnte z.B. auf die Rolle des Beta-Endorphins zurückzuführen sein (Endorphine können die Empfindungen verändern, Schmerzen unterdrücken, aber auch Glücksgefühle pushen). Jeder reagiert aber ein wenig anders auf "Drogen" auch auf die Körpereigenen, weswegen nicht jeder ein Runner's High kennt und nicht jeder wirklich abhängig wird. Ich habe bei einem Marathon mal ein solches "high" erlebt und die 42 km erscheinen mir so leicht, dass ich anschließend noch 6 km nach Haus gelaufen bin. Keine Schmerzen, keine (gefühlte) Ermüdung / Erschöpfung, trotzdem waren am nächsten Tag natürlich die kleinen Spannungen in der Muskulatur da (keine Verletzung). Ich wäre vermutlich noch viel länger und weiter gelaufen, wenn ich nicht schon zu Haus angekommen wäre Wink.


RE: Wenn die Körpersysteme der Belastung nicht gewachsen sind! - Gertrud - 27.03.2015

Drei Dinge gilt es im Hahner-Fall auch zu berücksichtigen:

1.      Dieselben Nerven sind zuständig für Schmerz- und Bewegungsempfinden (Stammhirn), so dass im Fall der Bewegung der Schmerz oft unterschwellig oder gar nicht verspürt wird und man damit Symptome nicht wahrnimmt. Genau aus diesem Grund schmerzt z. B. auf einmal die Schulter stark, wenn man zur Ruhe kommt und im Bett liegt. 

2.      Orthopädische Überbelastungen sind immer auch Fehlbelastungen, die durch Fehler im orthopädischen System entstehen. Da bringt dann auch ein Team vor Ort oft nicht viel, wenn man gewisse Parameter nicht kennt. Es müssen bestimmte Winkel erst einmal vor der Belastung in Ordnung gebracht werden. Verfügt man über derartige Kenntnisse nicht, kommt es zur Katastrophe. Wenn man vorrangig  nur die „Kilometerfresserei“ und die Zeiten auf dem Schirm hat, dann arbeiten die Strukturen fehlerhaft, der Unterschenkel wird in einem falschen Winkel und vor allem falschen Drehmomenten belastet. Deshalb halte ich so wenig von den vertikal aufgepfropften Teams. Hier gehören ganz starke Leute an die Front! Man muss sie nur kennen!!! Wink Ich selbst halte sehr viel von antizipiertem Verhalten und sehr wenig von der Reparaturmedizin, der Teams ohne vertiefte Kenntnisse immer zum Opfer fallen. Meine kritischen Worte bei Fortbildungen sind bisher im mangelhaften Umswitchen verhallt. Mein Nachteil ist es nicht, weil ich diese Art der Fortbildung selbst initiiere; aber der Großteil der Trainer/innen hinkt hinterher - daher diese gravierende Anzahl der harten orthopädischen Verletzungen gerade im Bereich der Protagonisten!!! Solange man meine kritischen Worte als vorrangige unberechtigte Kritik abtut, solange wird sich aber auch gar nichts ändern!!! Meine Forderung: sehr gute Leute an die Hebel der Macht zu lassen! Die Aussagen, dass die Hahnerzwillinge sehr verletzungsanfällig seien, sind mir zu wenig präzise. Vielleicht liegt der Fehler auch nur in der mangelnden Betrachtung ihrer sehr speziellen Strukturen, die einer sehr speziellen Behandlung bedürfen. Man muss seitens des Verbandes in medias res dieser Verbesserungen gehen. Man muss von einem Training der Materialprobe bei schwachen Strukturen abgehen und an die Ursachen und nicht nur Symptome gehen.

3.      Letztens habe ich noch einen Bericht über Histamin gelesen, wo man ganz stark zwischen der normalen körpereigenen Wirkungsweise und der Zuführung differenziert hat. Es muss ein himmelweiter Unterschied zwischen den zugeführten isolierten Substanzen und den in natürlichen Nahrungsmitteln gebundenen Substanzen in der Wirkungsweise sein. Natürliche Substanzen finden den körperlichen Ort der Notwendigkeit, künstlich zugeführte Substanzen wirken oft global, aber eben verschwindend gering am Ort des notwendigen Verbrauches.

4. Noch etwas stört mich ungemein. Wann immer man Berichte über Ermüdungsbrüche liest, sind diese mit Vorboten wie Schwellung und Schmerz behaftet. Man sollte diese ersten Anzeichen sehr stark beachten. Es gibt so gut wie keinen Körper ohne Schwachstellen.

Gertrud


RE: Wenn die Körpersysteme der Belastung nicht gewachsen sind! - Gertrud - 27.03.2015

Wenn man es nicht schafft, in den Gelenken Drehmomente zu erzeugen, geht die Belastung in benachbarte Gelenke und zwar ungebremst. Dann kommt es zu derartigen Auswirkungen. Daher bin ich so allergisch gegen dieses "Rudeltraining" und vorrangig vorgeschobene Teamwork, wo jeglicher Blick (falls vorhanden) auf das Individuum verlorengeht.

Gertrud 


RE: Wenn die Körpersysteme der Belastung nicht gewachsen sind! - W. Kronhard - 27.03.2015

(26.03.2015, 13:33)lor-olli schrieb:  Ich habe bei einem Marathon mal ein solches "high" erlebt und die 42 km erscheinen mir so leicht, dass ich anschließend noch 6 km nach Haus gelaufen bin. Keine Schmerzen, keine (gefühlte) Ermüdung / Erschöpfung, trotzdem waren am nächsten Tag natürlich die kleinen Spannungen in der Muskulatur da (keine Verletzung). Ich wäre vermutlich noch viel länger und weiter gelaufen, wenn ich nicht schon zu Haus angekommen wäre Wink.

Der Wolf in dir! 
Schwer zu wecken, nachher aber nicht vergessen wieder einzusperren.


RE: Wenn die Körpersysteme der Belastung nicht gewachsen sind! - beity - 28.03.2015

(26.03.2015, 12:19)T-Willy schrieb: ja,das meinte ich...wenn man öfter und /oder  länger im anaeroben Bereich arbeitet..



Ich halte das, was Vladimir sagt, global gesehen auch für richtig,auch wenn es im Detail gesehen
natürlich schon nicht ganz so einfach ist.
das mit dem skinny-fat finde ich interessant. Im Freizeitbereich gibt es da einige.
Aber wer von den Spitzenathleten im Langstreckenbereich ist denn skinny-fat? Kannst Du da namentlich welche nennen? 
Mir fehlt da gerade die bildliche Vorstellung.....

Mich würde, da das in der Diskussion öfters fällt, interessieren, was unter anaerober Bereich gemeint ist. aerobe Schwelle, anaerobe Schwelle, individuelle Schwelle, 4mmol-Schwelle? Belastungen im Bereich der VO2max?
Oder was ist mit Belastungen, wo ich bewusst mit leeren Glygogenspeicher starte, die Belastung über 2 Stunden hinaus geht und die letzten Kilometer im Marathonrenntempo durchgedrückt werden.
Wäre das eine längere Belastung im anaeroben Bereich? (gemessenes Laktat, woher sollte es auch kommen, würde nicht dafür sprechen)
Also bitte mal ein paar Beispiele nennen, was unter öfter/länger im anaerobe Bereich gemeint ist.
Vielen Dank vorab


RE: Wenn die Körpersysteme der Belastung nicht gewachsen sind! - lor-olli - 28.03.2015

Wir haben die Prozesse die im Körper im Einzelnen ablaufen einigermaßen gut verstanden, wir können auch die Zusammenhänge mit eine kurzen oder längeren Belastung erklären, wo es definitv noch fehlt ist das Verständnis für die sehr langfristigen Abläufe (Jahre) - unabhängig ob aerob oder anaerob, Sportfolgeschäden gibt es in allen intensiv belastenden Sportarten. 

Ich meine hier keine Unfälle, oder spontane Sportverletzungen sondern physiologisch langfristig entstehende, negative Veränderungen, teilweise irreversibel. Verschlissene Gelenke, degenerative Veränderungen am Herzen, Substanzverluste am Skelett etc. Die Erklärungen und die Ursachenforschung ist noch "ausbaufähig", auch weil es sich eben um recht langfristige Projekte handelt. Die gleiche Belastung und Ernährungssituation, gleiche körperliche Voraussetzungen haben nicht selten sehr unterschiedliche Langfristfolgen. Warum hat ein Emil Zatopek ein Training vertragen, dass die meisten anderen vermutlich nach 5 Jahren ruiniert hätte? Glück gehabt? Kann man das "Glück" genauer definieren? (Würde uns vielleicht auch Erkenntnisse liefern, wieso das Läuferpotenzial in Äthiopien und Kenia so viel höher ist)


RE: Wenn die Körpersysteme der Belastung nicht gewachsen sind! - MZPTLK - 28.03.2015

Menschenversuche eben.
Punkt.


RE: Wenn die Körpersysteme der Belastung nicht gewachsen sind! - Gertrud - 29.03.2015

(28.03.2015, 19:17)lor-olli schrieb: Wir haben die Prozesse die im Körper im Einzelnen ablaufen einigermaßen gut verstanden, wir können auch die Zusammenhänge mit eine kurzen oder längeren Belastung erklären, wo es definitv noch fehlt ist das Verständnis für die sehr langfristigen Abläufe (Jahre) - unabhängig ob aerob oder anaerob, Sportfolgeschäden gibt es in allen intensiv belastenden Sportarten. 

Bei den Langfristfolgen kommen oft noch andere Belastungen wie z. B. manuelle Arbeiten am späteren Hausbau oder haltungsmäßige Berufsschäden dazu, so dass man manchmal nicht exakt differenzieren kann. 

Mein Denken ist darauf ausgerichtet, Sportfolgeschäden trotz intensiver Belastung durch orthopädisch exakte Haltung, Drehmomente und eine angemessene Wirbelsäulenmechanik zu vermeiden. Zugegebenermaßen gibt es noch einige Schwachstellen, auf die ich z. B. Forscher auf dem Gebiet vor allem im Bereich des Krafttrainings hingewiesen habe, wo aber Forschungen laufen. Es werden weder bei einzelnen Leichtathleten noch flächendeckend entsprechende tägliche apparative Kontrollmechanismen verwendet, um diese Bereiche ausreichend abzusichern. Eine derartige Studie würde mich brennend hinsichtlich meines Wissenstandes mit einem Protagonisten interessieren. Wenn ich alleine an die unterschiedlichen Tests an Kraftmaschinen, die aus meiner Sicht nach allerneuesten Erkenntnissen fehlerhaft sind, denke. Ich würde einige Kraftmaschinen komplett eliminieren und andere modifizieren, um sie abschließend tauglich zu machen.

Zitat:Ich meine hier keine Unfälle, oder spontane Sportverletzungen sondern physiologisch langfristig entstehende, negative Veränderungen, teilweise irreversibel. Verschlissene Gelenke, degenerative Veränderungen am Herzen, Substanzverluste am Skelett etc. Die Erklärungen und die Ursachenforschung ist noch "ausbaufähig", auch weil es sich eben um recht langfristige Projekte handelt. Die gleiche Belastung und Ernährungssituation, gleiche körperliche Voraussetzungen haben nicht selten sehr unterschiedliche Langfristfolgen. Warum hat ein Emil Zatopek ein Training vertragen, dass die meisten anderen vermutlich nach 5 Jahren ruiniert hätte? Glück gehabt? Kann man das "Glück" genauer definieren? (Würde uns vielleicht auch Erkenntnisse liefern, wieso das Läuferpotenzial in Äthiopien und Kenia so viel höher ist)

Das hängt vielfach schon mit den unterschiedlichen orthopädischen und metabolischen Schwächen und Stärken zusammen, die eingangs korrigiert werden müssen. Zudem werden die Akzente teilweise auf ganz falsche Themen gelenkt, als den Fokus ganz konsequent auf Gesundheit zu legen.   

Gertrud


RE: Wenn die Körpersysteme der Belastung nicht gewachsen sind! - MZPTLK - 29.03.2015

(29.03.2015, 01:21)Gertrud schrieb: Bei den Langfristfolgen kommen oft noch andere Belastungen wie z. B. manuelle Arbeiten am späteren Hausbau oder haltungsmäßige Berufsschäden dazu, so dass man manchmal nicht exakt differenzieren kann. 

...Sportfolgeschäden trotz intensiver Belastung durch orthopädisch exakte Haltung, Drehmomente und eine angemessene Wirbelsäulenmechanik zu vermeiden.
Was ist mit Arbeitern, die den ganzen Tag Möbel, Pakete und Steine schleppen, an Gebäuden rumturnen und schrauben?

Was mit Büohengsten und Couch Potatoes, die sich aufgrund von Fehlhaltungen und atrophierter Rumpfmuskulatur die Wirbelsäule verhunzen?

Was mit sexuell Aktiven, die sich aufgrund vermehrter Inanspruchnahme der Lenden die entprechenden Wirbel verrenken?

Gehen die alle der Leichtathletik verloren Huh


RE: Wenn die Körpersysteme der Belastung nicht gewachsen sind! - Gertrud - 29.03.2015

(29.03.2015, 09:31)MZPTLK schrieb:
(29.03.2015, 01:21)Gertrud schrieb: Bei den Langfristfolgen kommen oft noch andere Belastungen wie z. B. manuelle Arbeiten am späteren Hausbau oder haltungsmäßige Berufsschäden dazu, so dass man manchmal nicht exakt differenzieren kann. 

...Sportfolgeschäden trotz intensiver Belastung durch orthopädisch exakte Haltung, Drehmomente und eine angemessene Wirbelsäulenmechanik zu vermeiden.
Was ist mit Arbeitern, die den ganzen Tag Möbel, Pakete und Steine schleppen, an Gebäuden rumturnen und schrauben?

Was mit Büohengsten und Couch Potatoes, die sich aufgrund von Fehlhaltungen und atrophierter Rumpfmuskulatur die Wirbelsäule verhunzen?

Was mit sexuell Aktiven, die sich aufgrund vermehrter Inanspruchnahme der Lenden die entprechenden Wirbel verrenken?

Gehen die alle der Leichtathletik verloren Huh

Diese Menschen kommen dann schon mit Überlastungs- oder Mangelbelastungsyndromen zur Leichtathletik. Daher rührt meine Forderung, vor Trainingsaufnahme einen Check zu machen. Wenn dann Trainer ans Ruder kommen, die von diesen Dingen keine oder nur wenig Ahnung haben, nehmen die Katastrophen ihren Lauf. Ich habe so schöne Beispiele aus dem Topbereich gesammelt und katalogisiere weiter. Es geht sehr tief ins Übungspotential und die mangelhaften Ausführungen, die ein enormes Detailwissen verlangen, was zum großen Teil einfach nicht vorhanden ist. Diese Dinge auseinander zu nehmen, wird bei Fortbildungen auch tunlichst in der notwendigen Akribie vermieden. Dieselben Fehler geschehen übrigens sehr oft bei Gerätekonstruktionen.

Nehmen wir mal den verletzten Hahnerzwilling! Was geschieht nach Abheilung des Ermüdungsbruches? Es liegt offensichtlich eine Fehlbelastung ihrer Strukturen vor. Andere verkraften die Programme ja anscheinend ganz gut. Man kann offensichtlich so nicht weitermachen oder man sagt lapidar: "Sie ist den Belastungen nicht gewachsen!" Leistungssport ist einfach mehr als nur das Schlafen im Sauerstoffzelt. Die orthopädische Belastungsverträglichkeit muss offensichtlich ganz individuell erfolgen. Man muss an die Frage gehen: "Was hat man übersehen?" Sind die Programme umfangmäßig für sie zu verkraften? Ist die Steigerung der Programme für sie zu hart erfolgt? Wie erfolgen die orthopädischen Verträglichkeiten? Viele Dinge sieht man beim normalen Laufen einfach nicht im Detail.

Gertrud