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Zum Erschrecken: Schreibschrift soll abgeschafft werden - Druckversion

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RE: Zum Erschrecken: Schreibschrift soll abgeschafft werden - Atanvarno - 02.02.2017

(01.02.2017, 18:51)Hellmuth K l i m m e r schrieb: Ich hoffe sehr, Atanvarno, dass du dem Disput, den ich vor fast zwei Jahren entfachte nun zustimmst.

Tongue

Kalligraphie oder "handschriftliches Schreiben" als Hobby für die, die es interessiert, wird es immer geben, aber Handschrift als allgemein verbreitete Kulturtechnik wird aussterben.

@Runner6

Ein guter Pianist übt 6-8 Stunden am Tag und schreibt (meiner Vermutung nach) vielleicht einen handschriftlichen Satz am Tag. Was meinst du, was ihm mehr für seine musikalische Feinmotorik bringt?

(Selbst handschrifliche Eintragungen in Notentexten sind mit zunehmender Verwendung von Tablets statt Papiernoten auf dem Rückzug)


RE: Zum Erschrecken: Schreibschrift soll abgeschafft werden - lor-olli - 05.02.2017

Es gibt schon einen bedeutenden Unterschied von Musizieren und der entsprechenden Feinmotorik (ich spiele Gitarre) und der Feinmotorik des Schreibens! Beim Musizieren wird eher selten improvisiert, "reines Musizieren" wie es in der Klassik üblich ist, ist eher ein Repetitives. Ähnlich wie beim Schreiben lernen geht es nur über das Wiederholen und wiederholen und wiederholen… (6 Std. am Tag sind bei Profis drin, so viel Zeit habe ich nicht Wink).

Der Unterschied kommt bei vorhandener Fertigkeit zum Tragen, niemand der schreibt wiederholt sich nur! Natürlich klingt ein Musikstück 50 mal gespielt in Nuancen immer unterschiedlich, so wie eine Handschrift, dennoch wiederholt der Musizierende nur. Jazz improvisiert öfter, aber auch hier sind die Regeln recht streng, Zwölftonmusik klingt für Menschen die sich nie damit beschäftigt haben oft "strange" oder chaotisch, wer sich aber mal mit Stockhausen und Co auseinander setzt sieht: auch hier ist kaum Raum für "freie Gedanken".

"Händisches" Schreiben erfolgt in dem die Hand dem Geist folgt, die Schrift als solche ist ein Abrufen eingeübter Technik (wie in der LA), das Ausgedrückte (außer in juristischen Schriftstücken oder Bundestagsreden Wink) aber der Ausdruck von etwas Individuellem und Neuem - manchmal eben auch banal. JEDER schreibt heute auch "digital" und wer nicht alle unterstützenden Hilfsmittel des Computers (Text / Wortkontrolle, Formulierungsvorschläge, einfügen ganzer Textsequenzen auf einen Tastendruck, Grammatikkontrolle etc.) ausschaltet, wie es häufig auf den kleinen Mobilgeräten der Fall ist, der merkt erst beim späteren (!) Lesen, die manchmal gar nicht so kleine Manipulation, insbesondere wenn man nicht nur mit zwei Fingern tippt.

Die Schönschrift als Charaktermerkmal wird sicher obsolet, die Technik des handschriftlichen Schreiben wird es wohl noch eine Weile nicht - so lange, bis Texte über das "Gedankenlesen" eingelesen werden können (die Steuerung über z.B. ein Stirnband ähnliches Eingabegerät, in der Prothetik ist man schon recht weit, z.B. bei der Steuerung künstlicher Hände). Dann braucht man nämlich die richtige Schreibung von Wörtern nicht mehr erlernen, wenn man sie schon "denken" kann (oder ihren Klang, akkustische Texteingabe funktioniert mittlerweile schon sehr gut - wie ich bei einer Handverletzung kennen lernen konnte, sogar Kinder im Vorschulalter können so "schreiben", sogar ohne Lesen zu können, das kann die Maschine nämlich auch…)

Man kann seine Handschrift auch als digitalen Schriftsatz programmieren lassen oder selbst programmieren, sieht sehr echt aus (meine Handschrift jedenfalls), nur eben etwas steril weil immer gleich. Bei vielen Texten fällt dies aber eh nicht ins Gewicht, ahem…


RE: Zum Erschrecken: Schreibschrift soll abgeschafft werden - Atanvarno - 05.02.2017

(05.02.2017, 10:13)lor-olli schrieb: Natürlich klingt ein Musikstück 50 mal gespielt in Nuancen immer unterschiedlich, so wie eine Handschrift, dennoch wiederholt der Musizierende nur.

Ich glaube kein ernstzunehmender Musiker würde sich als reinen "Reproduktionsroboter" des vorliegenden Notentextes sehen. Ich habe als Musiker unendliche viele Ausdrucksvarianten in Tempo, Dynamik, Artikulation, Klangfarbe etc. mit denen ich meine Persönlichkeit in das Stück einbringen und Neues schaffen kann.
Beispielsweise das Trompetenkonzert in Es-Dur von Haydn ist wahrscheinlich das meistgespielte klassische Stück für dieses Instrument und dennoch ist jede Aufführung ein Ausdruck der individuellen Interpretation durch den Musiker und klar unterscheidbar. Wer meint, dass sich Wynton Marsalis und Maurice André bei diesem Stück nur in Nuancen unterscheiden, hat nicht richtig hingehört Wink


RE: Zum Erschrecken: Schreibschrift soll abgeschafft werden - lor-olli - 05.02.2017

Bitte nicht hinein interpretieren! Ich schrieb a) nichts von verschiedenen Musikern und mit Nuancen waren b) durchaus absichtliche Abweichungen vom vorherigen gemeint - denoch ist die Wahl der Noten vorgegeben und anders als beim Schreiben sowohl die Note, die Tonhöhe wie auch die Reihenfolge. Das genug Interpretationsspielraum bleibt ist natürlich unbenommen. Musikstücke leben aber vom Wiedererkennungswert! Ich habe mit ein paar anderen Musikern Klangexperimente real sowie am Computer vorgenommen (logic u.a.), Musikstücke verfremdet - die Verfremdung ist schon deutlich begrenzt, soll ein Musikstück wiedererkannt werden.

Es ging im thread aber um die Schreibschrift und nicht um die Inhalte, insofern sind Musikinterpretation und Schrift durchaus vergleichbar - Buchstaben und Worte müssen schließlich erkennbar bleiben (eine Regel die bei einer Reihe von Medizinern häufig verletzt wird Wink). Da bin ich wohl nicht klar genug beim thread Thema geblieben, sorry dafür.

off topic: Zwei Dozenten einer amerikanischen Hochschule haben eine Software geschrieben die zehntausende Musikstücke analysiert hat und ihren Erfolg bemisst (charts, Verkäufe etc.) Sie können damit recht genau den wahrscheinlichen Erfolg neuer Stücke voraussagen und sie sind gerade dabei die Software zu erweitern, damit sie Musikstücke unterschiedlichster Stilrichtungen komponiert - erste Testhörer waren durchaus angetan… Bei Texten sind wir noch nicht so weit - vielleicht auch nur eine Frage von ein paar Jahren.


RE: Zum Erschrecken: Schreibschrift soll abgeschafft werden - Leichtgemacht - 28.02.2017

Ich persönlich kenne wenig Menschen die wirklich in Schreibschrift schreiben. ALlerdings möchte ich die Erfahrung und die Individualität vermissen, die ich durch meinen Schreib- und Druckschriftmix erhalten habe.


RE: Zum Erschrecken: Schreibschrift soll abgeschafft werden - Federleicht - 13.07.2018

Warum soll die Schreibschrift abgeschafft werden? Was ist der Grund? Ich finde es nicht gut, denn Schreibschrift hat ja irgendwo eine individuelle Note. Ich fände es sehr schade, wenn die das durchsetzen.