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Wie gehts weiter im deutschen Sprint? (100 & 200m) - Druckversion

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Wie gehts weiter im deutschen Sprint? (100 & 200m) - Robb - 27.09.2017

Ich fand das Jahr der deutschen Frauen überragend, trotz der Staffel-Enttäuschung bei der WM. Lückenkemper unter 11s, Prepens 200m Weltmeisterin bei der U18, Weltrekord der U20-Staffel, alles extrem außergewöhnliche Leistungen. Acht deutsche Frauen unter 11.30 gabs seit der Vereinigung noch nie, in den letzten 20 Jahren waren es nie mehr als vier. Lückenkemper ist mit ihren 10.95 die Nummer eins in Europa zusammen mit Schippers, bei der U23 die Nummer zwei in der Welt. Von den fünf schnellsten U20-Europäerinnen über 100m kommen vier aus Deutschland.
Die Frage ist, warum sehen wir keinen ähnlichen Aufschwung bei den Männern? Gertrud meinte, die Leistungen wären auf die Umsetzung neuester Erkenntnisse im Training zurückzuführen, aber müssten sich die nicht auch bei den Männern auswirken? Während die Frauen in jedem Altersbereich zumindest in Europa ganz vorne dabei sind, laufen wir bei den Männern überall hinterher. In der U23 ist der schnellste Deutsche 16ter in der Europa-Bestenliste über 100m, vor ihm unter anderem ACHT Briten. Die DLV-Staffel ist überaltert, die Besten gehen alle auf die 30 zu oder sind schon drüber. Woran liegt das?

Und was wird nächstes Jahr abgehen? Lisa Mayer hat laut Flash-News auf la.de eine Zeit unter 11s als festes Ziel, wenn sie gesund bleibt wird sie die nächstes Jahr laufen (glaube ich). Ulli Kunst traut Lückenkemper langfristig eine 21.xx über 200m zu, ich denke, sie wird 2018 deutlich unter 22.40 bleiben.
Bei den Männern hab ich keine Ahnung, was nächstes Jahr kommen wird. Gibts jemanden im Jugendbereich U23, U20, dem eine Zeit unter 10.20 zuzutrauen ist? Findet sich junges Blut für die Staffel?


RE: Wie gehts weiter im deutschen Sprint? (100 & 200m) - eierluke - 28.09.2017

Männersprint:
Schritt 1: taskforce "400 m" gründen und vorhandene Sprint-Talente, wie Kai Köllmann und Roger Gurski (eher noch jüngere) abziehen und mit Zuckerbrot und Peitsche auf die 400 m drängen.
Schritt 2: Wechseltraining für den "Rest" tageintagaus (einzige Chance je ein Welt-Finale zu erreichen).


RE: Wie gehts weiter im deutschen Sprint? (100 & 200m) - Jo498 - 28.09.2017

Ich kann das mit der verbesserten Technik nicht beurteilen. Ein Grund, warum es bei den Männern weniger fruchtet, könnte sein, dass sie schon zu lange dabei sind und ggf. von Änderungen in dem Maße zu profitieren, d.h. es haben sich die Bewegungsabläufe schon zu stark automatisiert.
(Gerade bei Reus hat man ja den Eindruck, dass der bei nahezu allen internationalen Events hinter seinen anderswo gezeigten Möglichkeiten bleibt. Ob das mangelnde mentale oder physische Lockerheit ist oder was auch immer.) Oder es gibt/gab bei den Frauen einfach mehr Luft für Verbesserungen durch Technik?
Oder es liegt nicht an der Technik, sondern daran, dass die Breite, Dichte und das Potential der einzelnen Athleten einfach viel schwächer sind als bei den Frauen. Dass bei den Männern mehr potentielle Talente für Sprint und Mittelstrecke von lukrativen Mannschaftssportarten angezogen werden (typischerweise bevor sie je für die Leichtathletik entdeckt werden konnten) ist ja nichts neues; das kann eigentlich nicht die tiefere Ursache sein.
Luis Brandner war bei der U18 WM immerhin 3. über 200 (hinter zwei Südafrikanern). Die USA war zwar nicht dabei, das relativiert aber den Titel von Talea Prepens in derselben Weise.

Zumindest bei den Frauen müsste die hohe Dichte über 100/200 auch noch mehr auf 400m bringen. Laura Müller ist schon da und könnte richtig gut werden, jedenfalls ist bei ihr von der 200m-Zeit ausgehend über 400m noch einiges drin. Dafür müssen aber Lückenkemper, Mayer und ggf. andere so stark über 200m werden, dass Müller auf die 400 fokussieren muss. Und erst recht die Läuferinnen im Leistungsbereich etwas dahinter. (Meine fiese Hoffnung ist, dass bei den 16-19jährigen ein solches Supertalent für die kürzeren Sprints auftaucht, dass Lückenkemper bald einen Grund bekommt, 400m zu laufen Teufel... da sie als Schülerin anscheinend schon ganz gut Mittelstrecken gelaufen war, wäre sie da vermutlich ähnlich stark wie über 200, aber ohne sehr guten Grund wird die beste 100/200m-Läuferin natürlich nie auf diese Qualstrecke wechseln.)


RE: Wie gehts weiter im deutschen Sprint? (100 & 200m) - dominikk85 - 28.09.2017

Ich denke teilweise liegt es auch daran, dass die leistungsdichte im männersport international höher ist, da viele Länder was Sport angeht einfach sexistischer sind und Deutschland traditionell den Frauen Sport sehr fördert. Nicht nur in der La holen wir mehr Medaillen, sondern seit Jahrzehnten auch in Biathlon, Ski alpin, eisschnellauf und anderen wintersportarten.

des weiteren ist es auch einfacher weibliche talente in die Leichtathletik zu lotsen da der Fußball da (noch - das wird sich wohl in den nächsten Jahren auch ändern) nicht so dominant ist wie bei den Männern.


RE: Wie gehts weiter im deutschen Sprint? (100 & 200m) - Jo498 - 28.09.2017

Im Sprint ist sowohl bei Männern als auch Frauen die internationale Leistungsdichte m.E. seit 10 oder mehr Jahren (also spätestens seit die Karibik dabei ist) unverändert sehr hoch. Und in den 1980ern und frühen 1990ern war sie durch die Ostblockstaaten auch schon sehr hoch. Und es besteht hier auch kein allzugroßer Unterschied in Niveau (wenn man die Anaboli-Fabelzeiten weglässt) und Dichte zwischen Männern und Frauen (anders als beim Hindernislauf, Dreisprung,... oder bis vor kurzem auch auf Langstrecken/Marathon). 
Allerdings habe ich kaum Bedenken, dass Frauenfußball jemals ein Faktor für den Talentabzug werden wird, der mit dem Männerfußball auch nur annähernd vergleichbar ist. Und einen potentiellen "Schwund" durch schon länger etablierte populäre Mannschaftssportarten (bes. Basketball, vielleicht auch Volleyball (aber das dürfte eher Sprung betreffen als Sprint) gibt es bei den Frauen auch schon länger


RE: Wie gehts weiter im deutschen Sprint? (100 & 200m) - Robb - 28.09.2017

(28.09.2017, 10:02)Jo498 schrieb: (Meine fiese Hoffnung ist, dass bei den 16-19jährigen ein solches Supertalent für die kürzeren Sprints auftaucht, dass Lückenkemper bald einen Grund bekommt, 400m zu laufen Teufel... da sie als Schülerin anscheinend schon ganz gut Mittelstrecken gelaufen war, wäre sie da vermutlich ähnlich stark wie über 200, aber ohne sehr guten Grund wird die beste 100/200m-Läuferin natürlich nie auf diese Qualstrecke wechseln.)

Talea Prepens ist über 200m eine halbe Sekunde schneller als Lückenkemper mit 15, und die war schon viel schneller als alles, was wir sonst an Talenten hatten (23,51s zu 23,98s). Allerdings glaube ich nicht an Gina über 400m, ist ihr wohl zu anstrengend und macht keinen Spass.


RE: Wie gehts weiter im deutschen Sprint? (100 & 200m) - Jo498 - 28.09.2017

Wenn von Lisa, Laura, Talea,... stattdessen ein paar in 2-3 Jahren über 400m 50,2 laufen, kann die Gina gern bei 200 bleiben. Tongue
Auch wenn man immer ein paar Ersatzfrauen für die Staffel gebrauchen kann, wäre es nicht schlecht, wenn statt je 5 deutschen Frauen unter den besten 15 über 100m und 200m (Lückenkemper ist hier nur auf 19 aber von der möglichen und Vorjahresleistung natürlich weiter oben) in Europa  da nur je 3 wären und dafür die beiden besten über 400m besser als Rang 11 und 25 (da sind selbst Klosterhalfen und Hering über 800m geringfügig besser plaziert).
Ich räume aber gern ein, dass ein paar Einzel- und Staffelmedaillen [aber bitte auch Medaillen, kein 4. oder DNF, weil gewechselt wie die Amis] im Sprint sehr zu begrüßen und sicher auch publikumswirksamer sind als 6. statt "achtbar geschlagen, Finale knapp verpasst" über 400. D.h. es müsste eben über 400 jemand so gut werden, dass mindestens in Europa eine ordentliche Chance für einen Treppchenplatz rausspringt, mindestens wieder für die Staffel.


RE: Wie gehts weiter im deutschen Sprint? (100 & 200m) - Robb - 28.09.2017

Ist ja ne nette Theorie, aber ich glaube nicht daran. So schlecht wie die 400m seit 20 Jahren in Deutschland sind, läuft doch irgendwas grundsätzlich falsch. Wenn du falsch trainierst, läufst du keine 50.2, egal wie talentiert du bist.


RE: Wie gehts weiter im deutschen Sprint? (100 & 200m) - dominikk85 - 28.09.2017

(28.09.2017, 12:52)Robb schrieb: Ist ja ne nette Theorie, aber ich glaube nicht daran. So schlecht wie die 400m seit 20 Jahren in Deutschland sind, läuft doch irgendwas grundsätzlich falsch. Wenn du falsch trainierst, läufst du keine 50.2, egal wie talentiert du bist.

Ist es denn wirklich falsches Training,  oder kommen bei uns einfach nicht genug schnelle zu den 400? Jeder der klar im Kopf ist bevorzugt ja die 100/200Smile und wenn du in deutschland 10.30 bzw 11.30 bei den Frauen läufst bist du gut dabei und die auf die 400m müssen sind dann 10.5/11.5 Leute. 

Die top 400m Leute laufen aber an die 10.00/11.0 bzw. Unter 20 (niekerk, makwala) und 22 (miller, felix).

Wenn das Niveau bei den Frauen weiter  so bleibt  (worauf die u20 Ergebnisse hindeuten) und wir wirklich in Zukunft 6-7 Leute im sub 11.20 Bereich haben kann es aber auch passieren das mehr 11.3 Sprinterinnen auf den 400 landen weil sie keine Chance mehr auf die Staffel haben (so wie ne 11.20 Sprinter in in der Regel nicht in eine US oder jamaika Staffel kommt).

Ich glaube  nicht das das der einzige Grund ist, das Training spielt sicher eine Rolle was man ja daran sieht das fast alle deutschen über die 100 deutlich besser sind als über die 200. Selbst die relativ schnelle 400m Läuferin cremer hat ja im verhältnis zu ihrer 100m zeit keine so tolle 200m zeit.

Ideal wäre ein Läufer um 10.25/11.25 der über Tendenz nach oben hat, also über die 200 besser als über die hundert ist (sagen wir 10.25/20.35 oder 11.25/22.60). So ein Athlet könnte imo unter 45 bzw an die 50.0 ranlaufen.


RE: Wie gehts weiter im deutschen Sprint? (100 & 200m) - Robb - 28.09.2017

Justyna Swiety lief dieses Jahr 51.15, die Polen haben seit Jahren erstklassige 4x400m Staffeln. Von den besten Polinnen hat keine einzige eine 200m PB unter 23s, die meisten sogar über 23.5. Trotzdem laufen sie bessere Zeiten als die Deutschen, was machen sie also anders?