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Langfristig erfolgreiche Trainingsqualität statt langfristige Verletzungsprobleme - Druckversion

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[geteilt] U20-EM 2017 - Grosseto 20-23.07.2017 - Gertrud - 20.07.2017

Es ist immer ein Ritt auf der Rasierklinge, kontraproduktive Bewegungen bei Schützlingen im Speerwurf total zu eliminieren. Da stehen sich oft Emotionen und Vernunft im Weg. Ich war in der Hinsicht immer sehr rigoros. Wenn der Schützling mal einen schlechten technischen Tag erwischt hat, habe ich andere Trainingselemente forciert. Ich habe immer so meine Bedenken, wenn Speerwerfer vornehmlich über die Kraft und nicht über die technische Brillanz kommen. Es ist natürlich auch eine Frage des ausgeglichenen Trainings und der entsprechenden Prophylaxe. 

Hier ist z.B. trotz des DR von Johannes Vetter ein gewaltiger Hebel zur Prophylaxe an einer anderen Körperregion anzusetzen. Man darf solche technischen "Ausfälle" nicht schleifen lassen. Ich orientiere mich immer nur an orthopädischen Fakten und Beweisen. Es ist ein hartes Stück Arbeit, derartige Automatismen wieder auf eine gute Schiene zu bringen.
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Gertrud

edit mod: abgetrennt aus
U20-EM 2017 - Grosseto 20-23.07.2017



RE: Langfristig erfolgreiche Trainingsqualität statt langfristige Verletzungsprobleme - MZPTLK - 20.07.2017

@ an Alle, v.a. Gertrud:
Gute Diskussion, freut mich, dass dieses Thema eine solche Beachtung findet.


RE: Langfristig erfolgreiche Trainingsqualität statt langfristige Verletzungsprobleme - Gertrud - 20.07.2017

(20.07.2017, 09:17)MZPTLK schrieb: @ an Alle, v.a. Gertrud:
Gute Diskussion, freut mich, dass dieses Thema eine solche Beachtung findet.

Ich überlege natürlich auch oft, ob ich einigen Leuten vor den Kopf stoße, halte aber Boris Obergföll für so souverän, dass er es nicht als Kritik an seinem Weg nimmt.  Thumb_up Der Schützling kann nicht immer das umsetzen, was wir von ihm möchten.  Wink

Ich habe unheimlich viele "Dissonanzen" von Protagonisten im Köcher, wovor ich manchmal nur total ungläubig stehe. Technik und Gesundheit sind meine zentralen Themen. Es "gehen" unheimlich viele Athletinnen und Athleten "über die Wupper", weil einfach die fachlichen Kenntnisse von Trainern nicht für den Topbereich mit seinen Belastungen ausreichen. Vielfach werden dann Athleten von diesen Trainern krampfhaft festgehalten. Aus meiner Sicht gibt es da  nur zwei Wege: an einen sehr guten Trainer weiterleiten oder bereit zur Weiterbildung sein!!!  Thumb_up Der DLV kommt auf solche Gedanken auch oft in der Tat nur sehr oberflächlich.  Wink Ich recherchiere sehr intensiv und kann nicht allen deutschen Top-Trainern in der Analyse anhand ihrer Übungen und der Verletztenquote ein sehr gutes Zeugnis ausstellen. Ich wäre in vielen Fällen sehr rigoros in der "Säuberung" oder würde sie auf den neuesten Stand bringen. Dazu gibt es leider nur sehr wenige Personen, die ein umfangreiches Wissen hinsichtlich LA haben.  

Gertrud


RE: Langfristig erfolgreiche Trainingsqualität statt langfristige Verletzungsprobleme - Gertrud - 20.07.2017

(04.06.2014, 16:46)AndyI schrieb: Langfristige Trainingsqualität sieht sicherlich anders aus. Aber auch wenn man aufmerksam einigen deutschen Athleten und Trainern zuhört, stehen kurzfristige Erfolge eben leider doch recht oft im Vordergrund. 

Ein Umdenken findet gerade sicherlich statt, geht meinem Eindruck nach aber doch eher vereinzelt und langsam voran. 

Dazu gehören Menschen, die aus Überzeugung immer wieder den Finger in die Wunde legen, auch wenn es einige vielleicht manchmal nervt!!!  Wink

Gertrud


RE: Langfristig erfolgreiche Trainingsqualität statt langfristige Verletzungsprobleme - Gertrud - 21.07.2017

Ich gebe ein Beispiel: Wenn sich die Teilnahme eines Schützlings an einer Jun-EM/WM aus einem gesunden, auf Defizite abbauenden Trainingsrogramm ergibt, halte ich das für durchaus sinnvoll. Ich wehre mich gegen ein Hochpushen nach Erwachsenenprogramm mit Weglassen notwendiger Prophylaxe. Wenn beim Speerwurf Ellbogen und Schulter gefährdet sind, dann lässt man eben den Speewurf eine Zeit weg und arbeitet an speziellen Prophylaxeprogrammen.

Ich habe sehr häufig erlebt, dass sehr junge Probanden Fußschmerzen hatten, aber permanent im Hochsprung gestartet sind. Erfolge in jungen Jahren dürfen nur gesund aufgebaut werden. Ebenso sollte man gefährdete junge Athleten besser wegschicken. Es gibt Athleten, deren Strukturen nicht für den Leistungssport gemacht sind. Ich habe das in einem Schülerfall gemacht. In der Hinsicht bin ich auch absolut nicht umzustimmen. Auch wenn mir Leute ins Trainingsprogrammm pfuschen, ist die Zusammenarbeit beendet. Ich lasse mich von meinem Weg nicht abbringen, weil er stark fachlich untermauert ist. 

Was die Trainingshäufigkeit anbetrifft, habe ich auch meine eigenen Vorstellungen. Wenn wir Kinder beobachten, dann kann man immer über kindgerechte Belastungen staunen. Kinder sind häufig, aber in geringen Zeitabsschnitten belastbar. Bei Jugendlichen dreht sich etwas das Blatt. Es kommt bei der Häufgkeit doch ganz auf die Inhalte an. Die bloße Zahl an TE sagt gar nichts aus. Es gibt allerdings Jugendliche, die mit wenig Zeit und wenigen TE an die Spitze wollen. Das ist nur absoluten Toptalenten vorbehalten. Ich habe mich, was das Talent anbetrifft, bisher noch nie in einem Athleten oder einer Athletin geirrt. Ich kann durch bestimmte Einflussnahmen sofort sagen, ob das Talent zur absoluten Spitze (auch bei absolutem Fleiß) vorhanden ist. Absolute Talente sind diejenigen, die sich durch z. B. dreimaliges Training in der Jugend von Jahr zu Jahr steigern. Wie sagte Usain Bolt, als er gefragt wurde, was er heute anders machen würde: "Ich würde in der Jugend ernsthafter trainieren!" Ich habe mal einen Vortrag in Frankfurt gehalten, als man Claudia Rath als mittelmäßig talentiert bezeichnete. Ich habe sofort dagegengehalten. Ich beurteile eine Athletin in ihrer gesamten Anlage.

Ich beobachte heute allerdings bei herausragenden Talenten schon ein Krafttraining, das die vulnerablen Stellen so gar nicht beachtet - und das halte ich für gefährlich. In der Hinsicht habe ich eine unendliche Geduld. Bei mir findet schon eine Abstufung des Krafttrainings und aller kraftbetonten Einsätze in den Übungen bzw. ein teilweise unheimlicher Schwenk im Jugendalter und im Erwachsenenbereich statt. Es gibt Übungen auch im Jugendalter, wobei man eine Überbelastung gar nicht bewirken kann. Ich setze viele Übungen nach meiner Tabelle präzise altersabhängig ein. Dann kann normalerweise absolut nichts passieren.

Gertrud


RE: Langfristig erfolgreiche Trainingsqualität statt langfristige Verletzungsprobleme - omega - 21.07.2017

(21.07.2017, 08:57)Gertrud schrieb: Ich habe mich, was das Talent anbetrifft, bisher noch nie in einem Athleten oder einer Athletin geirrt. Ich kann durch bestimmte Einflussnahmen sofort sagen, ob das Talent zur absoluten Spitze (auch bei absolutem Fleiß) vorhanden ist.
Wobei doch aber gilt, daß eine Talentprognose umso schwieriger ist, je weiter die Athleten/innen vom Hochleistungsalter entfernt sind. Bspw. kann jemand mit 15 Jahren eine gute Leistungsprognose haben, die dann aber z.B. mit 18 Jahren doch nicht eintritt. Ich denke diese Fälle gibt es relativ oft.


RE: Langfristig erfolgreiche Trainingsqualität statt langfristige Verletzungsprobleme - Gertrud - 21.07.2017

(21.07.2017, 09:52)omega schrieb: Wobei doch aber gilt, daß eine Talentprognose umso schwieriger ist, je weiter die Athleten/innen vom Hochleistungsalter entfernt sind. Bspw. kann jemand mit 15 Jahren eine gute Leistungsprognose haben, die dann aber z.B. mit 18 Jahren doch nicht eintritt. Ich denke diese Fälle gibt es relativ oft

Es kommt ganz darauf an, wer die Prognose stellt und mit welchen Parametern sie erstellt wird. Ich habe mir mein eigenes Konzept "gebastelt", das aus gewissen Tests besteht. Ich gebe meistens den Athleten zwei Jahre Zeit bei mir. Dann rede ich absoluten Klartext. Natürlich korrigiere ich auch zwischendurch und versuche, den Athleten auf Kurs zu bringen. Bei absoluten Talenten ist meine "Schmerzgrenze" hinsichtlich Geduld schon hoch. Ich trainiere zudem sehr gerne Athleten, mit denen man Spaß haben kann. Zickiges Verhalten finde ich fürchterlich. Mir liegen so "Angreifertypen" und nicht diese Athleten, die zur Prokrastination neigen. 

Es kann natürlich sein, dass ein Athlet eine sehr gute Physis besitzt, es aber psychisch nicht "gebacken" bekommt. 

Dazu kommt noch, dass ich nicht jeden potentiellen Athleten trainiere. Die "Chemie" zwischen Athlet und Trainerin muss in meinem Fall insgesamt stimmen.

Gertrud


RE: Klosterhalfens Chancen in London - Gertrud - 26.07.2017

(18.07.2017, 00:01)dominikk85 schrieb: Sind heutzutage screenings bei denen dinge wie gelenkstellungen, Wirbelsäulenstellung, muskuläre disbalancen untersucht werden und ein Training darauf angepasst wird nicht standard bei weltklasse athleten?

Ich habe z.B. Momentaufnahmen eines deutschen Weltklasse-Sprungbereiches "messerscharf" analysiert. Was sich da trotz guter Leistungen an technischen Mängeln, an statischen Fehlern zeigt, ist einfach ungeheuerlich. Würde ich das hier veröffentlichen, würden mich einige Trainer wahrscheinlich nicht mehr grüßen. Wink Die vorkommenden Verletzungen sind somit systembedingt. Man kann in manchen Fällen von einem enormen Belastungscrash sprechen und ihn mit einem Frontalaufprall gegen die Wand vergleichen. Ich bin bei derartigen Mängeln sehr rigoros und würde bestimmte Bewegungen temporär total ausklammern, um weitere Schäden zu vermeiden. Manchmal wäre es sogar besser, eine Saison nicht zu starten und erst einmal die Defizite zu beheben, die sicherlich eine gehörige Zeit benötigen. Bei derartigen vorliegenden Sachen wundere ich mich doch sehr, dass das DLV-Team es nicht schafft, solche gravierenden Fehler zu beheben. Vieles scheitert aus meiner Sicht anscheinend an gravierenden Wissenslücken. Wäre ich in der Verantwortung, würde ich einen großen Traineranteil auf bestimmten, sehr speziellen und differenzierten Wissensinhalten hart "in die Mangel nehmen"!!!

Mein Analyseansatz und Athletencheck differiert sehr stark vom allgemeinen Mainstream. Ich habe diese Sicht im Laufe der Zeit immer mehr verfeinert und verbessere permanent. Ich sehe ganz stark die disziplinären Belastungsanforderungen und individuellen Belastungsmöglichkeiten. Meine gesammelten Werke in der Hinsicht würden die deutsche Leichtathletik vielfach demontieren. Ich kann Athletinnen und Athleten nur den Rat geben: "Schaut euch bei Trainerwechseln nicht nur die eine Seite der Medaille an, sondern eben auch die Verletzungs- und OP-Statistik!!! Nicht jeder "Medaillenschmied" hat eine lupenreine Bilanz!

Gertrud


RE: Langfristig erfolgreiche Trainingsqualität statt langfristige Verletzungsprobleme - Gertrud - 29.07.2017

Ich bringe meine Philosophie hinsichtlich adäquater Belastung mal auf den Punkt:
Wir müssen uns bei der Übungsanalyse für die punktgenaue Übungsauswahl entscheiden. Wir müssen die geforderten Disziplinbeteiligungen in der entsprechenden Intensität und im entsprechenden Umfang fordern. Hier werden oft ganz falsche Schlüsse gezogen. Wenn wir uns für ein strukturelles Krafttraining entscheiden, kommt es zu wesentlich geringeren Gewichtsbelastungen. Ich habe weit über hundert neue Übungen entwickelt.

Beispiel Konstanze Klosterhalfen: Ist die gewichtheberische Kniebeuge wirklich richtig für die Disziplinunterstützung?: mitnichten!!! KK sieht nicht nach viel Muskelvolumen aus und ist trotzdem leistungsstark. Woher holt sie diese enormen Leistungen? Die Frage muss man sich doch stellen - oder? Es sind eindeutig genetische Vorteile, die es zu pushen gilt. Folglich holt sie ihre Leistungen aus anderen Strukturen. Werden diese Strukturen nicht adäquat gefordert, kommt es unweigerlich irgendwann zu Ausfällen! Davon bin ich felsenfest überzeugt. Hier liegt die Crux des Fehldenkens. Ihre Überträgersubstanzen werden somit nur in der Disziplin selbst trainiert, werden aber nicht physiologisch/anatomisch in präzisen Übungen unterstützt. In der Trainingsform der beidbeinigen Kniebeuge kann auch keine Seitendifferenz behoben werden, die bei ihr zudem in gewissen Regionen vorliegt. Wohlgemerkt: das ist meine ganz persönliche Meinung und strukturelle Herangehensweise! 

Wir erinnern uns alle an Aussprüche wie diese: "Ich habe enorm viel Kraft im Winter getankt. Ich kann sie aber nicht umsetzen." Meine begründete Meinung ist, dass vollkommen falsch trainiert worden ist!!! Man trainiert an den Erfordernissen vorbei. Wink Man hört auch sehr oft: "Woher holt der nur die Leistung im Kugelstoßen bei der schlanken Figur?" Die Logik ist nicht des Trainers liebstes Kind!!!  Natürlich beinhaltet eine sehr genaue Analyse enormes Detailwissen.

Wenn wir falsche Bewegungsausschnitte sehen, heißt das sehr oft, dass strukturell schlicht und einfach an den Erfordernissen vorbeitrainiert worden ist. Wenn bei einer Hürdenläuferin der Rücken streikt, ist primär von einem unausgewogenen Training in Form der strukturellen Dysbalance segmental und/oder im großen Bewegungsausmaß auszugehen. Manchmal lässt man auch nur Nachlässigketen schleifen!!!

Gertrud


RE: Langfristig erfolgreiche Trainingsqualität statt langfristige Verletzungsprobleme - omega - 29.07.2017

zu KK etwas off topic (es wurde schon an anderer Stelle diskutiert): In der DLV WM-Broschüre ist sie mit 1,74m und nur 47 bis 48kg angegeben. Wenn das so stimmt ist sie deutlich untergewichtig. Sie ist wohl noch etwas gewachsen.