Leichtathletikforum.com
Weitsprung - Druckversion

+- Leichtathletikforum.com (https://leichtathletikforum.com)
+-- Forum: Leichtathletikforen (https://leichtathletikforum.com/forumdisplay.php?fid=1)
+--- Forum: Training in Praxis und Alltag (https://leichtathletikforum.com/forumdisplay.php?fid=6)
+--- Thema: Weitsprung (/showthread.php?tid=2263)

Seiten: 1 2 3 4 5 6


[geteilt] Weitsprung-Anlaufrhythmus - Jumper - 23.01.2017

Zunächst ein "Hallo" in die Runde. Ich bin neu im Forum, aber nicht in der Leichtathletik. Meine Vorliebe ist der Weitsprung
(aber auch sonst die LA) und konstruktiven, inhaltlicher Austausch fände ich toll.
Was den Weitsprung-Anlaufrhythmus angeht: meiner Meinung nach das Wichtigste überhaupt beim Weitsprung, schaut man sich
gerade bei vielen Nachwuchsathleten das "irgendwie Dahingelaufe" zum Balken an. Außerdem habe ich die Erfahrung gemacht,
dass viele Nachwuchsleute gar nicht genau wissen, wieviele Schritte sie überhaupt machen, womit sie den Anlauf beginnen
und wann und wie sie den Absprung von Brett einleiten...
Darüber hinaus sollte man meiner Meinung nach nicht vom Sprint sprechen, was den Anlauf betrifft, weil die Intention eines Anlaufs eine völlig andere ist, als z.B. beim 100m Sprint, wo es ja darauf ankommt, vom ersten Moment an, so hoch wie möglich zu bescghleunigen, um eine eine definierte Strecke so schnell es geht zu überwinden (Prinzip der optimalen Tendenz des Beschleunigungswegs).
Nicht umsonst wird in der amerikanischen Literatur von der Glederung des Anlaufs in "drive-posture-go!" gesprochen, also quasi
"Antrieb-Haltung-Attacke!", was meiner Meinung nach gerade im Nachwuchsbereich auch genauso gelehrt werden sollte...


RE: Weitsprung-Anlaufrhythmus - Diskusmann - 24.01.2017

Hallo Jumper,

willkommen im Forum! Sehr schöner erster  Beitrag, fachlich und mit Praxisbezug, bitte weiter so!


Anlauf Rhythmus - Jumper - 24.01.2017

Vielen Dank!

Ich bin immer gerne am fachlichen Austausch interessiert, gerade im Weitsprung gibt es häufig
meiner Meinung nach immer wieder Mißverständnisse, weil diese Disziplin in vielen Bereichen als
zu "einfach" angesehen und damit häufig zu oberflächlich betrachtet wird und der "Teufel", wie
man so schön sagt, im Detail steckt und so technische und konditionelle Merkmale leistungs-
relevant werden, die man erst einmal gar nicht so auf dem Schirm hat. Dies gilt meines Erachtens
auch und im Besonderen für die deutschsprachige Fachliteratur und Lehrmeinung, auch wenn dies
sicherlich eher eine unbequeme Sichtweise darstellt...


RE: Weitsprung-Anlaufrhythmus - lor-olli - 24.01.2017

Willkommen auch von mir - und dazu gleich mal ein aussagekräftiger, klarer start-post. Gemecker gibt es hier leicht , einen "like-button" nicht (drücke ich aber nie, allerdings nur weil ich social-media meide Wink )

Guter und nur scheinbar einfacher Punkt. Anlaufrhythmus als einer der Haupt Entscheidungsaspekte für den Erfolg brauchen wir nicht zu diskutieren, schwieriger wird da eher die Frage nach den Nachwuchsathleten. Solange die physischen Veränderungen noch voll im Gange sind verändern sich die Struktur und das System ständig - da bringt das nicht "so viel". (keine Aufforderung zum Nichtstun!)

Ist eine grundsätzliche Stabilität gegeben, sollte frühzeitig mit einem Training (wenn nötig, bei einigen klappt das fast auf Anhieb - leider nicht immer die besten Springer… Sosthene etwa  ist eine kapitale Springerin, der Anlauf oft…) begonnen werden. Das auch Kinder schon den Rhythmus trainieren sollten / können dient ja nicht nur dem Weitsprung (Hürden, alle Disziplinen mit Anlaufmarkierung, sogar der Staffelwechsel)

Bei den schon etwas besseren Athleten geht es ja nicht nur um das reine Rhythmuslaufen, der Rhythmus sollte ja auch schon zur zweiten Ablaufmarke und die Steigerung stabil sein damit Schritte nicht hier schon unnötig gestreckt oder getrippelt werden und Unruhe ins System bringen. (You don't gain a fraction of an inch with a record-time in the run-up meinte einer meiner alten Trainer)

Das Feld ist gar nicht so klein, gilt Dein Interesse einem spezielleren Aspekt?

und übrigens: hier ist auch eine Spielwiese für Anhänger unbequemer Sichtweisen! Teufel


Weitsprung - Jumper - 24.01.2017

Auch nochmal Hallo,

da sind wir da ganz einer Meinung.

Dann stelle ich aber mal  (vielleicht) provokante Thesen auf, über die man diskutieren könnte: es wird beim Weitsprung
immer nur vom take-off gesprochen als wichtigstes, technisches Segment. Dies ist meiner Meinung nach definitiv nicht
zutreffend, weil jeder Athlet, egal ob Sportabzeichenniveau oder Topathlet "irgendwie" vom Brett wegkommt.
Das Alles Entscheidende muß doch immer noch sein, wie und wo ich als Athlet den Sprungfuß auf das Brett setze
und was dann bis zum Moment der größten Knie-/Hüftbeugung passiert, also quasi die touchdown Bewegung.
In der Hinsicht gibt es meiner Meinung nach zuwenig Methodik und Aufmerksamkeit.

Das zweite Element im Weitsprung, dem ebenfalls meiner Meinung nach zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird
und dessen Wiedergabe ich auch nach etlichen Recherchen im Netz und Literatur noch nicht hinreichend entdeckt
habe, ist die Einleitung der Landung durch eine korrekte Bewegung des Beckens in die Aufrichtung. Auch hier finde ich
gibt es noch einige Mängel in der Methodik.
Was meinen die Anderen dazu? Rolleyes


RE: Weitsprung - omega - 24.01.2017

(24.01.2017, 16:03)Jumper schrieb: Dann stelle ich aber mal  (vielleicht) provokante Thesen auf, über die man diskutieren könnte: es wird beim Weitsprung
immer nur vom take-off gesprochen als wichtigstes, technisches Segment. Dies ist meiner Meinung nach definitiv nicht
zutreffend, weil jeder Athlet, egal ob Sportabzeichenniveau oder Topathlet "irgendwie" vom Brett wegkommt.
Das Alles Entscheidende muß doch immer noch sein, wie und wo ich als Athlet den Sprungfuß auf das Brett setze
und was dann bis zum Moment der größten Knie-/Hüftbeugung passiert, also quasi die touchdown Bewegung.
In der Hinsicht gibt es meiner Meinung nach zuwenig Methodik und Aufmerksamkeit.
Zunächst einmal glaube ich nicht, das man ein technisches Element über alle anderen stellen kann. Es sind schon alle Phasen wichtig. Die richtige Rhythmisierung der letzten Anlaufschritte, die Ansteuerung des Absprungs bis zum Fußaufsatz, die Amortisationsphase und schließlich die konzentrische Phase des Absprungs. Man sollte aber nicht irgendwie vom Brett wegkommen, sondern mit zeitlich und dynamisch richtigem Einsatz der Schwungelemente. Bei der Ansteuerung des Absprunges und in der Amortisationsphase geht es um die Optimierung von horizontalen und vertikalen Kräften /Geschwindigkeiten. Ich denke auch, das es bei diesen Phasen Nachholbedarf in einer genauen Bewegungsanalyse und Trainingsmethodik gibt.


RE: Weitsprung - icheinfachma - 25.01.2017

Zuerst sollte man einmal zu bedenken geben, dass es im gehobenen Segment sehr viele Springer mit sehr guter Technik gibt, was die Notwendigkeit einer anderen Methodik relativiert - es scheint sehr gut zu funktionieren. Ich gebe mal ein Beispile, wie es funktionieren kann: Die exzentrische und konzentrische Phase einzeln zu trainieren macht für mich keinen Sinn. Man kann nciht so einfach ganz kleine Teilbewegungen einzeln automatisieren und das dann zur Zielbewegung zusammenfügen. Ich würde immer die letzten beiden Schritte + Takeoff und Fixieren der Absprungposition in der Luft trainieren: asymmetrische Hopserläufe, Steigesprünge aus dem 3er-Rhythmus sind für mich die Trainingsmittel, um im Verbund die genannten Elemente zu trainieren. Man achtet bei diese Übungen darauf, den vorletzten Schritt etwas länger zu ziehen und mit gebeugtem Knie aufzusetzen, auch zu spüren, wie sich der KSP absenkt. Der letzte Schritt wird verkürzt und schnell gesetzt, man drückt sich aus der tiefen KSP-Position ab. Eine exzentrische Phase ist nicht spürbar, bei allen reaktiven Sprüngen arbeitet man schon vor der Landung gegen den Boden und spürt nur den Abdruck. Wenn nicht, hat man etwas falsch gemacht. Da alle Teilbewegungen des Weitsprunges durch die Steigesprünge abgedeckt sind, warum sollte man dann neue Methodik erfinden?

Für die Landung gibt es ebenfalls Methodik und meiner Meinung nach sogar sehr gute, die meisten Trainer kennen sie aber nicht oder es interessiert sie nicht. Dadurch springen dann viele im Schülerbereich mit der Landung in der Kniebeuge, meist noch mit krummem Rücken. Meine Ansicht: Entweder man landet komplett oder läuft durch, Kniebeugenlandungen mach für mich in keiner Trainings- oder Aufwärmphase Sinn. Nicht wenige junge Athleten, die beim Weitsprung von Knieschmerzen berichten, haben die nicht beim Takeoff, sondern bei der Landung. Bei den Landesmeisterschaften sehe ich dann auch, warum: kein einziger Athlet im Alter U14 abwärts und oft auch noch in der U16 beherrscht die Landung, obwohl sie doch so leicht zu lernen ist, wenn man die richtigen Übungen hat.


Weitsprung - Jumper - 25.01.2017

Hallo,

bezüglich Deiner Aussagen bin ich ganz bei Dir Wink , leider kennen wohl viele Trainer keine vernüftige Methodik
oder es interessiert sie (vielleicht?) nicht. Nur sollten dann aber manche Trainer kritisch ihre Anweisungen an ihre
Schützlinge überdenken, zB. wie "Drück Dich beim Absprung mehr ab" (geht gar nicht) oder "Heb´ die Füße  zur Landung an"
(geht überhaupt nicht) oder auch "Lauf` so schnell an, wie Du kannst´ (no-go!!!).

Nichtsdestoweniger mache ich meinen Athleten immer erst einmal den touchdown/das Landeverhalten durch Imitation und Anbahnung bewußt, um dann erst die von Dir besagten, richtig guten  Übungen durchzuführen.

Ich möchte auch nicht päpstlicher als der Papst sein und alle Methodik neu erfinden, sondern nur, dass man den Weitsprung so lehrt und vermittelt, wie er sich halt tatsächlich darstellt und es gibt mit Sicherheit auch etliche Trainer, die das genauso sehen und machen.


RE: Weitsprung - Gertrud - 25.01.2017

(25.01.2017, 08:55)icheinfachma schrieb: Für die Landung gibt es ebenfalls Methodik und meiner Meinung nach sogar sehr gute, die meisten Trainer kennen sie aber nicht oder es interessiert sie nicht. Dadurch springen dann viele im Schülerbereich mit der Landung in der Kniebeuge, meist noch mit krummem Rücken. Meine Ansicht: Entweder man landet komplett oder läuft durch, Kniebeugenlandungen mach für mich in keiner Trainings- oder Aufwärmphase Sinn. Nicht wenige junge Athleten, die beim Weitsprung von Knieschmerzen berichten, haben die nicht beim Takeoff, sondern bei der Landung. Bei den Landesmeisterschaften sehe ich dann auch, warum: kein einziger Athlet im Alter U14 abwärts und oft auch noch in der U16 beherrscht die Landung, obwohl sie doch so leicht zu lernen ist, wenn man die richtigen Übungen hat.

Ich war bei einer A-Trainer-Fortbildung, wo man die Landung mit vorgebeugtem Oberkörper gelehrt hat. Das wird natürlich in der Peripherie übernommen. Was ein BT sagt, hat Gewicht. Ich habe dagegen gehalten und anhand des EM mit 8,47m bewiesen, dass er bei dem Sprung eine andere Landung als bei schwächeren Sprüngen hatte. Es kommt leider teilweise zu keinen kontroversen Diskussionen. Zumindest sieht man Einwände gegen BT vor versammeltem Auditorium nicht gerne, was ich für total falsch halte. Es ist bewiesen, dass die größten Kräfte bei der Landung auftreten. 

Gertrud


RE: Weitsprung - omega - 25.01.2017

Hier findet man eine Übungsfolge im Sprungkraft- und Techniktraining von Nils Winter.

https://hesstraining.files.wordpress.com/2011/10/8meter.pdf