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"Dopingfall" Benedikt Karus (Positiv auf EPO) - Druckversion

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RE: "Dopingfall" Benedikt Karus (Positiv auf EPO) - RalfM - 04.09.2016

(04.09.2016, 15:52)Sergej Litvinov schrieb: Da gilt: Besser ein Verbrecher auf freien Fuß, statt ein Unschuldiger im Knast.

Und darin sind wir uns dann wieder völlig einig.


RE: "Dopingfall" Benedikt Karus (Positiv auf EPO) - Reamun - 06.09.2016

(04.09.2016, 07:58)Atanvarno schrieb: Und das gleiche Verfahren muss aus meiner Sicht verwendet werden, wenn es kein genauso sensitives Alternativverfahren gibt (und wie auch von Karus' Anwalt zugegeben ist SAR-PAGE besser als das Massenspektroskopieverfahren).

Wann bitteschön hat Benedikts Anwalt zugegeben, dass die SAR-PAGE Methode die bessere ist? Es ist nämlich genau das Gegenteil der Fall! Zitat Facebook Stellungnahme: "Das Verfahren der Massenspektrometrie identifiziert unerlaubte Stoffe - im Gegensatz zum oben genannten SAR-PAGE Test - unmittelbar und ohne Rückgriff auf fehleranfällige Reaktionen mit Antikörpern."


RE: "Dopingfall" Benedikt Karus (Positiv auf EPO) - Atanvarno - 06.09.2016

Zitat:Karus’ Anwalt Prof. Dr. Dieter Rössner kennt den Grund: „Beide Tests sind wissenschaftlich anerkannt. Dennoch wird der Kölner Test als empfindlicher eingestuft als der aus Asien.
Quelle

OK, nicht zugegeben, aber zumindest zur Kenntnis genommen.

Hier stehen sich zwei Standpunkte gegenüber. Karus/Rössner argumentieren über die Möglichkeit eines falsch positiven Ergebnisses, die Anti-Doping-Behörden über die höhere Detektionssensivität des SAR-PAGE Verfahrens.

Ob die Wahrscheinlichkeit falsch positiver Ergebnisse wirklich so hoch ist wie behauptet, möchte ich nach den Beiträgen dazu hier im Thread bezweifeln.

Die für mich nicht ganz geklärte Frage (man sehe mir nach, dass mir die alleinige Aussage der Verteidigung dazu nicht reicht): kann die Massenspektrometrie keine falsch negativen Ergebnisse liefern?


RE: "Dopingfall" Benedikt Karus (Positiv auf EPO) - Atanvarno - 06.09.2016

Zitat:Aufgrund der sehr geringen Dosierung von EPO sind auch die zu erwartenden Urinkonzentrationen äußerst gering, weshalb bis dato andere theoretisch mögliche Nachweismethoden wie z.B. LC/MS-Verfahren (Flüssigkeitschromatographie / Massenspektrometrie) und elektrophoretische Verfahren mit MS-Kopplung aufgrund ihrer unzureichenden Empfindlichkeit nicht zum Einsatz gekommen sind. Ansatzpunkte für eine Verbesserung der Empfindlichkeit können spezifische Isolierungs- und Aufkonzentrierungsverfahren sein, wie z.B. die Immunoaffinitätschromatographie.
Quelle

Der Artikel ist von 2002. Hat jemand ein neueres Dokument, das belegen kann, dass LC/MS inzwischen empfindlicher ist als SAR-PAGE? (oder wenigstens genauso empfindlich)

--edit
Der Zusammenfassung von gruenes.kaenguru weiter oben entnehme ich, dass LC/MS SAR-PAGE immer noch unterlegen ist
(03.09.2016, 22:26)gruenes.kaenguru schrieb: Der negative Befund aus der Massenspektroskopie lässt sich eventuell damit erklären, dass mit dieser Methode schlicht nicht alle Präparate detektiert werden können, bzw. manche wohl nicht so sensitiv (vgl. Publikation von Reichel).

Das passt dann auch mit der Handlunganweisung aus dem von mir verlinkten WADA-Dokument, die ausdrücklich SAR-PAGE für den EPO-Test vorsieht. Insofern scheint mir auch die von Karus/Rössner benutzte Formulierung eines "Kölner Tests" irreführend. Jedes WADA-akkreditierte Labor muss für EPO mit SAR-PAGE arbeiten.


RE: "Dopingfall" Benedikt Karus (Positiv auf EPO) - lor-olli - 06.09.2016

Und bitte in der Diskussion nicht unterschlagen: der menschliche Faktor…
Ein/jedes Verfahren hat Grenzen, wo die liegen bestimmt zum einen die Methode (die Massenspektroskopie etwa hat sich technisch in den letzten zehn Jahren enorm weiterentwickelt, bzw. ist empfindlicher und damit genauer geworden - hängt unter anderem mit der Rechenleistung zusammen) ABER auch der mit dieser Methode Arbeitende!
Da wir bei Dopinganalysen von Mengen im gerade noch detektierbaren Bereich sprechen, muss hier extrem sorgfältig und routiniert  gearbeitet werden (z.B. Zeitfaktor). Jeder der regelmäßig bestimmte Routineaufgaben durchführt weiß, Erfahrung kann helfen bestimmte Fehler zu vermeiden (fängt mit einem umständlichen / unerfahrenen Handling der Proben an).

@atanvarno: Die Massenspektroskopie ist z.B. in der Lage mittlerweile sogar einzelne Moleküle  zu detektieren (bestimmte, nicht alle), aber für einen direkten Vergleich mit anderen Methoden müssten diese gegen einander, mit jeder in Frage kommenden Substanz getestet werden… Die Spezifität ist je nach Ausgangslage unterschiedlich und die Proben werden zwar genormt erfasst, der Inhalt ist aber individuell, generell kann man nicht einfach sagen, dieses oder jenes Verfahren ist in der Summe "genauer", das hängt auch von der Zahl der möglichen, störenden Nebenprodukte (Humane “Rohstoffe" sind keine Edukte Wink).

Im Fall von Epo kommt noch die ständige Neu- oder Weiterentwicklung des rekombinanten Epos hinzu. Einige neue Präparate (noch nicht zugelassene, z.B. ein EPO-Dimer-Präparat) deuten eine deutliche stärkere Wirkung an, könnten damit niedriger dosiert werden - die Diskussion um die Grenzwerte (z.B. Hämatokrit, dieser ist auch beim Nichtsportler stark schwankend) geht in die nächste Runde.


RE: "Dopingfall" Benedikt Karus (Positiv auf EPO) - Atanvarno - 06.09.2016

@lor-olli

Du hast dir wieder ein paar Fragen verdient Wink

1) Warum empfiehlt die WADA SAR-PAGE und nicht LC/MS, wenn man die Detektionssicherheit der beiden Methoden gemäß deiner Aussage nicht vergleichen kann?

2) Hast du irgendwelche Hinweise, dass in einem der meistbeschäftigten Anti-Doping-Labors der Welt, in Köln, nicht routiniert gearbeitet wird?


RE: "Dopingfall" Benedikt Karus (Positiv auf EPO) - Reamun - 06.09.2016

  • Hier ein Zitat von Simon Perikles zum SAR-PAGE Test: "Während die Testmethoden etwa bei anabolen Stereoiden mittlerweile sehr präzise ist, sei die Fehlerquote bei dieser Untersuchung wegen der Kreuzreaktivität der Antikörper enorm hoch." 
  • Weiteres Zitat von Perikles zu diesem Test:"Der EPO-Test ist so etwas wie eine Lotterie und gehört in der jetzigen Form sofort abgeschafft." Besonders bedenklich da sich Benedikts Werte im Grenzbereich der Nachweisbarkeit befunden haben.
  • Zudem Hat er gesagt, dass die Massenspektrometrie eine wissenschaftlich anerkannte genauere Untersuchungsmethode ist.



RE: "Dopingfall" Benedikt Karus (Positiv auf EPO) - dominikk85 - 06.09.2016

Ich traue mir nicht zu das zu beurteilen. Ich würde mal behaupten die methode ist nicht umsonst zugelassen und ausreden hat doch jeder gedopte athlet. andererseits ist perikles simon natürlich auch normalerweise keiner, der sich von einer tränendrüsenstory beeindrucken lässt, irgendeinen Grund wird er schon haben an dem Test zu zweifeln. Oder steht die Uni Mainz wo er Professor ist, da in einer fachlichen Konkurrenz zur DSHS?

Wäre es ein Fehlurteil wäre es natürlich tragisch (auch wenn karius wohl eh nicht finanziell von der LA leben konnte und als angehender Mediziner gut versorgt ist), aber eine Ausrede kann ich mir ebenso vorstellen. Es ist ja nichts neues wenn Anwälte versuchen aufgrund eines Formfehlers einen Freispruch eines Täters zu erwirken, das bedeutet ja nicht, dass er auch wirklich unschuldig ist (selbst wenn es geringste Ungenauigkeiten in der methode geben sollte).


RE: "Dopingfall" Benedikt Karus (Positiv auf EPO) - alex72 - 06.09.2016

Also es ist für einen Laien unmöglich zu beurteilen ob der eine oder der andere Test genauer, fehleranfälliger usw. ist.

Fakt ist dass sowohl die Fachleute der WADA als auch das Gericht (bzw.dessen Gutachter) den Test für ausreichend sicher halten.
Mir ist auch kein anderer Fall bekannt in dem dieser Test für unsicher befunden wurde.

Man darf auch nicht vergessen dass es eine B-probe gibt. Der Testfehler müsste ja dann gleich zweimal aufgetreten sein.

Man möchte sympathischen Sportlern auch gerne glauben. Fakt ist aber leider dass auch ansonsten nette Menschen Straftaten begehen und jeder Täter sich für unschuldig hält. In einer JVA wird dir jeder Insasse erzählen dass er entweder unschuldig verurteilt wurde oder dass er ein Opfer der Umstände war.

wenn ich es richtig im Kopf habe war Karus zum Tatzeitpunkt in sehr guter Form und es ist ja auch nicht unplausibel dass ein angehender Arzt sich irgendwo epo besorgen kann und der Versuchung erliegt die Wirkung zu probieren.

Jedenfalls halte ich das für wesentlich wahrscheinlicher als dass ein anerkannter Test zweimal hintereinander das gleich falsche Ergebnis hat.

Es bleibt aber natürlich ein restrisiko für ein falsches Ergebnis. Ein Lottogewinn ist wohl genauso wahrscheinlich. Dann hat Karus unglaublich Pech gehabt.



aber jedes noch so gute Rechtssystem produziert zwangsläufig auch ein paar Fehlurteile


RE: "Dopingfall" Benedikt Karus (Positiv auf EPO) - Atanvarno - 06.09.2016

(06.09.2016, 12:37)alex72 schrieb: aber jedes noch so gute Rechtssystem produziert zwangsläufig auch ein paar Fehlurteile

Was uns dann wieder zu dem hier von Sergej angesprochenen und von mir an vielen anderen Stellen vertretenen Punkt bringt, dass man in der "Dämonisierung" überführter Dopingsünder und mit der Forderung immer härterer Strafen (bis hin zur lebenslangen Sperre) vielleicht doch etwas zurückhaltender sein sollte.