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"Dopingfall" Benedikt Karus (Positiv auf EPO) - Druckversion

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RE: "Dopingfall" Benedikt Karus (Positiv auf EPO) - dominikk85 - 02.09.2016

Warum eigentlich 4  Jahre? Sind nicht  2 Jahre für ersttäter standard?


RE: "Dopingfall" Benedikt Karus (Positiv auf EPO) - Paragraf - 03.09.2016

(02.09.2016, 23:31)dominikk85 schrieb: Warum eigentlich 4  Jahre? Sind nicht  2 Jahre für ersttäter standard?

Laut Karus' Rechtsanwalt aus diesem Grund:
"Seine Unschuld und Aufrichtigkeit führte, in der Argumentation nicht nachvollziehbar, zu einer vierjährigen statt sonst möglichen zweijährigen Sperre. Wenn er als sauberer Athlet bei der Wahrheit bleibt, kann er eben keine Angaben zum konkreten Hergang eines „Vergehens“ machen, das nicht existiert. Es ist absurd und unfair, dass er mit einer wahrheitswidrigen Schilderung eines fiktiven Delikts besser davongekommen wäre."
Quelle facebook s.u.


RE: "Dopingfall" Benedikt Karus (Positiv auf EPO) - Paragraf - 03.09.2016

Dieser Fall geht vor allem durch seine persönliche Schilderung nahe, und das Mitgefühl des Lesers hat zunächst einmal nichts mit deutscher Brille zu tun, abgesehen davon, dass wir über einen ausländischen Athleten von einer solche detaillierte Beschreibung vermutl. gar nicht gelesen hätten.
Aber das ist doch kein Grund, in diesem vorliegenden Fall jetzt nicht schockiert reagieren zu dürfen. Statt dessen sollte man andersrum bei der eigenen Reaktion auch in nicht deutschen Fällen solche Hintergründe als Möglichkeit zulassen.
Und deswegen schließe ich mich der hier schon geäußerten Bitte an, dass jmd., der sich damit auskennt, mehr über die verschiedenen Analyseverfahren und auch Vorgaben für die akkr. Labors berichtet. Ich hätte z.B. - offensichtlich naiv - gedacht, dass nach einheitlichen Methoden analysiert wird.


RE: "Dopingfall" Benedikt Karus (Positiv auf EPO) - Atanvarno - 03.09.2016

Technisches Dokument der WADA zur Harmonisierung der Testverfahren auf EPO
HARMONIZATION OF ANALYSIS AND REPORTING OF ERYTHROPOIESIS STIMULATING AGENTS (ESAs) BY ELECTROPHORETIC TECHNIQUES

Das von Perikles Simon so scharf kritisierte SAR-PAGE Verfahren wird seit 2014 von der WADA empfohlen insbesondere aufgrund seiner hohen Sensitivität, mit der sich auch Microdosing aufdecken lässt. Warum kritisiert Simon, der dieses Dokument sicher kennt, das Verfahren erst jetzt?

Anwendungshinweise für den SAR-PAGE Test vom Anti-Doping-Labor in Kreischa
Improved detection of EPO in blood and urine based on novel Velum SAR precast horizontal gels optimized for routine analysis

Dirk Schwenke kommt dabei zu dem Schluss

Zitat:According to the WADA Technical Document 2014 EPO the initial testing procedure for the detection of doping should be done by IEF or SAR-PAGE.
Compared to the IEF method the detection windows were up to 12 hours longer, with a very individual response. Especially the detection of mixed bands consisting of endogenous EPO and rEPO using Velum SAR PAGE shows a much better performance for detecting low dose doping than the IEF method does.

Es geht hier also nicht, wie weiter oben geschrieben, darum "die verletzte Eitelkeit des Labors in Köln" zu schützen, sondern darum zu klären, warum auf einmal ein seit 2014 etabliertes und von allen WADA-Laboren weltweit eingesetztes Verfahren in der Kritik steht.


---edit
Aus folgendem Artikel noch zwei Zitate. Würden wir die Argumente von einem Kenianer oder einem Äthiopier akzeptieren?
Leichtathletik: Doping: Benedikt Karus für vier Jahre gesperrt / Athlet beteuert Unschuld
 
Zitat:Anwalt Prof. Dr. Dieter Rössner kennt den Grund: „Beide Tests sind wissenschaftlich anerkannt. Dennoch wird der Kölner Test als empfindlicher eingestuft als der aus Asien. Daher hat sich das Schiedsgericht für das Kölner Ergebnis entschieden“
 
Zitat:Wenn ich aber gedopt hätte, dann hätte ich es als Medizinstudent cleverer angestellt und nicht ein Mittel genommen, dass sehr lange im Körper nachweisbar ist.“

Wie selbst auch von seinem Anwalt zugegeben erkannt, ist das in Köln angewendete Verfahren aufgrund seiner hohen Sensitivität gerade dafür gedacht, Cleverles zu schnappen.


RE: "Dopingfall" Benedikt Karus (Positiv auf EPO) - jonas - 03.09.2016

Ich muss Atanvarno völlig Recht geben in seiner Einstellung, die ich so von ihm nicht erwartet hätte. Das mit der "deutschen Brille" habe ich mir im Eingangspost verkniffen, weil ich keinen erneuten Shitstorm produzieren wollte. Wo war euer Mitgefühl eigentlich bei Simret Restle-Apel, die ebenso (wie eigentlich jeder mit positivem Test) ihre Unschuld beteuert hat? Da gab´s nur Hohn und Spott, aber die gehört ja bei den zwei hirnverbrannten Kategorien "guter und böser (deutsche) Athleten" in letztere. Auf Lashawn, Gatlin, Restle-Apel und Co. einprügeln, aber hier dann einen auf verständnisvoll machen ...


RE: "Dopingfall" Benedikt Karus (Positiv auf EPO) - Atanvarno - 03.09.2016

(03.09.2016, 09:45)jonas90 schrieb: Auf Lashawn, Gatlin, Restle-Apel und Co. einprügeln, aber hier dann den verständnisvollen machen ...

Wobei ich nur widerwillig des Teufels Advokat gebe (eigentlich möchte ich Karus glauben, so wie ich beispielsweise Dieter Baumann glaube) und mein Hauptanliegen ist, auf die obige Diskrepanz hinzuweisen.

Ich finde es zumindest auffällig, dass sich die "üblichen Verdächtigen" wie Astra (stellvertetend für noch einige mehr genannt), die sonst in solchen Fällen schnell mit Forderungen nach unnachgiebiger Härte und drakonischen Strafen oder alternativ abfälligen Bemerkungen über die bösen Dopingsünder schnell  bei der Hand sind, hier (trotz Lektüre des Threads) noch nicht geäußert haben.
AndyI darf man zugute halten, dass er sich auch schon in anderen Fällen (bspw. Collins) für einen zurückhaltenderen Umgang mit Dopingverdächtigungen ausgesprochen hat.

Festzuhalten bleibt: Gemessen an den verfügbaren objektiven Fakten liegt ein positiver EPO-Test von Benedikt Karus vor. Dass a l l e  Testverfahren ein Restrisiko von false positives haben, wird im Rahmen des übergeordneten Ziels eines erfolgreichen Anti-Doping-Kampfs akzeptiert.
Wollen wir das (und damit den Anti-Doping-Kampf an sich) jetzt in Frage stellen, nur weil es einen deutschen Athleten erwischt hat?


RE: "Dopingfall" Benedikt Karus (Positiv auf EPO) - Astra - 03.09.2016

Da ich gerade hier genannt wurde. Ich bin nicht unbedingt für drakonische Strafen (mir reichen 2 Jahre bei Ersttätern), aber ich bin dafür, dass mehr und weltweit getestet wird und dass Länder, die es systematisch unterstützen und keinerlei Einsicht zeigen (gilt nicht nur für Russland), damit nicht unbedingt durchkommen.
Bei Gatlin habe ich schon mehrfach meine Meinung geäußert: wer mehr als einmal erwischt wird ist endweder dumm oder frech - und ich glaube nicht,dass Gatlin dumm ist.

Ich habe mich auch immer wieder zu Dopern positiv geäußert, die sich dazu bekannt haben (z.B. Chambers), der ja nicht besser als Stepanova behandelt worden ist - weil er auch als Nestbeschmutzer galt.

Zu Karus habe ich mich nicht geäußert, da meine Chemiekenntnisse doch etwas veraltet sind.


RE: "Dopingfall" Benedikt Karus (Positiv auf EPO) - Atanvarno - 03.09.2016

(03.09.2016, 11:55)Astra schrieb: Zu Karus habe ich mich nicht geäußert, da meine Chemiekenntnisse doch etwas veraltet sind.

Aber deine Chemiekenntnisse reichen aus, wissenschaftlich begründete Zweifel an Gatlins zweitem positiven Test zu ignorieren?


RE: "Dopingfall" Benedikt Karus (Positiv auf EPO) - AndyI - 03.09.2016

Super. Danke Atanvarno für den sehr ausführlichen Beitrag weiter oben, der mit den beiden Verfahren schon wesentlich mehr ins Detail geht. Hilft mir weiter, das Verfahren besser nachvollziehen zu können. 

Meine Grundintention zu dem Thema liegt auch darin, dass ich mir sehr schwer tue mit der Möglichkeit von false positives. Ich beschäftige mich intensiv mit Karriereverläufen und Fördermöglichkeiten von Spitzensportlern. Und wenn ich mir da denke, was ein false positive mit dem Athleten, seiner kompletten Karriere und seinem kompletten Umfeld macht .. nicht einfach. Aber ja.. werde allgmein hier. Gerne weiter konkret zum Fall im Thema Smile


RE: "Dopingfall" Benedikt Karus (Positiv auf EPO) - Atanvarno - 03.09.2016

Noch ein bißchen Lektüre. Ein Artikel, der sich mit den in akkreditierten WADA-Laboren vorgeschriebenen Prozessen beschäftigt, die falsch positive Analysen verhindern sollen. Die Antwort auf die Frage "Wie wahrscheinlich sind falsch positive Ergebnisse in einem Dopingtest?" vorweggenommen: Extrem unwahrscheinlich.

How likely are doping test false positives?

Es gibt sogar einige Kritiker, die der Meinung sind, dass die Testverfahren aus Angst vor false positives zu lasch ausgelegt sind und deswegen viele Doper, die man in den Tests eigentlich erkennt, durchkommen.