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Sprinttechnik - Zutritt nur für Wissbegierige! - Druckversion

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RE: S p r i n t t e c h n. - Zutritt nur für Wissbegierige! - Gertrud - 29.11.2015

(29.11.2015, 13:00)Gertrud schrieb:
(29.11.2015, 11:13)Halloo schrieb: Mir scheint, dass das anfersen nicht aktiv geschieht, sondern fliehkraftbedingt. Ist nur möglich, wenn Agonisten und Antagonisten optimal abgestimmt sind. Durch die optimale Entspannungsfähigkeit von Bolt klapp das hervorragend.
Er hat eine Lockerheit und Entspannungsfähigkeit, die auf seinen enorm geprägten Hüftbereich zurückzuführen ist. Das ist wirklich Ästhetik pur und hat nichts von Verkrampfung und Blockierung.

Mit Fliehkraft hat die Sache meines Erachtens nichts zu tun, eher mit dem Newtonschen Trägheitsprinzip. Hier bleibt der Unterschenkelradius konstant.


RE: S p r i n t t e c h n. - Zutritt nur für Wissbegierige! - Halloo - 29.11.2015

Mag sein. Jedenfall erreichen die Sprunggelenke Hüftgelenkshöhe, ohne dass offensichtlich temporär weder bewusst die Agonisten kontrahieren noch die  Antagonisten hemmen. Das relativ hohe Anfersen wurde seit Johnsons Weltrekorden (und wird zum Teil immer noch) oft verteufelt.  Deutschland hatte die schnellsten Tretrollerfahrer der Welt. Teilweise wurden technisch passabele Sprinter versaut, weil sie zu Sitzsprintern umfunktioniert wurden. Was für Johnson gut war, kann man nicht verallgemeinern.


RE: S p r i n t t e c h n. - Zutritt nur für Wissbegierige! - Gertrud - 29.11.2015

Das hohe Anfersen ohne Kniegelenksbewegung wird als falsch eingestuft. Man kann ganz klar am Weg des Kniegelenkes bei Usain Bolt erkennen, dass die Hüftflexoren enorm arbeiten, was den Unterschenkel in einen sehr spitzen Winkel zum Oberschenkel schnellen lässt. Der Oberschenkel bleibt aber nicht starr, sondern bewegt sich. Es funktioniert folglich zweigelenkig.
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RE: S p r i n t t e c h n. - Zutritt nur für Wissbegierige! - Gertrud - 30.11.2015

Deshalb sind Anfersen und butt kicks auch zwei unterschiedliche Welten. Das Lauf-ABC sollte daher in vielen Bereichen völlig umgestaltet bzw. einfach auf die mach drills übergegangen werden. Die neuronale und technische Seite betrifft eine ganz andere Ansteuerung. Hätte man diesen Schritt plus angepasster Krafttrainingsübungen und Beachtung der Streckenauswahl nach dem Energiesystem schon vor 20 Jahren konsequent vollzogen (Hansjörg und ich haben permanent darauf hingewiesen), hätte der deutsche Männersprint eine viel größere Vorlaufzeit. Ich bemerke in vielen Übungen der Männer, die ich katalogisiere, dass das alte System noch "lebt" und teilweise nicht ausgemerzt ist. Die gut arbeitende Hüfte eines Usain Bolt erzielt man nicht nur durch Talent und Massage, sondern man muss sie sich auch erarbeiten, wenn auch viele Dinge bei ihm in der Wiege gelegen haben. 

Diese ansteuernden Elemente gehören auch in die Kinder-Leichtathletik, um Hüften und Füße flott für spätere Aufgaben zu machen. Man sollte in dem Bereich das Augenmerk auf die wichtigen Dinge lenken und keine Zeit durch "Spielerei" vergeuden. Man muss in dem Bereich den Trainern ein großes Repertoire an Übungen natürlich auch in kindgemäßer Form nach dem Motto "Wer kann?" anbieten. Auch in der Hinsicht gibt es Vorlagen von Jamaika. Das Unterfangen deutsches Mithalten im Weltsprint sollte auf solide Füße von unten an gestellt werden. Kinder-LA, Sportlehrerausbildung an den Universltäten und adäquate Fortbildung der TrainerInnen sind Baustellen, die es zu "beackern" gilt und deren Wechselwirkung beachtet werden sollte.

Wenn - wie es erlebt habe - von oberster Stelle z. B. Frequenzläufe mit drei Kontakten in einem Leiterfeld gezeigt werden, weil man da angeblich die Erhöhung der Frequenz schult, dann werden Bremskontakte und somit auch lange, langsame Kontakte geschult. Solche Fehler dürfen nicht passieren. Bevor Übungen an die Front gehen, sollten sie eingehend auf "Herz und Nieren" überprüft und auch diskutiert werden. Wenn man Übungen konzipiert, sollte man immer auch die Beziehung in Ketten betrachten, was z. B. bei der TKB völlig fehlt und somit eine "artgerechte" Ansteuerung des Sprints unterbleibt. Die Pattern werden folglich falsch geschult bzw. hinterlegt. Es kann dann im Sprint nicht auf die eigentlichen Beanspruchungsmuster zurückgegriffen werden. Das betrifft übrigens auch den Entspannungsbereich, auf den Halloo richtigerweise hingewiesen hat.

Gertrud


RE: S p r i n t t e c h n. - Zutritt nur für Wissbegierige! - Halloo - 30.11.2015

(30.11.2015, 07:46)Gertrud schrieb: Wenn - wie es erlebt habe - von oberster Stelle z. B. Frequenzläufe mit drei Kontakten in einem Leiterfeld gezeigt werden, weil man da angeblich die Erhöhung der Frequenz schult, dann werden Bremskontakte und somit auch lange, langsame Kontakte geschult. Solche Fehler dürfen nicht passieren. 
 Gertrud

Ehrlich,  ich verstehe das nicht. Wieso gibt es lange und langsame Kontakte, die dabei geschult werden?
Müsste man dann nicht auch einen Teil der "Frequenzläufe" aus dem gängigen Lauf/Sprint ABC meiden,  u.a. auch die Tripplings und Skippings?? Und sollte man dann nicht Leiterübungen ganz abschaffen Huh


RE: S p r i n t t e c h n. - Zutritt nur für Wissbegierige! - Gertrud - 30.11.2015

Machen Sie die Übungen mal mit einer Kontaktmatte! Dann haben Sie den Beweis. Es fehlt einfach die Maxgeschwindigkeit des Sprintes, die dann auch noch durch drei Kontakte verringert wird. Man muss wissen, was man schulen will. Frequenzerhöhung heißt nicht unbedingt Verbesserung der Kontaktzeit. Die schult man mit ganz anderen Mitteln. Wenn ich das erreichen will, brauche ich z. B. nur einen Kontakt oder entsprechende Geschwindigkeiten. Ich will vor allem Bremsstöße vermeiden. Man kann doch z. B. eine hohe Frequenz haben, selbst wenn man stark vor dem KSP aufsetzt. Wenn Sie sich z. B. mit Körperrücklage gestreckt an eine Wand lehnen und vorne Tappings durchführen, können Sie eine hohe Frequenz entwickeln, und trotzdem forcieren Sie Bremsstöße. 

Unsere Tripplings und Skippings streichen sie mal bitte voll aus dem Programm und ersetzen sie bitte durch drills wie anklings und US-skips ... im A-, B- und C-Bereich, die neuronal entsprechend ansteuern!

Die Leitern kann man für andere Geschicklichkeitsübungen gut benutzen. Ansonsten sollte man eine Leiter - wie ich sie seit über 20 Jahren habe - verwenden, wo man flexibel im Abstand ist. Entscheidend ist doch im Endeffekt ein hohe Frequenz mit wenig Bremswirkung bei großem Schritt wie bei Bolt. 

Fortschritt kommt immer durch Trainer oder Wissenschaftler, die nicht einfach Dogmen übernehmen, sondern am "Thron kratzen". Ich lese gerade eine Abhandlung über die Speicherung in den Sehnen und Release. Ich kann mich gut erinnern, dass ein Professor davon gesprochen hat, dass die Reflexe bei Gewichtsbelastung ausgeschaltet werden. Man hat mit neuesten Untersuchungen gegenteilige Sachen anscheinend bewiesen und in welchem Bereich der höchste Output passiert. Solche Sachen finde ich spannend, weil ich damals schon Unbehagen verspürt habe (rein intuitiv ohne Beweise). Bei solchen Einflussnahmen geht´s natürlich ans "Eingemachte", zumal die Beweismethoden immer präziser werden. Somit sollten unsere Übungen auch immer exakter werden. An der Schnittstelle bewege ich mich unentwegt.

Gertrud


RE: S p r i n t t e c h n. - Zutritt nur für Wissbegierige! - Halloo - 30.11.2015

(30.11.2015, 10:05)Gertrud schrieb: ....Unsere Tripplings und Skippings streichen sie mal bitte voll aus dem Programm und ersetzen sie bitte durch drills wie anklings und US-skips ... im A-, B- und C-Bereich, die neuronal entsprechend ansteuern!

Die Leitern kann man für andere Geschicklichkeitsübungen gut benutzen......

Verstehe ich erneut nicht. Wenn Leitern für andere Geschicklichkeitsübungen gut benutzt werden können (geschieht i.d. Regel mit schneller Frequenz), gibt es doch ebenso ungezählte "Bremskontakte" wie bei Tripplings o.ä. Ich sehe da keinen Unterschied. Oder sehen Sie es so, dass die Leiter-Geschicklichkeitsübungen nur in reaktiver Form ausgeführt werden sollten Huh
Ist es denn auch so, dass zu Lasten der Geschwindigkeit keine Ausdauerläufe durchgeführt werden dürfen, weil auf diese Weise der lange Bodenkontakt ebenfalls geschult wird???? Oder sind Sie der Meinung, dass diese "Schulung" nur ab einer gewissen Geschwindigkeit (80%?), erfolgt.  Ich kann mir kaum vorstellen, dass durch Tripplings u.ä. negative Geschwindigkeitsbarrieren entstehen (hier Sprunggelenke), wenn man andererseit durch spezielle (z.B. plyometrische ) Übungen gegenwirkt.


RE: S p r i n t t e c h n. - Zutritt nur für Wissbegierige! - Gertrud - 30.11.2015

(30.11.2015, 13:35)Halloo schrieb: Verstehe ich erneut nicht. Wenn Leitern für andere Geschicklichkeitsübungen gut benutzt werden können (geschieht i.d. Regel mit schneller Frequenz), gibt es doch ebenso ungezählte "Bremskontakte" wie bei Tripplings o.ä. Ich sehe da keinen Unterschied. Oder sehen Sie es so, dass die Leiter-Geschicklichkeitsübungen nur in reaktiver Form ausgeführt werden sollten Huh
Ist es denn auch so, dass zu Lasten der Geschwindigkeit keine Ausdauerläufe durchgeführt werden dürfen, weil auf diese Weise der lange Bodenkontakt ebenfalls geschult wird???? Oder sind Sie der Meinung, dass diese "Schulung" nur ab einer gewissen Geschwindigkeit (80%?), erfolgt.  Ich kann mir kaum vorstellen, dass durch Tripplings u.ä. negative Geschwindigkeitsbarrieren entstehen (hier Sprunggelenke), wenn man andererseit durch spezielle (z.B. plyometrische ) Übungen gegenwirkt.

Man kann doch schnelle Drehungen, Kreuzschritte usw ausführen, die man disziplinär (z. B. für den Speer-, Hammerwurf) benötigt.

Wenn Sie z. B. die butt kicks schnell durchführen lassen, sehen sie vordergründig auch so aus, als sei es eine Übung für die Frequenz. In Wirklichlichkeit geht es um ein technisches Detail.

Wenn man sich das Einlaufen von Spitzenleuten anschaut, dann sieht man, dass das ganz langsam und in relativ kurzer Zeit erfolgt. Es dient mehr dem psychischen Sammeln. Einige lassen es bereits ganz weg.

Sicherlich verändern Ausdauerläufe auch die Stiffness der Sehnen. Ich habe mir in einem Fall sehr viele Gedanken über den Achillessehnenriss gemacht, weil ich die Programme dieser Person kenne und Zusammenhänge sehe, weil die MTU (muscle-tendon-unit) nicht auf die Höchstbeanspruchungen in optimaler Form vorbereitet worden ist. Es kommt sehr wesentlich darauf an, nicht sehr weit durchzurauschen, sondern frühzeitig "einzurasten". Das ist wahrscheinlich genau der Punkt, warum einige gesund bleiben und andere nicht. Es kommen natürlich noch andere Gründe hinzu.  

Übrigens sehe ich den Vorzug des reinen Ausdauertrainings als den größten Killer für unsere LA-Schnellkraftdisziplinen in unserem Schulsystem an, weil KuK in dem Bereich unzureichend geschult sind. Das erfordert ein völliges Umdenken.

Gertrud


RE: S p r i n t t e c h n. - Zutritt nur für Wissbegierige! - Hellmuth K l i m m e r - 30.11.2015

(29.11.2015, 22:43)Gertrud schrieb: 'Gertrud' pid='40451' dateline='1448833417'

Kleine  K o r r e k t u r :  die Reihenfolge der Abb. ist nicht richtig.

Dem Bild 1 muss B.3  folgen , dann B. 2. (erkennbar an der Videowand im Hintergrund).

 hek


RE: S p r i n t t e c h n. - Zutritt nur für Wissbegierige! - Gertrud - 30.11.2015

Die Reihenfolge ist richtig; aber die Bilder stammen nicht von einem Schritt (sieht man am unteren Rand). Trotzdem stimmen die Phasen.

Gertrud
[attachment=333][attachment=334]