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The Price of Gold - Wieviel Raubbau am eigenen Körper ist eine Goldmedaille wert? - Druckversion

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The Price of Gold - Wieviel Raubbau am eigenen Körper ist eine Goldmedaille wert? - ThomZach - 20.04.2014

Danke für diesen Film-Link. Das Beste was ich über Leistungssport je gesehen und gehört habe.
Nichts was ich nicht aus eigener Erfahrung bestätigen könnte. Alarmierend der Umgang mit
dem Nachwuchs und die Ignoranz der Trainerwelt, ihr Mangel an Verantwortungsbewusstsein,
der dazu führt dass, die Methoden nicht geändert werden, sich nicht bessern, weil nicht
erkannt wird, dass sie biomechanisch und physiologisch einfach falsch sind. Gesundheitsschädlich
und obendrein nutzlos für die Leistung. Hier nochmal der Link

Den Preis für die Erfolge, den zahlen ja nicht eigentlich die Erfolgreichen sondern die Gescheiterten,
die Opfer des Systems, die die es nicht ausgehalten haben. Es ist zum Kotzen zu wissen, dass auch bei uns
die Dummheit, das Unwissen und die Unfähigkeit zur (selbst)kritischen Analyse das Regiment anführen und
unsere Talente, die ja in erster Linie Menschen sind, in den körperlichen und auch oft seelischen Ruin treiben.Angry

edit mod: aus dem Thema "Kreatin" abgetrennt und hierher verschoben


RE: The Price of Gold - Wieviel Raubbau am eigenen Körper ist eine Goldmedaille wert? - -running- - 20.04.2014

Das schlimmste für mich war jedoch die Tatsache, das die "erfolgreichen" Methoden dann auch Einzug in Nachwuchstraining fanden, und dort sofort Verletzungen aufgetreten sind. 
Und die Tatsache, dass alle bis auf Kallur sagen, sie würden es jederzeit wieder machen .... Erschreckend ....

-running-


RE: The Price of Gold - Wieviel Raubbau am eigenen Körper ist eine Goldmedaille wert? - Atanvarno - 20.04.2014

Hier nochmal mein Beitrag aus dem alten Forum zu dem Film:

Den Fatalismus, den einige Personen in den ersten Minuten des Films ausdrücken "Leistungssport ist halt ungesund", sollte man sich nicht zu eigen machen.

Wenn Trainingsinhalte mir so starke Schmerzen bereiten, dass ich Diclofenac wie Bonbons nehme, ändere ich die Trainingsmittel und erhöhe nicht die Dosis des Schmerzmittels. Wenn man dieser Herausforderung natürlich so hilflos oder auch stur gegenübersteht wie Bergvall (s. 52:15ff im Film) sind die Athleten in einer ziemlich schlechten Position.


RE: The Price of Gold - Wieviel Raubbau am eigenen Körper ist eine Goldmedaille wert? - ThomZach - 20.04.2014

Ein tragischer Aspekt der Geschichte ist, dass die Trainer glauben, die Erfolge jener Jahre wären auf ihre Methoden zurückzuführen.
In Wirklichkeit kommt das in jedem Land und in jeder Disziplin mal vor, dass es eine Serie von Erfolgen gibt und dann wieder die
Mittelmäßigkeit regiert. Und jetzt müsste ausgemistet werden und die ganzen Theorien zu Technik und Training auf den Müll
gebracht - da wo sie herkommen und hingehören. 

Denn die Stars wären mit einem anderen, weniger mörderischen Ansatz und Vorgehen, auch ohne ihre Gesundheit zu ruinieren,
genau so weit, ja wahrscheinlich sogar viel weiter gekommen. Denn Talente muss man nur machen lassen und beschützen,
nicht antreiben und formen und bevormunden und dirigieren. Wie immer in meiner Sicht: Die Trainer sind die Verbrecher.
Nicht erst wenn sie Schmerzmittel und "blaue Pillen" austeilen, sondern schon wenn sie das Training so gestalten, dass die
Athleten an Körper und Seele Schaden nehmen. Verbrecher weil auch ein falscher Trainingsrat schon den Tatbestand
der grob fahrlässigen Körperverletzung erfüllt. Schützlinge sind zum Schützen da, nicht zum schutzlosen Ausbeuten
ihrer Talente zu Gunsten des eigenen Ehrgeizes.

Und dies ist es doch, was auch bei uns in D durchweg geschieht:
Je mehr ich mich in die Entwicklung eines Athleten einbringe, desto mehr Verdienst kann mich mir dann an seinen Erfolgen
zurechenen. Und die Athleten schliddern in eine Art Stockholm-Syndrom. Denken, sie würden zu ihrem Besten geschunden,
und merken nicht, dass sie misshandelt und verführt werden zur Sebstzerstörung. Und die Verbände, wie sie auch heißen,
erkennen nicht dass sie dieser Unmenschlichkeit nachhaltig und ununterbochen Vorschub leisten. Ja sogar die Politk,
so zeigt es ja der Film, hat die Hände schiebend im Spiel indem sie bedingungslos unterstützt, was im Sport geschieht,
wenn es nur dem guten Ruf der Partei und der Nation zuträglich ist.

Ich hatte Talent für maximal 2m30 (was 72 und 76 für Olympiagold gereicht hätte) und bin nur nicht so hoch gekommen,
weil ich keine Videokamera hatte, um zu sehen, wo die Fehler lagen, die mich daran hinderten. Trainiert habe ich
im Sinne dieses sich Quälens nie und nimmer. Vor Verletzungen hatte ich solche Angst, dass ich immer lieber
zu wenig als zu viel gemacht habe. Und dann habe ich an meine Zukunft gedacht und dass ich lieber "mit 40 noch 2m"
springen wollte, als meine Karriere als Krüppel zu beenden. Viele damalige Kollegen haben heute künstliche Knie- und
Hüftgelenke und entsprechende Leidenswege hinter sich, teils sogar noch vor sich. 

Wenn mein Knie sich heute beschwert, dann geb ich ihm Ruhe und leide lieber darunter, dass ich nur 1x in der Woche
trainieren kann, obwohl ich es gerne 3mal täte. Denn dann wäre meine Technik jetzt stabil anstatt mangelig. 
Aber Gesundheit geht vor, zumindest bei mir. Ja im Grunde betrachte ich meine Springerei eher als Rehabilitation meines
1973 operierten Knies, welches sonst vielleicht "gänzlich einrosten" würde. 

Sollen die Verrückten sich und andere martern und schädigen. Wenn es nicht zum Heulen wäre würde ich lachen. Thumb_down


RE: The Price of Gold - Wieviel Raubbau am eigenen Körper ist eine Goldmedaille wert? - ThomZach - 20.04.2014

Übrigens: Meine Knie-OP war wahrscheilich sogar überflüssig. Jedenfalls hatte ich nur ein gelindes Patellaspitzen-Syndrom.
Und das wäre durch konservative Maßnahmen auch zu kurieren gewesen. Aber ich hatte damals zu wenig Ahnung und dachte:
Jetzt hat's dich doch erwischt. Es war eher so eine selffulfilling prophethy. Alles mehr mental als physisch. Es gehörte auch
irgendwie zum Guten Ton in der Leichtathletik, mindestens einmal operiert worden zu sein. Sonst stand man in dem Verdacht,
nicht alles gegeben zu haben. Das eigentlich Krankhafte war immer in erster Linie mental-emotional und dann sozial. Eben verrückt. Idea


RE: The Price of Gold - Wieviel Raubbau am eigenen Körper ist eine Goldmedaille wert? - ThomZach - 21.04.2014

Hier nochmal der Link für die Freunde von Ue30...


RE: The Price of Gold - Wieviel Raubbau am eigenen Körper ist eine Goldmedaille wert? - dominikk85 - 22.04.2014

(20.04.2014, 14:47)Atanvarno schrieb: Hier nochmal mein Beitrag aus dem alten Forum zu dem Film:

Den Fatalismus, den einige Personen in den ersten Minuten des Films ausdrücken "Leistungssport ist halt ungesund", sollte man sich nicht zu eigen machen.

Wenn Trainingsinhalte mir so starke Schmerzen bereiten, dass ich Diclofenac wie Bonbons nehme, ändere ich die Trainingsmittel und erhöhe nicht die Dosis des Schmerzmittels. Wenn man dieser Herausforderung natürlich so hilflos oder auch stur gegenübersteht wie Bergvall (s. 52:15ff im Film) sind die Athleten in einer ziemlich schlechten Position.

Ich denke schon, dass Leistungssport immer was ungesundes hat, aber man kann mit falschem Training doch viel schlimmer machen.

besonders das nutzen zu Risiko Verhältnis muss beachtet werden. man muss sich fragen wie viel eine trainingsmethode bringt und wie sehr sie schadet. eventuell gibt es eine andere Übung die ähnlich viel bringt, aber weniger schadet.

manchmal muss man eine "gefährliche" Übung machen weil sie viel bringt, aber wenn es ne andere Übung gibt die fast genauso effektiv ist muss man darüber nachdenken ob es das wert ist.


RE: The Price of Gold - Wieviel Raubbau am eigenen Körper ist eine Goldmedaille wert? - lor-olli - 22.04.2014

@ Dominik, ich hoffe ich komme nicht zu sehr in den Verdacht des "Erbsenzählers", aber einen Text einfach nochmal auf Tippfehler kontrollieren ist höflich… (das nutzen oder das Nutzen?, großgeschriebene Satzanfänge etc. helfen bei der Leserlichkeit ungemein)

Das bei körperlichem Extrem-Einsatz Risiken bestehen ist nachvollziehbar und nicht immer vermeidbar, etwa auch durch eine Dauerbelastung einer sonst "verträglichen" Übung - jeder Körper reagiert individuell.

Wo ich die Grenzlinie ziehe? Wenn ich vorsätzlich handele, wenn ich sehe, dass bei 4 Sportlern die Achillessehne reißt und ich einen fünften die Übung trotzdem machen lasse. Wenn ich dem kurzzfristigen Erfolg sogar den gesunden Menschenverstand unterordne (Wiederholung begangener Trainingsfehler), wenn ich "dope", wenn ich bereits Jugendliche wie Erwachsene Leistungssportler trainiere und hoffe, dass von den 10 wenigstens einer ins Erwachsenenalter die Erfolge und die Gesundheit halten kann.

Im Leistungssport sind eine Reihe von "Psychopathen" aktiv, sowohl unter den Athleten (Lance Armstrong als Extrembeispiel) wie auch unter den Trainern (Bergvall, weil der Name schon fiel) und manchmal stellt man sich schon die Frage: gewinnt wirklich der Beste, oder der "der am meisten aushält", weil die "natürlich Besten" verletzungsbedingt ständig ausfallen. Bei den deutschen Zehnkämpfern habe ich da manchmal kein so gutes Gefühl - so viel Talent und so viel Verletzungspech (wirklich Pech?)

Manchmal ist auch eine gewisse "Denkfaulheit" das Problem: "Das haben wir schon immer so gemacht" anstatt "warum versuchen wir nicht mal folgendes, weniger riskantes". (Methode Gertrude? Wink Ist mir jedenfalls sympatisch, erfordert vom Trainer aber einiges an zusätzlichem Einsatz und das bei DEN Gehältern ...)

Das Trainieren kann einem keiner abnehmen - das Denken sollte man sich nicht abnehmen lassen!


RE: The Price of Gold - Wieviel Raubbau am eigenen Körper ist eine Goldmedaille wert? - MZPTLK - 22.04.2014

@Lor-Olli: Thumb_up


RE: The Price of Gold - Wieviel Raubbau am eigenen Körper ist eine Goldmedaille wert? - Wechselschritt1 - 22.04.2014

Bei leichter bis mittlerer Belastung ist Sport auf jeden Fall gesund und notwendig. Außerdem bleibt der Trainingseffekt aus, wenn man nach dem Training halb tot auf der Couch rumliegt.