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Gefühltes Hammerwerfen - Druckversion

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Gangster im Nebel - MZPTLK - 13.04.2014

Ein Sonntagmorgen im November.
Es ist kalt,
der Nebel erlaubt kaum die Sicht ans andere Ufer des Flusses am Rande der Stadt.
Ein einsamer Wanderer geniesst die Ruhe und die Frische.

Da sieht er schemenhaft aus dem Nebel auftauchende, geheimnisvolle Gestalten mit schweren Taschen,
die auf eine Art Drahtverhau oder Käfig zusteuern.

Ich weiss nicht, was ich von der Sache halten soll.
Sicherheitshalber ducke ich mich hinter den nächsten Busch.
Was führen die im Schilde?
Hoffentlich haben die mich nicht gesehen!

Der Nebel lichtet sich etwas.
Man sieht, dass die Kerle noch ziemlich jung sind.
Der eine trägt zerschlissene Wollhosen und eine verblichene Wetterjacke,
ein anderer Sportzeug, wobei die Jacke nicht zur Hose passt.
So laufen Landstreicher oder Alkis am Kiosk rum.

Sehr verdächtig!
Sportler können es nicht sein, denn weit und breit sind keine Fussballtore zu sehen.

Was soll ich von der Sache halten?
Meine Neugier ist stärker als die Vorsicht,
und so pirsche ich mich zum nächsten Busch,
um vielleicht hören zu können, was sie reden.

Ich kann jetzt die Gesichter der Männer besser erkennen,
aber eigentlich sehen sie ja wie Nachbarsjungen aus, oder wie Studenten oder sowas.

Sie machen Scherze,
aber das machen Gangster nach einem gelungenen Coup ja auch.

Was wohl in den Taschen ist?
Bisher hat noch keiner von ihnen das Geheimnis gelüftet.
Einbruchswerkzeug, Beute?

Da kommt ein älterer Mann mit Stock und tiefer Stimme,
alle begrüssen ihn mit: Guten Morgen, Chef!
Es scheint der Gangsterboss zu sein.

Er begrüsst jeden Einzelnen mit Namen, als wenn er sie vergattern
oder zu ihrem geglückten Coup beglückwünschen wollte:
- Mensch Karlheinz, das war gestern ja ein Ding, Glückwunsch!
- Auch wieder im Geschäft, Christian?
- Was macht dein lädierter Finger, Hans?
Habt ihr alle das Edelmetall dabei?

Jetzt ist alles klar, die haben ein Ding gedreht,
und hier ist ihr konspirativer Treffpunkt.
Daher auch die schweren Taschen,
worin sie die geklauten Gold- und Silberbarren haben.

Karlheinz scheint den Hauptanteil am Erfolg zu haben,
Christian kam nach einer Auszeit(Knast?) wieder zum Einsatz,
Hans hat sich bei dem Bruch den Finger verletzt.

Bloss weg hier, die verstehen garantiert keinen Spass!
Und alle machen einen ziemlich kräftigen Eindruck,
obwohl sie keine Riesen sind.

Gangster, keine Frage,
dafür habe ich nach 20 Jahren Krimigucken einen untrüglichen Instinkt!

Soll ich zur Polizei gehen
- aber was ist, wenn die Verbrecher sich später an mir rächen?

Auf dem Rückweg nach Hause werde ich erlöst, ein Polizeiwagen rast in Richtung der Bande.
Puuuuh, dann brauche ich ja keine Meldung zu machen.

Zuhause aber geht das Grübeln weiter, irgendwas stimmt da nicht!
Die Burschen sahen einfach zu normal aus, geradezu wie harmlose Nachbarsleute, einige sogar richtig sympathisch.

Das lässt mir keine Ruhe, mal sehen, was da los war.
Nach zwei Stunden wird die Polizei ja sicherlich klar Schiff gemacht haben, die Gefahr ist vorbei.

Auf der Wiese sind seltsame Löcher zu sehen,
bei 100 höre ich auf zu zählen, es müssen über 1.000 sein.
Der Forscherinstinkt kommt durch:
Die Verteilung konzentriert sich im Bereich von etwa 40-70 m
vom Drahtverhau entfernt, um drum herum auszudünnen,
bei 85 m ist Schluss.

Man fühlt sich an die Kornkreise in England erinnert.
Aliens?

Was hat das zu bedeuten?
Der Drahtverhau, U-förmig und etwa 4 m hoch,
ist völlig zerbeult und und an unzähligen Stellen geflickt.
In der Mitte befindet sich eine kreisrunde Betonplatte,
daran schliesst sich eine etwa 4 m lange Platte
aus dem gleichen Material an.

Es sind seltsame Schleifspuren zu sehen,
ein Ufo-Landeplatz?

Es wird immer mysteriöser.
Viele Spuren führen vom Käfig zur Wiese und zurück.

Aber eigentlich hat die Wiese ihren Namen nicht verdient,
es ist eine Kraterlandschaft.
Ich gucke mir die Löcher genauer an, manche sind 20 cm tief.

WAS SUCHEN SIE DA?

edit mod: Auf Wunsch des Autors als eigenes Thema angelegt


RE: Gangster im Nebel - Diskusmann - 14.04.2014

Den (fiktiven?) Akteuren in Deiner kleinen Geschichte erging es auf jeden Fall besser als uns im Moment.
Da steht man mit einer Gruppe Hammerwerfer da und weit und breit keine Alternative, um Hammer zu werfen. Für eine Weile kann man das durch alternatives Training kompensieren, aber leider sieht es so aus, als sollte es eine dauerhafte Situation bleiben...

Ganz unphilosophisch: Es ist zum Kotzen!
[attachment=15]


RE: Gangster im Nebel - MZPTLK - 14.04.2014

(14.04.2014, 10:44)Diskusmann schrieb: Den (fiktiven?) Akteuren in Deiner kleinen Geschichte erging es auf jeden Fall besser als uns im Moment.
Da steht man mit einer Gruppe Hammerwerfer da und weit und breit keine Alternative, um Hammer zu werfen. Für eine Weile kann man das durch alternatives Training kompensieren, aber leider sieht es so aus, als sollte es eine dauerhafte Situation bleiben...

Ganz unphilosophisch: Es ist zum Kotzen!

So ganz fiktiv sind die Akteure nicht.
Und es ist zwar zum Kotzen, aber selbst das ist philosophisch Big Grin
Ich arbeite dran, es kommen noch 4 Folgen.
Es ist einfacher, die Welt zu verbessern, als man glaubt.
Gehirn benutzen und A.... bewegen Exclamation


RE: Gangster im Nebel - MZPTLK - 16.04.2014

(14.04.2014, 11:11)MZPTLK schrieb: Ich arbeite dran, es kommen noch 4 Folgen.
1. Gangster im Nebel
2. Der ver-rückte Mäzen
3. Der De-Terminator
4. Der Hammer schickt die Rechnung
5. David gegen Goliath


Alles wird gut.
Peace.


RE: Gangster im Nebel - Maschkov - 16.04.2014

(16.04.2014, 15:19)MZPTLK schrieb:
(14.04.2014, 11:11)MZPTLK schrieb: Ich arbeite dran, es kommen noch 4 Folgen.
1. Gangster im Nebel
2. Der ver-rückte Mäzen
3. Der De-Terminator
4. Der Hammer schickt die Rechnung
5. David gegen Goliath


Alles wird gut.
Peace.
ES ist bei der Lyrik.

Toll, toll, toll. Ich bin begeistert !!! Man kann sich nicht trennen. Dieses gekonnte Spiel mit Worten. Hohe Schule. Das erzeugt Bilder, die einen derartig Fesseln und verweilen lassen. Tiefgründig.
Ich bin voll des Lobes über diese Qualität des Literates.

Das bleibt hoffentlich nicht im "kleinen" (also diesem Forum). Wann wird das Band, oder gar die Bände ???, veröffentlicht ?
Sendetermin beim Büchermarkt auf DLF ?

:danke:


RE: Gangster im Nebel - MZPTLK - 16.04.2014

Das bleibt hoffentlich nicht im "kleinen" (also diesem Forum). Wann wird das Band, oder gar die Bände ???, veröffentlicht ?
Sendetermin beim Büchermarkt auf DLF ?

:danke:

Vielen Dank! :danke:
Ich kann eigentlich keine Romane oder Kurzgeschichten schreiben und lese auch keine, sondern fast nur Sachbücher.

Ich habe diese narrative Form gewählt, weil man so viel besser transportieren kann, was man rüberbringen möchte. Und das nicht nur bezogen auf das Hammerwerfen, sondern auf unseren Sport überhaupt.

Es ist keine Veröffentlichung geplant, aber sollte sich eine entsprechende Nachfrage zeigen, bin ich dafür offen.

Folge 2 kommt Ostern Smile


Der ver-rückte Mäzen - MZPTLK - 19.04.2014

Suchen Sie Ihren Hammer?

Entschuldigen Sie, dass ich Sie erschreckt habe.
Darf ich mich vorstellen....,
mir gehört der Acker hier.

Plötzlich passte alles zusammen!
Und mein ganzes schönes, zusammenspekuliertes Gebäude
- aber eingentlich war es ja eine Bruchbude - 
aus Vorurteilen und Verschwörungstheorien
krachte ohrenbetäubend zusammen.

Der Bauer schien zu grinsen,
als wenn er jeden einzelnen Groschen fallen hören konnte.
Es mussten gefühlt mindestens ein Dutzend gewesen sein.
Eine Information schlägt 12 Fehler!
Eine Fehl-Information ver-ursacht 12 Fehler!

Ich war so verdattert, ich brachte keinen Ton raus.

- Was ist?
Kommen Sie vom anderen Stern?
Haben Sie was genommen?

Alles, was ich jetzt auch immer sagen würde,
wäre fehl am Platze - oder?
Nach einer halben Ewigkeit fiel mir endlich der erlösende Satz ein:

Kein Problem, ich staune nur, wie weit die werfen können!

Wahrlich ein Meisterwerk der Rhetorik!
Schlagartig war die Stuation gerettet.
Schon in dem Moment, als ich das sagte, wusste ich,
dass ich einen neuen Freund gewonnen haben würde.

Jaja, hier trainieren ja auch deutsche Meister und Rekordhalter.
Ich weiss gar nicht so genau, wieviele der Chef schon rausgebracht hat, es müssen so 8-10 sein.
Nicht schlecht für so ein kleines Kaff wie das unsere, was?
Aber Sie kommen wohl nicht von hier.

Ich war mit mir und der Welt im Reinen.
Ein wohliges Gefühl der Ruhe und Zufriedenheit
liess mich eine weitere rhetorische Glanzleistung erbringen,
nur diesmal viel mehr aus echtem Interesse geboren:

Das hätte ich nicht gedacht,
wie hat der Chef das geschafft?

Sie können ja in 2 Stunden gern nochmal vorbeischauen
und die Kanonenkugeln fliegen sehen.
Dann findet die zweite Trainingssession statt.
Der Chef, die Burschen und Mädels freuen sich bestimmt über Zaungäste!
Sie können auch gern Ihre Familie oder Freunde mitbringen.

Aber passen Sie auf, eigentlich will der Chef gar nicht gern auf die Art angesprochen werden, aber das kann er ihnen selber besser erklären.

Vielen Dank für ihr nettes Angebot, ich komme sehr gern.

Prima, haben Sie bis dahin schon was vor?
Wollen wir einen Kaffee trinken?

Gute Idee!

Es arbeitete immer noch in mir.
Wie in Trance ging ich mit ihm zur nahegelegenen Sportlerbar.
Jetzt wäre mir eigentlich was Hochprozentiges lieber,
um meinen Frust über meine Ignoranz wegzuspülen.

Werden die Löcher eigentlich nicht mal ausgebessert?
Da könnte man ja umknicken!

- Wozu? Hier schlägt es fast täglich über 300 mal ein.
Ausserdem sagt der Chef, dass es ein gutes Training zur Stabilisation der Fussgelenke und fürs Geichgewichtsgefühl ist,
da legt er sehr grossen Wert drauf.

Stimmt, ich spürte meine Fusssehnen nach langer Zeit auch mal wieder.

Aha, aber die schöne Wiese, können Sie die überhaupt noch nutzen?
Bekommen Sie Geld von den Sportlern, Pacht oder sowas?

Er wurde ziemlich ungehalten:
Machen Sie sich bitte keine Sorgen, ich komme schon zurecht.
Ich sage Ihnen mal was, bitte nicht böse sein.

Erstens: Der Schäfer kommt alle paar Wochen zum Abgrasen.
Fassen Sie mal meine Jacke, kuschelige Schafwolle!

Zweitens: Ich habe auf dem Feld da hinten freilaufende Schweine,
die kriegt der Schlachter, und das Fleisch kriegen die Sportler,
natürlich zum Vorzugspreis.
Schliesslich wollen sie keinen Dreck essen!
Wie gross der Werbeeffekt für den Schlachter und mich zu Buche schlägt, weiss ich nicht, und wenn, würde ich es natürlich nicht erzählen.

Drittens reden wir hier über knapp einen Hektar von über 300, das sind 0,3 %.
Wissen Sie, was viel mehr Ernteausfall bringt? Der Klimawandel!

Ich erzähle Ihnen am besten mal, wie es angefangen hat:
Der Chef hatte sich vor etwa 15 Jahren bei den Behörden und den Vereinen im Umkreis von 20 Kilometern einen Wolf gelaufen.
Das ganze Programm: Unverständnis, Unwillen, Vertröstung allerorten.

Anlässlich einer Elternsprechstunde - er ist Lehrer,
meine Tochter ist sehr sportlich - hat er mir sein Leid geklagt...

Mami, Karussell machen!

Zwei Tische nebenan quengelt ein etwa 4 jähriges Kind die Mutter an,
die sich gerade mit einer Bekannten unterhält.

Es ist ein Bild für die Götter, das Kind quitscht vor Vergnügen,
als es von der Mutter im Kreis herum gedreht wird,
es kann nicht genug kriegen.

Nach ein paar Minuten lässt die Kondition des Karussells nach:
Schluss jetzt, mein Schatz, Mama ist müde.

- Warum?

Mama muss erst verschnaufen.

- Warum?

Na gut, frag' mal die Tante, ob sie weiter machen will.

- Juhuuu!


Unser Gespräch war sofort minutenlang verstummt.
Fasziniert von der Szene, brach es triumphierend aus dem Mäzen heraus:

Kapiert?
Darum geht's und nicht um 0,3 % mehr Umsatz!



Der Determinator - MZPTLK - 27.04.2014

''Willkommen bei den Hammer-Bekloppten!''
begrüsste mich der 'Gangsterboss' mit der tiefen Stimme.

''Der Bauer hat sie schon angekündigt, hat er auch erwähnt,
dass ich bitte nicht mit Chef angeredet werden möchte?
Hier regiert nämlich ein anderer, und der ist hart, aber gerecht!''

Dabei zeigte er auf ein Schild am Eingang des Käfigs:


ALLGEMEINE GESCHÄFTSBEDINGUNGEN FÜR DAS HAMMERWERFEN

§ 1  Der Hammer muss zufrieden sein


Das war alles.
Ich sah noch mal genauer hin, ob jemand die anderen Paragraphen übermalt haben könnte oder ob das Wetter die Schrift hat verbleichen lassen...

''Was suchen Sie, wollen Sie mehr Bestimmungen?''
Es gibt keine. Wenn Sie das wirklich verinnerlicht haben, haben Sie das Hammerwerfen verstanden, sind sozusagen ein Hammer-Versteher.''

Ich verstand nur Bahnhof, bestenfalls Güterbahnhof.

''Schauen Sie: der Hammer ist Physik pur.
Umso mehr er beschleunigt wird,
desto grösser wird seine Strafe für den Werfer,
der gegen seine Physik kämpft. 
Wer gegen den Hammer kämpft, hat schon verloren.
Wer Physik nicht mag, sollte nicht Hammer werfen.

Es gibt Hammer-Versteher und Hammer-Vergewaltiger.
Hammer-Werfer und Hammer-K®ämpfer.

Der Hammer ist nicht störrisch wie ein Esel,
er kann nicht anders.
Er ist Chef im Ring.
Ein Diktator.
Ein Determinator.


Aber er ist gerecht:
- Er ist für alle Werfer gleich.
- Er belohnt und bestraft alle Werfer nach den gleichen Regeln der Physik

Der Hammer ist der beste Trainer der Welt!
Er gibt dem Werfer direkt ein Gefühl,
das der beste Trainer mit dem Auge nicht so fein empfinden kann,
und auch keine dreidimensionale Kinematografie.

Sprechen Sie mich also nicht mit Chef an,
denn ich kann nur ein Dolmetscher, ein Botschafter des Cheftrainers sein.
Nennen Sie mich Trainer.''

Inzwischen hatte ein halbes Dutzend junger AthletInnen mit ihren Übungen begonnen:

- Ein Mädel, ein Arm hinter dem Rücken, drehte sich mit einem Besen in der anderen Hand langsam auf dem festen Sandboden auf der Stelle, nach der 6.-8. Drehung schneller werdend.
''Nicht schlecht, Sabine, aber bleib' länger unten!''

- Nachdem er den Boden gefegt hatte, übte ein Junge mit beiden Händen am Besen, jetzt aber mit Raumgewinn, so dass er nach 6-8 Drehungen etwa 3 m zurückgelegt hatte. Er schaute sich seine Fussabdrücke an und 
machte ein zufriedenes Gesicht.
''Klasse, Holger, jetzt mit dem kurzen Hammer! Aber denk' dran, Kopf gerade und ruhig halten!''

- Ein zweites Mädel drehte sich auf der Platte im Käfig 6 mal ruhig und liess den Hammer lang und locker aus den Armen fliessen.
''Sauber, Katrin, aber immer bis zur vorletzten Drehung Hammer ansehen!''

- Zwei Jungs sprinteten eine Treppe am Flussdeich rauf, etwa 10-12 Stufen. Der eine mit 5 kg Gewichten in den Händen, der andere mit 10.
''Arme immer lang lassen, Leute!''

- Ein sehr schlanker Bursche hing im Klimmgriff an einem Ast und machte leichte Hüftrotationen, sicher gut für die Rumpfmuskeln und die Wirbelsäule.
''O.K., Bernd, jetzt noch Knie anheben und nach rechts und links drehen, aber Schultern und Arme bleiben in der Position!!''


Komisch, alles fand ausserhalb des Rings statt, dieser war abgedeckt.
Reparatur?

''Ich weiss, was sie denken. Wir haben heute die Azubis hier, und die müssen sich erst noch für den Ring qualifizieren.

Wie gesagt, § 1: Der Hammer muss zufrieden sein.

Wann ist der Hammer zufrieden?
- wenn er, vor allem der Draht, nicht beschädigt wird
- wenn nicht gegen ihn gek®ämpft wird
- wenn er eine harmonische (System-)Einheit mit dem Werfer bildet
- wenn er in einem grossen Orbit kreisen kann
- wenn er mit möglichst wenig Rotation in die Luft fliegt''


Aber haben Sie nicht die Weite vergessen?

''Völlig unwichtig!
Ich wäre ein lausiger Trainer, würde ich bei Azubis, Fortgeschrittenen und Profis auf die Weite gucken, die kommt bei technisch guten Würfen automatisch.

Entscheidend ist das Gefühl für den Hammer!

Der Mensch ist kein Karussell.
Er kann nur in der Zweibeinstützphase beschleunigen.
In der Einbeinstützphase muss er die unvermeidbaren Bremseffekte minimieren.
Die Übergänge müssen 'just-in-time' und weich gestaltet sein, damit keine Unwucht im Orbit entsteht.
Der Werfer muss die Richtung, den Korridor, die Achse ansteuern, finden und stabil halten.

Nur wer das auf der Platte bei mindestens 8 von 10 Würfen(wie gesagt, Weite egal) realisieren kann, darf in den Ring!

Es gibt natürlich Kandidaten, ich nenne keine Namen, die zum Beispiel mit Arm anziehen, schleppen, vorlaufen lassen, etc. versuchen, durch den Korridor zu schlüpfen, aber dabei nicht mit dem Adlerauge des Trainers rechnen.

Nicht nur, dass der Hammerdraht und der Käfig bei unsauberen Würfen leiden, vor allem aber schleifen sich falsche Technikelemente ein, und das ist später nur sehr schwer zu korrigieren.

Wir legen hier die Basis, wer die - meistens nach ein paar Monaten - einigermassen beherrscht, wird viel Freude haben.
Denn auch und vor allem beim Hammerwerfen gilt:

Anspruchsvolle Ausbildung - guter Wettkampf
Schlechte Ausbildung - schlechter Wettkampf

Allzuviele Trainer sind in der Grundausbildung zu wenig konsequent und die Athleten bezahlen den Preis.''

Ob er wohl den Mäzen gemeint hat, der immer noch nicht in den Ring darf?
Aber was sind den nun die wichtigsten Elemente, die ein Hammerwerfer können muss?

''Der Hammerwurf besteht aus über 100 Einzelbewegungen. Jeder Trainer, der versuchen wollte, auch nur an einem kleinen Teil herumzuschrauben und herumzudoktern, muss scheitern.
Zum Glück kann man die meisten Bewegungen als Folgen weniger Ursachen, also Grund-, Master- oder Initialbewegungen, identifizieren.

Wenn der Athlet eine Grundbewegung kann, entstehen viele Fehlbewegungen gar nicht erst.
Und wenn ich eine Initialbewegung korrigiere, habe ich diverse resultierende Fehlbewegungen gleich mit erledigt.

Beispiel: Der Werfer dreht mit zu aufrechter Körperhaltung.
Folge: er kann nicht richtig beschleunigen, der Hammer wird nicht schneller, das Umlaufbein kommt zu spät, der Hammer läuft vor, der Tiefpunkt wandert zur Seite, er kommt aus dem Korridor, er kommt aus dem Rhythmus, die Fussarbeit wird unsauber, es kommt wenig Druck von unten, er versucht, mit Armanziehen zu korrigieren, usw.
Korrektur: Körperschwerpunkt absenken, (fast) alles wird gut.


Es gibt 4 Basics:

1. IMMER Arme lang, IMMER Hammer ansehen bis zur vorletzten Drehung
2. IMMER sitzen(Französisches Klo) und 'pumpen'
3. IMMER Hammertiefpunkt vor den Füssen = Hochpunkt in Wurfrichtung
4. IMMER weiche, dosierte Übergänge Zweibeinstützphase-Einbeinstützphase(Vermeidung von Unwuchten im Orbit)

Dann ist der Hammer zufrieden.

Herzlichen Glückwunsch zum Hammerwurftrainer!''


David gegen Goliath - MZPTLK - 03.05.2014

Ein idyllisch gelegener Sportplatz.
Imposante Pappeln, dichte Hecken, ein frisches Aroma tiefgrünen Rasens in vollem Saft streichelt die Atemwege des Besuchers.

Eine Oase der Ruhe,
wenn es nicht ab und zu klack!, klong! oder schepper! machen würde.
Willkommen beim Senioren-Hammerwerfen!

Ein jugendlicher Modellathlet erscheint:
über 1,90, etwa 110 Kg, Oberarme wie Baumstämme.
In einer Stunde sind die unter 20jährigen an der Reihe.

Goliath packt seinen Gewichthebergürtel aus und schnallt ihn um seine Taille.
Dabei wölbt sich sein Oberkörper vor, beeindruckend!

Zum wiederholten Male muss eine Leiter her, um einen malträtierten Hammer aus seiner Hängepartie im Netz zu befreien.
Man fühlt sich unwillkürlich an eine miauende Katze erinnert, die von der Feuerwehr aus einem Baum gerettet wird.
Das hat durchaus einen gewissen Unterhaltungswert: wird der in 3 m Höhe balancierende Kampfrichter auch wieder heil herunter kommen?

Aber Goliath ist ja jung und hat noch viel Zeit.
Da kommt eine nette junge Dame vom Regionalsender für ein Interview:

'Du siehst ja topfit aus. Gibt es heute eine neue Bestleistung, vielleicht sogar einen neuen Landesrekord?'
- Danke, im Training habe ich das schon geschafft.
'Wie oft trainierst Du in der Woche?'
- So 4-5 mal, viel Kraft.
'Oja, das sieht man. Was schaffst Du mit der Hantel?'
- 130 im Bankdrücken und 180 in der Kniebeuge.
'Wow! Na dann viel Erfolg nachher!'

Der Hammer ist inzwischen gerettet worden, er sieht jetzt aus wie zwei Fragezeichen. Das Publikum leidet mit ihm.

David, ein Konkurrent von Goliath, joggt derweil ums Gelände und geniesst die Natur.
Er fühlt in sich hinein: wie ist die Lockerheit, die Muskelspannung, wo muss ich besonders dehnen?
In einer Heckenecke macht er in aller Ruhe Gymnastik.

Ein Zuschauer meint, das sind Pilatesübungen, ein anderer protestiert, das seien die 5 oder 7 Tibeter, eine Zuschauerin grätscht dazwischen und behauptet, dass irgendein Hollywoodstar die Übungen erfunden hat.

Ein drahtiger 70jähriger dreht sich wie ein junger Gott, sauber, schnell
- und wutsch! 51,89 m, deutsche Spitzenklasse!

Der Hammer freut sich über die artgerechte Behandlung, der Werfer ist zufrieden und das Publikum staunt, wie der unscheinbare Opa das gemacht hat.

Goliath macht ein paar Hocken, sein mächtiger Oberkörper spannt sich. Er zieht seine Trainingsjacke aus, man glaubt Ahs und Ohs zu hören. Er greift sein Arbeitsgerät und stampft zum Probewurf in den Ring. Der Hammer scheint ihm nur unwillig zu folgen.
Er gibt Vollgas, der Hammer zappelt und wird mit einem Urschrei auf die Reise geschleudert.
Fängt ja gut an, über 50 m.

Noch 30 Minuten bis zum Wettkampfbeginn.
Wo ist David?
Aha, er macht ein paar kurze Sprints, will er zum 100 m Lauf?

Goliath betritt den Ring zum dritten Mal. Da geht bestimmt noch mehr, sagt der Trainer. Er müsste nur noch schneller anfangen.
Gesagt, getan und: Boing!
Der Käfig verhindert eine neue Rekordweite.

30 m weiter macht David in einem Diskusring leichtes Anschwingen, gefolgt von ruhigem Drehen ohne Abwurf.
Alles sehr langsam und bedächtig, sicher kein Gegner für Goliath.

Der tritt zu seinem 4. oder 5. Einwurfversuch an.
Der Trainer meinte, er solle sich 10 cm weiter nach links stellen.
Gesagt, getan: Klong!

David betritt den Ring und schaut sich die Gitteröffnung an, orientiert sich. Er prüft die Reibung des Ringes, um ein Gefühl zu bekommen.
Er macht eine Peilung und eine erste Markierung.

Goliiath diskutiert mit seinem Trainer, was tun?
Nochmal 10 cm nach links.
Dieses Mal landet der Hammer bei 45 m ausserhalb des Sektors.
Er wird nervös, geht unruhig auf und ab.

David macht entspannt 4 Drehungen und entlässt den Hammer lang und locker in die Mitte des Sektors.
35 m. 

Goliath weiss jetzt, wo's langgeht.
Der Trainer hat ihm gesagt, er solle sich die neuen Schuhe anziehen,
der Ring ist zu glatt.
Schepper!
Der Hammer ist um weitere Wochen gealtert.

David macht seinen nächsten Einwurf.
Ruhiges Andrehen, lockeres, kontinuierliches Steigern, Aufstehen beim Abwurf.
Über 50 m.

Nach etwa 10 Sekunden rät eine dezente Basstimme:
'Etwas mehr Druck von rechts!'
David nickt: alles klar!

Wettkampfbeginn.
Goliath macht 4 oder 5 Anschwünge,
2 Drehungen - oder waren es 3?
Beine fast gestreckt.
46,87.
Na immerhin. Erstmal einen Gültigen. Darauf kann man aufbauen.

David macht es wie vorhin, aber mit etwas mehr Speed:
53,34.
Der Hammerdraht bleibt lang und schön.

Goliath will es jetzt wissen, 53 hat er im Training auch schon geschafft.
Er dreht wie eine Wildsau, steht beim Abwurf breitbeinig da:
49 m, 3 m links ausserhalb des Sektors.

Davids Dritter.
Bei ihm sehen alle Würfe fast gleich aus.
Dieses Mal aber scheint er den leichten Hammer erwischt zu haben.
Von Anfang an läuft alles schneller ab, er geht in die Vollen, arbeitet intensiv mit den Beinen und man sieht, wie er beim Abwurf alles reinlegt
- pffff... der Hammer steigt steigt hoch und höher, der Draht ganz ruhig,
Plopp!
58,74.
Landesrekord!

Es folgen noch 2 Würfe um die 56, 57 m und ein letzter Übergetretener.

Was macht Goliath?
Noch einen gewürgten 45er, Rest ungültig.

Die nette junge Dame vom Regionalsender stürzt sich auf David:
'Herzlichen Glückwunsch! das sah sehr elegant aus. Wie lange trainierst Du schon?'
- Knapp 2 Jahre, habe vorher Fussball gespielt.
'Du siehst gar nicht so aus, wie man sich einen Hammerwerfer vorstellt.
- Kann sein, ich bin ja auch erst 18, 1,79 gross und wiege 74 Kg.
'Wie hast Du für diese tolle Weite trainiert?'
- 3 mal die Woche Technik, 1 mal allgemeines Leichtathletiktraining.
'was ist mit Krafttraining?'
- Ich war das letzte mal vor über 1 Jahr im Kraftraum, zum testen.
'willst Du uns die Werte verraten?'
- Weiss ich nicht mehr so genau. Kniebeuge so 110 Kg. Der Trainer sagt, das kommt später.
'Und Arme? Deine sehen ziemlich schlank aus.'
- Ich brauche da nur Haltekraft, die sieht man nicht.
'Apropos Trainer, der hat sich ja sehr zurück gehalten. Was ist Euer Geheimnis?'
- Es gibt keins. Der sagt nur was, wenn er was an mir schrauben muss.
'Was meinst Du, was kannst Du noch erreichen?'
- Der Trainer sagt, wenn ich noch 4-5 Jahre auf die Weide gehe und über 100 Kg Power habe, macht es bumm.


RE: David gegen Goliath - MZPTLK - 04.05.2014

Nächstes Wochenende kommt die letzte Folge:
Der Hammer schickt die Rechnung.

Danach kommen noch ergänzende Nachträge von Experten. Smile